Corona-Pandemie

Spahn fordert Lockdown mit nächtlichen Ausgangssperren

Der Bundesgesundheitsminister nennt als Grund vor allem die rasant steigenden Patientenzahlen auf Intensivstationen. Mit seinen Politikerkollegen geht er ungewöhnlich hart ins Gericht.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.  | © picture alliance/dpa

09.04.2021 | 09.04.2021, 14:49

Berlin (rtr/dpa). Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält die aktuell niedrigen Infektionszahlen wegen der Osterfeiertage nicht für verlässlich. Die sozialen Kontakte müssten eingeschränkt werden, notfalls auch mit nächtlichen Ausgangssperren, sagt Spahn in Berlin. "Es braucht einen Lockdown."

Nur so könne die dritte Infektionswelle gebrochen werden. Es gebe schon wieder fast 4.500 Patienten auf Intensivstationen. "Wenn es so weitergeht, sind es zu viele für unser Gesundheitssystem."

Verlässliche Zahlen ab Mitte nächster Woche

Der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, erwartet ab Mitte nächster Woche wieder aussagekräftigere Zahlen zu den Corona-Neuinfektionen. Das sie aktuell nicht die Realität abbildeten, liege hauptsächlich daran, dass es über die Feiertage weniger Arztbesuche gegeben habe.

Wieler betonte, es gebe aber ausreichend weitere Daten, die Aufschluss über die tatsächliche Situation gäben. „Diese Entwicklung zeigt leider, dass die Lage sehr, sehr ernst ist." Nach Daten aus rund 70 Kliniken bundesweit müssten immer mehr und auch immer jüngere Menschen wegen schweren Atemwegsinfektionen in Krankenhäusern behandelt werden. Die Intensivstationen füllten sich rasant. Er empfahl einen Lockdown von zwei bis vier Wochen: "Jeden Tag, den wir nicht handeln, verlieren wir Menschenleben."

Die Hausärzte bekommen laut Spahn in den ersten Wochen zunächst nur BioNTech zum Impfen. Danach würden zusätzlich auch AstraZeneca-Dosen zur Verfügung gestellt. Später werde auch Johnson & Johnson in die Arztpraxen gehen. Spahn ergänzt, in den kommenden Wochen würden jeweils gut eine Million Dosen an Hausärzte ausgeliefert. Diese Woche waren es 940.000 Dosen.

Unverständnis über Ministerpräsidenten

Spahn sprach sich außerdem dafür aus, in jedem Fall einen Bund-Länder-Gipfel durchzuführen, um möglichst bundeseinheitliche Maßnahmen zu beschließen. "Meines Erachtens wäre eine Bund-Länder-Runde eigentlich das richtige Format dafür", sagte er und ergänzte: „Eine kurze Rücksprache reicht jedenfalls angesichts der Lage nicht." Die hatte der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz für Montag in Aussicht gestellt.

Am Freitagmittag wurde dann bekannt, dass die MPK am Montag nicht stattfinden soll. Stattdessen soll der Bund durch ein neues Gesetz mehr Befugnisse erhalten. Damit hätten die Länder nur noch in Kreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 das Sagen. In Kreisen mit stärkerem Infektionsgeschehen will der Bund so die Notbremse bei den Lockerungen durchsetzen, auf die man sich mit den Ländern schon vor Wochen geeinigt hatte.

Spahn sagte, wenn manche schon die Einschätzung der Lage nicht teilen, „dann wird es natürlich schwierig". Er appellierte, den Parteienstreit runterzufahren. Egal, ob durch ein Bundesgesetz oder die Ministerpräsidentenkonferenz, alle müssten an einem Strang ziehen.