
"Danke Mama, dass du nicht Papa bist." Zum Muttertag wirbt Edeka mit diesem Spruch, im dazugehörigen Werbespot gibt es skurrile Szenen von Vätern, die am Alltag mit Kindern scheitern. Der Spot wurde bei Youtube bereits mehr als eine Million mal angeklickt, viele Männer beschwerten sich.
Beim Deutschen Werberat gibt es laut einem Bericht des Magazins Horizont außerdem "eine wahre Beschwerdeflut". Edeka habe nun bis Anfang kommender Woche Zeit, Stellung zu mehreren hundert Beschwerden zu beziehen. Der Einzelhandelskonzern beteuerte, man habe Väter nicht diskriminieren, sondern "auf humorvolle Weise Müttern Danke sagen" wollen.
Die vom Einzelhändler und der renommierten PR-Agentur Jung von Matt sicherlich einkalkulierte Empörung ließ auch im Netz nicht lange auf sich warten. Auf Twitter forderten zig Nutzer: #boykottEdeka. Die bayerische Familienministerin Kerstin Schreyer (CSU) sprach von einem "Anti-Väter-Spot", die Sprecherin des feministischen Portals "Pinkstinks" gegenüber Spiegel Online von einem "vergifteten Muttertagsgeschenk", der Film sei "sexistisch" und heize den Geschlechterkampf an.
"Ich habe als Vater einfach zu viele gute Erfahrungen gemacht"
Doch es gibt auch andere Stimmen. "Ich habe erst einmal herzlich gelacht, weil das witzig ist", sagt zum Beispiel Karsten Knigge, seit zehn Jahren Herausgeber von väterzeit.de und Geschäftsführer im auf Elternberatung spezialisierten Kidsgo-Verlag. "Dass es nicht stimmt, das Väter im Alltag ständig versagen, weiß doch im Grunde jeder Vater - und im übrigen auch jede Mutter."

Das Thema Alltag und dessen Organisation, sagt der 53-Jährige, ist zwar das, zu dem Väter die meisten Fragen hätten. "Ich kenne auch Väter, die empört sind. Aber wir sollten da gelassener sein." Warum ihn der Spot nicht aufregt? "Ich habe im Alltag als Vater eines Sohnes zu viele gute Erfahrungen gemacht. Deshalb fühle ich mich da nicht angegriffen." Der Film animiere ihn deshalb aber nicht dazu, "dass ich zu Edeka gehe und meiner Frau dort Blumen zum Muttertag kaufe". Dafür ziele der Spot zu offensichtlich auf den Empörungsreflex.
Das sieht Cornelia Spachtholz ganz anders. Die Vorsitzende des Verbandes berufstätiger Mütter (VBM) und SPD-Politikerin aus Mittelfranken nennt den Spot "unglaublich sexistisch und diskriminierend". Er zementiere alte Rollenbilder und habe die Grenzen des guten Geschmacks weit überschritten. Außerdem sei die Konzentration auf Väter veraltet, da sie der Vielfältigkeit der heutigen Familienformen längst nicht mehr gerecht werde. "Väterbashing wie in diesem Spot ist weder unsere Haltung noch unser Weg zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Famlie für Frauen und Männern", sagt Spachtholz.
"Könnte AfD-Werbung sein"

Spachtholz produziert beruflich selbst Werbe- und Imagefilme, auch mit politischer Botschaft. "Um Themen zu setzen, braucht man ein auffälliges Marketing. Aber einen masturbierenden Jungen? Einen nackten verlängerten Vaterrücken? Und das zum Muttertag? Die Bilder sind nicht nur geschmacklos, sie sind menschenunwürdig in Szene gesetzt." Sie habe nichts gegen schwarzen Humor oder Satire. "Es darf grenzwertig sein, aber nicht grenzüberschreitend."
Zumindest in einem Punkt ist sie sich mit Knigge einig: "Es entspricht einfach nicht dem Elternverständnis, das Väter zunehmend entwickeln." Der VBM geht sogar so weit, dass die Werbeverantwortlichen mit ihrem Spot "auch auf ein Familienmodell unserer Geschichte" anspielen. Der Muttertag wurde damals für eine rassistische Ideologie instrumentalisiert. "Das könnte AfD-Werbung sein", fasst Spachtholz zusammen.
Edeka polarisierte bereits zuvor mit Werbevideos. Der Spot "Heimkommen", der einen älteren Mann zeigt, der seine vielbeschäftigte Familie nur per gefälschter Todesanzeige zur gemeinsamen Weihnachtsfeier bewegen kann, bekam 2015 viel Zuspruch, aber auch Kritik. Jung von Matt ist für entsprechend aufmerksamkeitswirksame Werbespots bekannt. Ob es zum Vatertag einen entsprechenden Edeka-Spot geben wird, ist aber nicht bekannt.