Meinung

Thyssen-Krupp & Co.: Die Entlassungen haben viele Gründe

Den ganz normalen Menschen wird angst und bange, wenn sie täglich neue Hiobsbotschaften von Entlassungen erfahren. Die Ursachen für die Wirtschaftsmisere sind vielfältig. Und doch gibt es auch positive Signale.

Stahlarbeiter von Thyssen-Krupp: Das Unternehmen will Tausende Mitarbeiter entlassen. | © picture alliance/dpa

Carsten Heil
26.11.2024 | 26.11.2024, 16:05

Den ganz normalen Menschen im Land, die täglich ihrer Arbeit nachgehen, könnte mulmig werden. Täglich erreichen sie Meldungen, in denen Arbeitsplatzabbau angekündigt wird. Wann bin ich dran? Fragen sie sich. Und: Wo führt das noch hin? Thyssen-Krupp, VW, Ford, Bosch, im Frühjahr auch Miele in Gütersloh.

Es sind Tausende, die ihren Job verlieren. Und das sind nur Beispiele von einigen großen Unternehmen, die bekannt werden. Im Nachgang werden sicher auch viele kleine Unternehmen, die zuliefern oder Dienstleistungen anbieten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Davon werden dann nur wenige erfahren, weil es sich um deutlich kleinere Zahlen handelt. Das ist dann eine stille Angst.

Die Ursachen für das Abgleiten der deutschen Wirtschaft sind vielfältig und unterschiedlich. Ja, es waren Management-Fehler und Margen-Gier. Wenn Autobauer E-Motoren fast nur für große Modelle anbieten, weil an denen mehr zu verdienen ist, produzieren sie am Markt vorbei. Auch wenn sie kurzfristig hohe Gewinne einfahren wie VW.

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Produktion in Deutschland zu teuer

Ja, es ist auch Putins verbrecherischer Krieg gegen die Ukraine mit all seinen Folgen für die Energieversorgung und die Energiepreise hierzulande. Die extrem hohen Netzentgelte beim Strom in Deutschland hat der Russendiktator aber nicht zu verantworten. Die machen aber Produktion in Deutschland teuer, Unternehmen den Absatz schwer. Da will Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt befristet Abhilfe schaffen, wie er bei der Industriekonferenz sagte. Aber er benötigt dafür die Zustimmung der Opposition, nachdem die Ampel ausgeknipst ist.

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Ja, es ist auch das Wohlergehen des vergangenen Jahrzehnts. Das hat bequem gemacht. Die Produktivität sinkt schon seit mehreren Jahren etwa seit 2017. Reagiert hat kaum jemand. Es gab ja genug zu verteilen. Auch der vielfach beklagte Arbeitskräftemangel könnte zum Teil darauf zurückzuführen sein. Das Argument wird aber angesichts der zahlreichen Entlassungsprogramme vermutlich künftig leiser vorgetragen werden.

Politik schadet mit Zickzack-Entscheidungen

Es ist aber auch die Politik mit ihren Zickzack-Entscheidungen. Wenn zum Beispiel E-Auto-Prämien von einem Tag auf den anderen gestrichen werden. Besser wäre, die Prämien nur für hochmotorisierte Wagen zu kürzen, die wenigen kleinen Modelle weiter zu fördern.

Schuldzuweisungen sind das nicht, sondern Erklärungen für die Misere.

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Die Diagnose ist also bekannt, jetzt ist zu therapieren. Ein Hoffnungsschimmer sind Start-ups wie in OWL. Es gibt viele kleine Unternehmen, die neue Ideen und Produkte haben und sich intelligent vernetzen. Natürlich können die nicht die Zehntausenden Arbeitsplätze ersetzen, die gerade verloren gehen. Noch nicht. Aber da entwickelt sich etwas. Deutschland ist schon aus anderen Wirtschaftskrisen gestärkt hervorgegangen. So kann uns zwar mulmig werden, aber Verzweiflung ist nicht angesagt.