Weniger Inhalt und höherer Preis: Die Brotchips des Herstellers Mondelez sind mit großem Abstand zur „Mogelpackung des Jahres“ gewählt worden, einer Aktion der Verbraucherzentrale Hamburg. Allein 54,7 Prozent und damit mehr als die Hälfte der 21.279 abgegebenen Stimmen entfiel auf den Snack, der nach einem Markenwechsel im vergangenen Jahr um 127 Prozent teurer geworden war. Zur Wahl standen fünf Artikel.
Hintergrund des deutlichen Preisanstiegs bei den Brotchips sei ein Markenwechsel: Im Zuge einer Firmenübernahme hatte Mondelez die Bake Rolls unter der bekannteren Marke Tuc in den Verkauf gebracht. Der Inhalt der Tüten schrumpfte von 250 auf 150 Gramm, der Preis stieg von 1,39 Euro auf 1,89 Euro, beklagte die Verbraucherzentrale. Bei manchen Händlern kosten die Bake Rolls sogar 1,99 Euro. Abgesehen vom Salzgehalt habe sich bei den Brotchips nichts verändert.
Das Unternehmen hatte dazu lediglich erklärt, salzige Chips unter der Marke Tuc bündeln zu wollen. Die Verbraucherschützer sprachen hingegen von einem „dreisten Marketingtrick“. Es sei „unverständlich“, weshalb der Handel dabei mitmache.
Verbraucherzentrale veröffentlicht so viele Mogelpackungen wie nie

Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte 2023 so viele Mogelpackungen wie nie zuvor veröffentlicht. Bis zum Ende des Jahres haben die Verbraucherschützer 104 Produkte in ihre Mogelpackungsliste aufgenommen. 2022 waren es mit 76 deutlich weniger und 2021 sogar nur 47. „Viele Verbraucher fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, sagte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Obwohl das Problem schon lange bekannt sei, habe es stets nur Lippenbekenntnisse und keine Verbesserungen gegeben.
Auf Platz zwei des Negativpreises folgt mit 16,8 Prozent und damit großem Abstand zu den Bake Balls das Oreo-Stieleis des Hersteller Froneri. Dieser hatte nicht nur die Anzahl der Eissnacks in der Packung von vier auf drei reduziert, sondern auch die Größe des einzelnen Eises (von 440 Milliliter Eis pro Karton auf 270). Bei gleichem Verkaufspreis entspricht das einer versteckten Preiserhöhung von 63 Prozent.
Die Mundspülung von Johnson & Johnson, deren Inhalt bei gleichem Preis schrumpfte (verdeckte Preiserhöhung um fast 34 Prozent), landete mit 10,6 Prozent auf dem dritten Platz. Eine Marzipan-Schokolade von Aldi bekam 9,9 Prozent (weniger Inhalt, weniger Marzipan, höherer Preis und damit eine verdeckte Preiserhöhung um mehr als 30 Prozent) und die Yoghurt-Gums von Katjes 7,9 Prozent (statt 200 nur noch 175 Gramm). Auch hier waren weniger Inhalt sowie veränderte Rezepturen bei gleichem Preis das Problem.
Händler weisen auf gestiegene Kosten hin
Viele Hersteller verwiesen zum Zeitpunkt der Nominierung ihrer Produkte auf gestiegene Kosten sowie den Trend zu kleineren Portionsgrößen. Die Verbraucherzentrale Hamburg forderte die Politik zum Handeln auf, damit Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Mogelpackungen geschützt sind. Lösungen könnten sein, dass Hersteller ihre Verpackungen prinzipiell bis zum Rand befüllen und bei Veränderungen alte und neue Füllmenge sowie die prozentuale Reduzierung auf der Packung angeben müssen.
„Das wäre ein echter Paradigmenwechsel hin zu weniger Trickserei und mehr Nachhaltigkeit“, so der Verbraucherschützer Armin Valet. Derzeit sind in der Regel bis zu 30 Prozent Luft in der Packung erlaubt, in manchen Fällen sogar mehr.
>>> Kommentar: Versteckte Preiserhöhungen: Politik hilft beim Mogeln mit
Das sagt Storck zu den Vorwürfen
Auch die Moser Roth Chocolat Amandes Edel Marzipan Zartbitter von der Firma Moser Roth GmbH war nominiert. Die Moser Roth GmbH, ein Unternehmen der Storck-Gruppe, hat im vergangenen Jahr Format und Verpackung der Süßigkeit verändert und es damit in das bei Lebensmittelherstellern eher unbeliebte Ranking geschafft. Nach Angaben von Storck-Sprecher Bernd Rößler sei es dabei jedoch nicht um eine versteckte Preiserhöhung gegangen, sondern um eine Reaktion auf Kritik und Anregung der Verbraucher.
„Die bislang vier einzelnen Tafeln sind in diesen Rückmeldungen als zu voluminös, zu dick und teilweise als zu sehr durch Marzipan dominiert beschrieben worden“, erklärte Rößler. „Wir haben all dies aufgegriffen und durch Tests versucht herauszufinden, welche Veränderungen zu einer höheren Akzeptanz führen.“ Bevor die Änderung am Format des Produkts vorgenommen wurde, seien Kundinnen und Kunden dazu befragt worden. „Die höchste Akzeptanz fand eine deutlich flachere Tafel, die als einzelnes Täfelchen auch kleiner ist“, sagte Rößler.
Weniger Füllmenge und geänderte Verpackung
Diese Erkenntnis habe zur neuen Form der Schokolade geführt. „Es sind nun fünf einzelne Tafeln mit weniger Marzipanfüllung enthalten, und das neue Format führt ebenfalls notwendigerweise zu einer Füllmengenveränderung auf nun 150 Gramm – und für die neue Füllmenge und Unterteilung in fünf einzelne Tafeln musste die äußere Faltschachtel vergrößert werden“, erklärte Rößler.
Doch die vorgenommenen Veränderungen seien nicht „versteckt“, sondern unübersehbar. Die Formate der bisherigen und der neuen Faltschachtel weichen laut Rößler deutlich voneinander ab. „Auf die Veränderung machen wir zudem durch den rot unterlegten Hinweis ’Neue Form’ aufmerksam.“ Die Füllmenge in Gramm werde außerdem auf der Schauseite der Verpackung und nicht lediglich auf der Rückseite genannt.
Doch auch rechtlich könne weder von einer „Mogelpackung“ noch einer verdeckten Preiserhöhung die Rede sein, erklärte Manon Struck-Pacyna, Sprecherin des Lebensmittelverbands Deutschland. „Da über die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises die verringerte Füllmenge bei gleichbleibendem Preis erkennbar ist.“ Vor vielen Jahren habe der Gesetzgeber bewusst das bis dahin bestehende System der Vorgaben von festen Füllmengenreihen zugunsten des Systems der Grundpreisangabe aufgegeben. „Doch ansonsten ist die Sortiments- und Füllmengengestaltung und deren Vermarktung beim Verbraucher eine individuelle Unternehmensentscheidung.“
Was Konsumenten laut Verbraucherzentrale tun können
Grundpreise vergleichen
Die Angaben zum Preis pro Kilogramm geben bessere Aufschlüsse darüber, wie teuer die Produkte wirklich sind.
Mengenangaben und Rezepturen merken
Bei Lebensmitteln, die öfter in der eigenen Küche landen, lohnt es sich, sich die Mengenangaben und Rezepturen zu merken oder zu notieren.
Innovationen prüfen
Vorsicht ist geboten, wenn der Hersteller mit neuen Sorten, Maxigrößen oder neuer Rezeptur lockt. Hier lohnt sich ein genauerer Blick, da Veränderung oft nicht zum Vorteil des Verbrauchers sind.
INFORMATION
Mehr Müll durch Luft in Verpackungen
Rund 1,4 Millionen Mülltonnen werden in Deutschland jedes Jahr nur dadurch gefüllt, dass Hersteller ihre Verpackungen zusätzlich zum Inhalt mit Luft füllen. Das hat eine Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) ergeben. Das Einsparpotenzial wäre sogar noch größer, wenn die Hersteller gezwungen würden, auf überflüssige Umverpackungen zu verzichten, etwa Pappschachteln um Zahnpasta- oder Cremetuben.