
Bielefeld. Ein grünes Deutschland. Saubere Luft. Kein lästiger Lärm durch den Straßenverkehr. Keine weitere Umweltverschmutzung durch Verbrennungsmotoren. So sollte die Zukunft aussehen, um dem Klimawandel entgegenzustehen. In Skandinavien boomt der Elektroauto-Markt, in Deutschland möchte die E-Autos keiner haben. Das könnte auch daran liegen, dass es noch an einigen Stellen hapert.
Elektroautos sind kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Das erste in Deutschland produzierte Fahrzeug mit dieser Antriebsart war der 1888 gefertigte Flocken Elektrowagen. Der Name geht auf den Coburger Fabrikanten Andreas Flocken zurück, der das Auto als Pionier mit Batterien betrieb.
CO2-Verbrauch in der Herstellung bleibt hoch
Elektroautos nehmen in der Geschichte aber nur einen verschwindend geringen Teil ein. Bis zum Jahr 2008. Hier reicht ein Wort: Tesla. Das US-Unternehmen bestimmt die täglichen Schlagzeilen, seitdem es vor rund 11 Jahren einen elektrisch betriebenen Roadster auf den Markt brachte. Die dadurch wachgerüttelte Branche zieht nach und versucht sich in den Folgejahren ebenfalls in der Herstellung von Elektroautos.
Die Zulassungszahlen von Elektroautos bewegen sich in Deutschland dennoch auf einem verschwindend geringen Niveau: Die Zahl der elektrischen Neuzulassungen steigt zwar, der Marktanteil liegt jedoch immer noch bei nur 1,9 Prozent.
Das Problem bleibt der energetische Fußabdruck bei der Herstellung der Batterien. Für das Trocknen von Werkstoffen in diesem Prozess wird eine große Menge Energie benötigt. Das IFEU in Heidelberg gibt ungefähre Werte heraus. Für die Produktion einer Kilowattstunde an Batteriekapazität werden etwa 125 Kilogramm CO2-Emissionen verbraucht. Bei einem Stromspeicher mit 24 Kilowattstunden fallen also rund drei Tonnen CO2 an.
Problemfeld Recycling
Weil bei der Entstehung eines Verbrennungsmotors ebenfalls Emissionen anfallen, verringert sich die Differenz zwischen einem Benziner und einem Elektrowagen auf ungefähr 2,75 Tonnen CO2. Die Wissenschaftler der IFEU gehen weiter und schreiben in ihrem Bericht, dass der E-Wagen dieses Defizit nach 30.000 Kilometern aufgeholt hat.
Der Abbau und die Produktion der Stoffe wie Lithium oder Kobalt, die für die Batterien notwendig sind, stehen
in der Kritik. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International
beklagen zudem die schlechten Arbeitsbedingungen. Besonders die
Gewinnung von Lithium gilt als umweltschädlich, da viel Wasser geopfert
wird, das dann an anderer Stelle, zum Beispiel auf den Ackerflächen
Chiles (weltweiter Lithiumlieferant), fehlt.
Generalstecker an den Tanksäulen
Sind nach ein paar Jahren die Akkus in den Autos vom Laden und Entladen abgenutzt und die Speicherkapazität eingeschränkt, stellt sich die Frage nach dem Recycling der ausbaubaren Batterien. Noch gibt es das Problem, dass das Auseinanderbauen der Batterien händisch klappen muss. Die Hersteller verbauen zu viele unterschiedliche Modelle und Typen, sodass keine Maschine die wertvollen Inhaltsstoffe sichern kann.
"Da könnte auch eine Standardisierung helfen, ähnlich wie es bei Handyladekabeln stattgefunden hat", sagt Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des Verkehrsclub Deutschland (VCD). Wenn die Nachfrage an Elektrowagen weiter steige, dann werde auch mehr und mehr über das Recycling nachgedacht.
Auch an anderen Stellen sieht sie noch Handlungsbedarf. Zum Beispiel bei den Steckern für die Ladestationen. "Es kann nicht sein, dass es für fünf verschiedene Ladesäulen fünf verschiedene Aufsätze gibt." An Stellen wie den Bezahltarifen oder den langen Ladezeiten brauche es einfache Lösungen, die das Elektroauto attraktiver machen. "Aber natürlich ist der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell. Daran führt für niemanden ein Weg vorbei", sagt Haarmann.
Die Energiewende ist mit der Verkehrswende verzahnt
Auch die Bundesregierung bemüht sich um Durchblick zur CO2-Bilanz. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit veröffentlichte im Januar einen Bericht, der vor allem die Rolle der Energiewende in diesem Zusammenhang beleuchtet. Der erste Satz verdeutlicht die Problematik: "Elektrofahrzeuge sind so sauber wie der Strom, mit dem sie fahren." Nur wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen stamme, fahre ein Elektrowagen weitestgehend ohne Schadstoffe.
Die CO2-Bilanz eines heute gekauften Elektroautos hänge von der Entwicklung der Stromerzeugung ab und sei nicht vorauszuberechnen wie die Emissionen eines Autos mit Verbrennungsmotor. Das Fazit des Berichts: Über ein Fahrzeugleben liegen die CO2-Emissionen eines Elektroautos unterhalb der Emissionen des mit fossilen Brennstoffen betriebenen Pendants. Der Vorteil wird mit jedem Jahr, in dem mehr Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, größer werden und Elektroautos somit auch für den Kunden attraktiver machen.