BIELEFELD

Stadt mietet Wohnanlage für Asylbewerber an

In Ummeln sollen 500 bis 600 zugewiesene Flüchtlinge untergebracht werden

Die Wohnanlage an der Zedernstraße in Ummeln. | © Sarah Jonek

Ansgar Mönter
23.09.2015 | 23.09.2015, 11:16

Bielefeld. Gigantische Aufgaben stehen der Stadt bevor: 150 bis 170 Flüchtlinge pro Woche werden ihr zugewiesen, teilte jetzt der Regierungsbezirk Arnsberg mit. Zugewiesen bedeutet: Die Menschen bleiben länger - manche eventuell für immer - in Bielefeld. Zusammengerechnet könnten das 7.000 Bleibende pro Jahr sein. Die Stadt sucht Möglichkeiten, sie unterzubringen. Erste Objekte sind gefunden. Das Größte davon steht an der Zedernstraße in Ummeln für 500 bis 600 Asylbewerber.

112 Wohnungen befinden sich in der Anlage, bisher bewohnt von Angehörigen der britischen Armee. Die Stadt wird sie mieten "mit einer Laufzeit von zehn Jahren", sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Weitere 180 Plätze sollen im ehemaligen Tagungshotel Rütli hergerichtet werden, ebenfalls angemietet für zehn Jahre; hinzu kommen noch ehemalige stationäre Einrichtungen in Mitte (80 Plätze), das Schwesternhaus des Klinikums Mitte (20 bis 40), Pestalozzischule (70), Haus Daheim am Zionswald in Gadderbaum (40) sowie perspektivisch Gewerbe- und Büroimmobilien für 350 Plätze.

"Wir werden die bisherigen Standards der Unterbringung wie an der Eisenbahnstraße nicht mehr halten können", sagt Oberbürgermeister Pit Clausen. Die Stadt könne nicht so schnell Wohnraum beschaffen. Um den wahrscheinlichen Bedarf zu decken, kündigt er an, "deutlich offensiver" Bauland ausweisen zu lasen. Auch Reserveflächen der Stadt wie Grabeland werde für die Bebauung in Betracht gezogen. "Wir müssen im geförderten Wohnungsbau vorankommen." Die Gespräche darüber laufen laut Nürnberger und Clausen.

Zusätzlich zur Wohnraumbeschaffung muss für die zugewiesenen Flüchtlinge die medizinische Versorgung geklärt werden. Außerdem sei ein Drittel, so der Krisenstab, entweder im schulpflichtigen Alter oder im Kindergartenalter. Gut möglich also, dass die Kapazitäten an den Schulen in Bielefeld aufgestockt werden müssen. "Statt Rückführungen wird es einen Ausbau geben", vermutet Clausen. Hauptschulen, die eigentlich auslaufen sollten, dürften in Betrieb bleiben.

Wie es weitergeht, wenn auch im kommenden Jahr die Zahl der Flüchtlinge konstant bleibt, weiß im Moment niemand. Der Krisenstab und die Verwaltungsspitze versuchen, die "Herausforderung" pragmatisch anzugehen. Werden auch 2016 um die 7.000 Menschen der Stadt zugewiesen, müsse halt für sie entsprechend Platz gefunden werden. Sorgen um den sozialen Frieden habe er, sagt Clausen, "aber wir müssen uns der Situation stellen und sie den Bürgern offen und sachlich erläutern".

Um die Lage rund um die Unterbringungsorte ruhig zu halten und Integration so gut wie möglich hinzubekommen, werde mit "höherer sozialarbeiterischer Dichte" vorgegangen. Das Personal wird derzeit akquiriert, Dolmetscher übersetzen. Die meisten Asylbewerber in Bielefeld kommen aktuell aus Albanien (18 Prozent), Syrien (15), dem Kosovo, Irak, Serbien, Nigeria und dem Iran. Bei 14 Prozent der Antragsteller ist die Herkunft unbekannt.

Alle Prognosen, wie es weitergeht, könnten sich jederzeit durch politische Entscheidungen auf Bundes- und EU-Ebene sowie aufgrund der Weltereignisse ändern. Die Stadt rechnet damit, dass die Höhe der Zuweisungen über Monate stabil bleiben wird.

Information

Mehr als 40 Millionen Euro Kosten

  • Pro Asylbewerber fallen laut Oberbürgermeister Clausen etwa 10.000 Euro Kosten pro Jahr an.
  • In Bielefeld befinden sich knapp 4.500 Asylbewerber, davon 1.300 im
    Verfahren und 2.800, deren Ersuch auf Asyl abgelehnt wurde, die aber mit
    Duldungsstatus weiter hier leben.
  • Insgesamt kommen so Kosten von mehr als 40 Millionen Euro zusammen.
  • Land und Bund übernehmen davon einen Großteil, für die Stadt bleiben
    nach derzeitigem Stand Ausgaben in Höhe von etwa acht Millionen Euro.