Fleischindustrie

Tönnies will Werkverträge in „Kernbereichen“ abschaffen

Westfleisch will bis Jahresende alle Werksarbeiter selbst einstellen

Eine zumindest teilweise Abkehr vom System der Werkverträge hat Tönnies angekündigt. Westfleisch geht einen Schritt weiter. | © Andreas Frücht

23.06.2020 | 23.06.2020, 20:12

Münster (dpa). Deutschlands größter Schlachtbetrieb Tönnies mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück reagiert auf die massive Kritik an der großen Zahl an Werksangestellten. Bis Ende 2020 sollen alle Werkverträge „in allen Kernbereichen der Fleischgewinnung" abgeschafft und die Mitarbeiter in der Tönnies-Unternehmensgruppe eingestellt werden. Das teilte Tönnies am Dienstag in Rheda-Wiedenbrück mit. Außerdem solle flächendeckend eine digitale Zeiterfassung an allen deutschen Standort für die Arbeiter eingeführt werden, heißt es in einer Mitteilung.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte wiederholt Kritik an der fehlenden digitalen Zeiterfassung geübt. „Der Tönnies kann Ihnen sagen, von welchem Schwein die Mettwurst ist - er kann aber keine digitale Zeiterfassung machen", sagt Laumann am Montag in der ARD-Sendung „Hart aber fair".

Bessere Wohnverhältnisse in Aussicht gestellt

Außerdem will das Unternehmen nach eigenen Angaben ausreichenden und angemessenen Wohnraum für die Beschäftigten der Unternehmensgruppe an den Standorten schaffen. Auch dieser Punkt soll möglichst bis zum 1. Januar 2021 umgesetzt werden. Nach Angaben eines Tönnies-Sprechers könne es aber beim Thema Wohnen in den verbleibenden sechs Monaten bis Ende 2020 ein Zeitproblem geben.

„Wir wollen auch in Zukunft in Deutschland Fleisch produzieren. Dafür brauchen wir die gesellschaftliche Akzeptanz", sagt Clemens Tönnies als Mitinhaber. „Dies gilt über alle Ketten der Fleischproduktion und schließt ausdrücklich die Landwirtschaft mit ein."

Westfleisch geht einen Schritt weiter

Der Tönnies-Konkurrent Westfleisch hatte am Dienstag angekündigt, bis Ende des Jahres alle Mitarbeiter selbst einzustellen und auf Werkvertragsanbieter zu verzichten. „Das gilt unabhängig davon, was der Gesetzgeber in den kommenden Monaten in dieser Hinsicht beschließen wird", erklärt Vorstandsmitglied Johannes Steinhoff laut Mitteilung.

Vor dem Ausbruch von Corona-Infektionen bei Marktführer Tönnies in Rheda-Wiedenbrück hatte Anfang Mai das Westfleisch-Werk in Coesfeld vorübergehend schließen müssen. Auch dort hatte sich eine große Zahl von Werksarbeitern infiziert. Außerdem wurden auch in einem Werk einer Westfleisch-Tochter in Niedersachsen Arbeiter positiv getestet.

Tönnies ist mit einem Marktanteil von gut 30 Prozent das mit Abstand größte Schlachtunternehmen in Deutschland. Im vergangenen Jahr kam es auf 16,7 Millionen geschlachtete Schweine, Nummer zwei der Branche ist Westfleisch mit 7,7 Millionen Schlachtungen.