
Freuen Sie sich schon auf Sonntag? Nein, nicht auf den Gottesdienst oder das Spiel von Arminia Bielefeld. Sie dürfen wieder wählen! Sie könnten das jetzt zynisch finden und der Meinung sein, es müsse heißen „Sie müssen schon wieder wählen“. Aber damit täten Sie dem politischen System unrecht.
Vor zwei Wochen waren die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihre Stimmen bei der Kommunalwahl abzugeben. 14 Tage später erwartet man von ihnen erneut, dass sie den Gang ins Wahllokal in ihre Sonntagsplanung integrieren. Eines ist absehbar: Die Wahlbeteiligung wird keine Rekorde brechen. Denn der Wähler wird schnell müde.
In Runde eins am 14. September gab es einen Lichtblick. Die Wahlbeteiligung in NRW stieg auf 56,8 Prozent – den höchsten Wert seit 1994. Doch Stichwahlen haben es schwer. Vor fünf Jahren gab es etliche in OWL, doch die Beteiligung war schwach. In Gütersloh und Bad Oeynhausen waren es 38 Prozent, bei der Landratswahl in Minden 35 Prozent. In Bielefeld kamen 40 Prozent zusammen.
Es geht um das Spitzenpersonal vor Ort
Gut, es war das erste Corona-Jahr. Doch bei der Teilkommunalwahl 2015 nahm ganz ohne Corona mancherorts sogar nur ein Drittel der Berechtigten teil. Dabei wird in den Stichwahlen das Spitzenpersonal bestimmt, das die politischen Geschicke vor Ort für fünf Jahre prägen wird.
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Der zweite Urnengang in NRW ist umstritten. 1994 wurde er eingeführt, 2007 abgeschafft, 2011 wieder eingeführt. 2019 wollte ihn die schwarz-gelbe Landesregierung erneut abschaffen, wurde aber vom Verfassungsgerichtshof in Münster gestoppt. Doch eindeutig war das damals nicht. Vier von sieben Richtern votierten für die Stichwahl. Drei dagegen. Solche Mehrheiten können sich wandeln.
Die Stichwahl bleibt die geeignetste Variante
Braucht NRW überhaupt Stichwahlen? Es gäbe Alternativen. Etwa die einfache Mehrheit: Wer als Bürgermeisterkandidat im ersten Wahlgang die meisten Stimmen holt, hat gewonnen. Punkt. Der Haken ist, dass immer mehr Parteien und Bewerber antreten. So könnte es bei fünf Kandidaten theoretisch schon reichen, wenn ein Name 20,1 Prozent erreicht. Mit einer Mehrheit der Bevölkerung hätte dieses Fünftel nichts zu tun.
Ein anderes Prozedere wäre, dass der Stadtrat den Bürgermeister wählt. So wie der Bundeskanzler direkt vom Bundestag gewählt wird. Doch die Mehrheitsbildung in den Räten ist komplizierter als im Bundestag.
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Womit die Stichwahl als geeignetste Variante bleibt: Zwei Kandidaten – einer wird definitiv mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen. Das darf man mit Fug und Recht eine Mehrheit nennen. Wenn Sie das auch so sehen, sollten Sie am Sonntag unbedingt wählen gehen. Denn das beste Argument für die Beibehaltung der Stichwahl wäre eine hohe Wahlbeteiligung.