
Kirchlengern. In einer Art Stuhlkreis präsentiert Möbelbeschlaghersteller Hettich am Hauptsitz in Kirchlengern im Kreis Herford am Mittwoch der versammelten Presse die Zahlen des vergangenen Jahres. Die ungewohnte Sitzordnung soll die neue Many-to-Many-Management-Kultur repräsentieren, die das Unternehmen derzeit intensiviert und die den weltweit 8.400 Mitarbeitenden mehr Verantwortung geben soll.
Durch die Übernahme der italienischen FGV-Gruppe Anfang 2024 – bei Hettich spricht man von einem Zusammenschluss – konnte man ein Umsatzplus von zwölf Prozent auf 1,4 Milliarden Euro erwirtschaften. Ohne FGV wäre der Umsatz um drei Prozent geschrumpft. „Zufrieden sind wir damit nicht“, sagt Gesellschafter und Beiratsvorsitzender Andreas Hettich. „Wir haben den Markt besser eingeschätzt. Wir sehen jetzt aber neue Chancen und blicken optimistisch nach vorne.“ Auch Hettich steht vor den Herausforderungen, die aktuell viele Unternehmen der Region nennen: Hohe Produktionskosten unter anderem durch hohe Stromkosten, die stockende Weltwirtschaft, die geopolitischen Unsicherheiten, die den Handel destabilisieren, und der Fokus aufs Sparen – weswegen langlebige Güter wie Möbel weniger gekauft würden.
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80 Prozent des Umsatzes sind dem Unternehmen zufolge 2024 außerhalb Deutschlands erwirtschaftet worden. Im Gegensatz zum chinesischen, habe sich der Markt in Nord- und Südamerika und Osteuropa gut entwickelt. In China sei der Markt nach erfolgreichen Jahren rückläufig – eine Folge des angeschlagenen Wohnungsmarktes dort.
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Hettich gibt Logistikhalle in Vlotho auf
2024 hat Hettich 60 Millionen Euro investiert. Davon etwa 35 Millionen am Standort in Bünde, wo eine neue Produktionshalle gebaut wurde – Eröffnung ist in diesem Mai. „Wir glauben weiter an den Standort Deutschland, das zeigt diese Investition“, sagt Jana Schönfeld, Geschäftsführerin der Hettich Gruppe. Langfristig bestünde aber die Möglichkeit, sich vom Standort Deutschland zu verabschieden.
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Von dem Logistikzentrum im wenige Kilometer entfernten Vlotho verabschiedet sich das Unternehmen bereits jetzt. Dort gebe es keine Wachstumsmöglichkeiten mehr. Durch einen externen Dienstleister soll es aber wieder einen Logistikstandort in Ostwestfalen-Lippe geben. Wer diese Aufgabe übernimmt und wo der Standort sein wird, wisse man derzeit noch nicht. Man führe derzeit Gespräche mit den knapp 130 Mitarbeitenden und den Betriebsräten. „Wir wollen den Mitarbeitern Angebote machen“, heißt es von Hettich. Die Perspektive sei eine Schließung in den Jahren 2026 oder 2027. Damit gebe es Zeit, Mitarbeitende bei Interesse auch umzuschulen. Auch ein Wechsel an den Logistikstandort in Bünde sei eine Möglichkeit.
Hettich sucht Partner für Märkte in Asien und Afrika
In diesem Jahr hat Hettich bereits mit FGV zusammen die Tochtergesellschaft „Hettich Vietnam“ eröffnet. Dort würde der Markt gerade wachsen. Auch in Asien und Afrika sehe man da großes Potenzial und sei darum bereits auf der Suche nach Partnern für die dortigen Märkte.
Von der neuen Bundesregierung erhofft man sich bei Hettich weniger Regularien. „Es braucht wieder mehr Vertrauen“, sagt Andreas Hettich. Einen Ansatz dafür könne er aber nicht erkennen. „Man muss aushalten, dass vielleicht fünf Prozent ihre Arbeit nicht richtig machen, statt die Arbeit aller zu kontrollieren.“ Er sei enttäuscht darüber, dass schon im Wahlkampf das Thema Wohnen kaum eine Rolle gespielt habe.