Handel und Dienstleister

Alarmierende Umfrage: Unternehmen in OWL bangen um Zukunft – und bauen Jobs ab

1.515 OWL-Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistungen und Handel haben an der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK teilgenommen. Die Ergebnisse sind „besorgniserregend“.

Im Handel herrscht weiterhin Konsumflaute. Eine aktuelle IHK-Umfrage unter Unternehmen aus OWL zeichnet ein "besorgniserregendes" Bild. | © picture alliance / SZ Photo

Mareike Köstermeyer
28.03.2025 | 28.03.2025, 09:00

Bielefeld. Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer in Ostwestfalen (IHK) beschreiben eine angespannte wirtschaftliche Lage. Für den Handel und fast alle Dienstleistungsbranchen in Ostwestfalen hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass die fehlenden Wachstumsimpulse in den vergangenen Monaten auf die Geschäftslage durchschlagen. Über die zukünftige Entwicklung herrscht bei vielen der rund 1.500 befragten Unternehmen Unsicherheit.

„Die aktuelle Stimmungslage im Handel hat sich gegenüber der Herbstumfrage weiter verschlechtert“, sagt Rainer Döring, Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses. Weil die Menschen ihr Geld lieber in den „Sparstrumpf“ stecken, statt es zu verkonsumieren, beurteilen nur noch 18 Prozent der befragten Unternehmen ihre gegenwärtige Geschäftslage als „gut“, etwa die Hälfte als „befriedigend“ und 32 Prozent als „schlecht“. Die Stimmung bewege sich nahe dem Tiefpunkt während der Coronapandemie im Sommer 2020. „So weit im Keller sind wir selten gewesen“, fasst Döring zusammen.

Weil die Befragten zum Zeitpunkt der Befragung im Februar 2025, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, keine Impulse erkennen konnten, die zu einer Verbesserung der Lage im Groß- und Einzelhandel führen, gehen nur 13 Prozent in den kommenden 12 Monaten von einer Verbesserung ihrer Geschäftslage aus, 34 Prozent hingegen von einer schlechteren. „Die Konsequenz daraus ist unter anderem eine sinkende Investitionsbereitschaft in den Unternehmen“, erklärt Döring.

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Unternehmer aus OWL rechnen mit Personalabbau

Bereits seit Herbst 2022 seien „sowohl Umsätze als auch Erträge im Handel den Umfragen zufolge unter Druck und im Saldo negativ“, sagt der Handelsexperte. Für einige Händler sei das existenzgefährdend, sodass die Lage auch Auswirkungen auf die Beschäftigungsentwicklung habe. „In allen Handelsstufen ist unter dem Strich mit Abbau von Personal zu rechnen“, sagt Döring. Ausgeprägt sei diese Tendenz vor allem im Groß- und Einzelhandel.

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Christoph Plass, Petra Pigerl-Radtke, Marco Rieso, Rainer Döring und Götz Dörmann von der IHK stellten die Ergebnisse der Konjunktur-Umfrage vor. - © IHK Ostwestfalen
Christoph Plass, Petra Pigerl-Radtke, Marco Rieso, Rainer Döring und Götz Dörmann von der IHK stellten die Ergebnisse der Konjunktur-Umfrage vor. | © IHK Ostwestfalen

Und auch in den Dienstleistungsbranchen des Gastrogewerbes und der Arbeitnehmerüberlassung rechnen viele Unternehmer mit einem Personalabbau. „Die flaue Konjunktur im Verarbeitenden Gewerbe schlägt auf die Arbeitnehmerüberlasser voll durch“, sagt Christoph Plass, Vizepräsident und Vorsitzender des Dienstleistungsausschusses der IHK. Nur 8 Prozent der Befragten in der Branche beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“, 50 Prozent dagegen als „schlecht“, ähnlich sind die Bewertungen im Gastgewerbe.

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Dass das Konjunkturklima im Dienstleistungsbereich im Saldo insgesamt dennoch leicht positiv ist, liegt an den Entwicklungen im Gesundheitswesen und bei den IT-Dienstleistungen, wo die Unternehmen auch in Zukunft einen Personalaufbau erwarten. „Denn die Digitalisierung ist für die Branchen IT und Unternehmensberater auch weiterhin ein Treiber“, stellt Plass heraus.

Das sind die Risikofaktoren für das Konjunkturklima

Als größte Risikofaktoren für das Konjunkturklima nennen die befragten Unternehmen unter anderem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, eine überbordende Bürokratie, Energie- und Rohstoffpreise sowie Personalmangel und die Inlandsnachfrage, denn noch immer merke die Wirtschaft, „dass das Geld bei den Verbrauchern nicht so locker sitzt“, sagt Plass.

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Doch auch die Arbeitskosten nennen die Unternehmer als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. „Dabei geht es vor allem um die politische Einflussnahme beim Thema Mindestlohn“, sagte Döring mit Blick auf den zurückliegenden Wahlkampf zur Bundestagswahl. „Der Mindestlohn sollte die Gegebenheiten der Branchen berücksichtigen und von den beteiligten Tarifparteien ausgehandelt werden.“ Politische Forderungen seien fehl am Platz.

Gefordert sei die Politik hingegen bei der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Die neue Bundesregierung müsse die Wirtschaftspolitik zum Top-Thema machen, betont IHK-Geschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke. Den Rahmen dafür könne das angestrebte Finanzpaket schaffen, für das die neue Bundesregierung die Schuldenbremse aussetzen will. Damit das zu den gewünschten Impulsen in der Wirtschaft führt, müsse jedoch eine effiziente Verteilung gewährleistet sein.

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