Verkehr

15 Jahre war Münster fahrradfreundlichste Stadt - damit ist Schluss

Auch Städte und Gemeinden in OWL finden sich im Ranking wieder. Die Unzufriedenheit der Radfahrer ist gestiegen.

Radfahrer fahren in einer Fahrradstraße in der Innenstadt von Karlsruhe.  | © picture alliance / Uli Deck/dpa

Lothar Schmalen
09.04.2019 | 10.01.2023, 10:50

Münster/Bielefeld. Die Stadt Münster, bislang das Fahrrad-Mekka unter den deutschen Großstädten, hat beim großen Radfahr-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) erstmals seit 15 Jahren seinen Spitzenplatz verloren und liegt mit der Note 3,25 jetzt nur noch auf Platz 2 hinter Karlsruhe (3,15).

Die Note der Radfahrer für Münster ist seit 2003 kontinuierlich schlechter geworden. War es vor 15 Jahren noch eine 1,8, sank die Note 2014 auf 2,5, 2016 auf 3,1 und jetzt auf 3,25.

„Münster hat es versäumt, mehr Platz für Radfahrende zu schaffen. Die Radwege sind völlig unterdimensioniert und viel zu schmal bei der stetig steigenden Nachfrage", sagt Thomas Semmelmann, Landesvorsitzender des ADFC, bei der Präsentation der NRW-Ergebnisse des neuesten „Fahrradklima-Tests".

In NRW gab es eine Rekordbeteiligung

An dem Test haben sich bundesweit 170.000 Radfahrer beteiligt, das seien 40 Prozent mehr als zuletzt 2016, hieß es beim ADFC. In NRW gab es mit 41.000 Umfrageteilnehmern eine Rekordbeteiligung.

In Ostwestfalen-Lippe erreichten 25 Kommunen die Mindestzahl an Testteilnehmern, um zu einer Wertung zu kommen, so viele wie noch nie. Die besten Noten in OWL erhielten Rietberg (3,1) und Lemgo (3,4). Bielefeld (4,1) und Paderborn (4,0) schnitten eher schwach ab.

Die Unzufriedenheit der Radfahrer ist gestiegen

Insgesamt sei die Unzufriedenheit der Radfahrer gestiegen, so der ADFC. NRW liegt mit insgesamt 4,1 schlechter als der Bundesdurchschnitt (3,9). Besonders die größten NRW-Städte schneiden schlecht ab. Köln ist mit 4,4 sogar bundesweites Schlusslicht unter den deutschen Großstädten.

„In Zeiten des Klimawandels und Stau-Rekorden seien schlechte 4er-Bewertungen ein Armutszeugnis", so Semmelmann. Die Radwege müssten sicherer und breiter werden, abgetrennt vom starken Autoverkehr. Und es bräuchte mehr Radschnellwege für Pendler und mehr Fahrrad-Parkhäuser. Dem Parken auf Radwegen müsse energischer entgegengetreten werden, fordert der ADFC.

Scheuer will bis Pfingsten Vorschläge vorlegen

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kündigte bei der Präsentation des bundesweiten Umfrageergebnisses des ADFC in Berlin an, den Radverkehr in Deutschland mit gesetzlichen Änderungen attraktiver und nutzerfreundlicher zu machen.

Er werde bis Pfingsten Vorschläge für eine Novelle der Straßenverkehrsordnung vorlegen. Denkbar sei zum Beispiel, Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr zu öffnen. Ein attraktiver Fahrradverkehr könne besonders in urbanen Räumen und Metropolregionen helfen.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Rückständige Großstädte


Wer jemals auf einer viel befahrenen Großstadt-Straße – egal ob in Köln, Düsseldorf oder Bielefeld – mit seinem Rad unterwegs war, weiß, warum die meisten Großstädte in NRW von den Radfahrern bei der jüngsten ADFC-Umfrage miserable Noten bekommen haben. Egal, ob ganz ohne Radweg oder mit notdürftig auf der für Autos gebauten Fahrbahn ausgezeichneten Radwegen, die dann häufig von Lieferfahrzeugen zugestellt sind – die Fahrt auf dem Rad ist ein Abenteuer, ein gefährliches dazu.
In Zeiten von Klimaschutz und Rekordstaus nicht nur auf Autobahnen, sondern auch in Großstädten, müsste eigentlich dem Radfahrer der rote Teppich ausgerollt werden. Denn kein Verkehrsmittel ist so klimaschonend und stauvermeidend wie das Fahrrad.
Wenn also die Verkehrsminister, die im Bund oder im Land Verantwortung tragen, es ernst meinen mit dem notwendigen Wandel im Straßenverkehr, dann muss jetzt mehr Platz, und zwar geschützter Platz, für Fahrräder im Straßenverkehr her. Die Verkehrsplanung in Großstädten darf sich nicht weiter in erster Linie am Autoverkehr orientieren. Bisher sind die Metropolen hier eher rückständig.