Entscheidung gefallen - Stellenabbau bei Miele ohne betriebsbedingte Kündigungen

Gütersloh. Es bleibt dabei: Miele wird seine Waschmaschinen-Fertigung und damit bis zu 700 Arbeitsplätze von Gütersloh nach Polen verlagern. Die Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der IG Metall haben daran nichts geändert. Insgesamt werden an den deutschen Standorten 1.300 Stellen wegfallen – bei 11.700 Miele-Beschäftigten in Deutschland etwa jede neunte Stelle. Weitere Arbeitsplätze fallen im Ausland weg. Abgefedert wird der Abbau durch einen Tarifvertrag, der für die deutschen Standorte gilt. Dieser Tarifvertrag wird eine Laufzeit vom 1. August 2024 bis Ende 2028 haben. Er umfasst die Standorte der Miele & Cie. KG, der Miele Vertriebsgesellschaft Deutschland KG und der Imperial-Werke OHG. In abgestimmten Pressemitteilungen, die das Unternehmen und die Gewerkschaft am frühen Abend nahezu zeitgleich verschickten, heißt es, man habe sich darin auf wesentliche Eckpunkte geeinigt. Dazu gehört, dass Miele den Erhalt aller deutschen Standorte während der Laufzeit des Vertrages zusichert. Lesen Sie auch: Gänsehaut in Gütersloh: 700 Miele-Mitarbeiter bei emotionaler Aktion gegen Stellenabbau Ferner gibt Miele die Zusage, innerhalb dieses Zeitraumes 500 Millionen Euro in seine deutschen Standorte zu investieren. Wie viel davon auf Gütersloh entfallen, konnte gestern keine der beiden Seiten beantworten. Vereinbart wurde, dass &bdquo;für alle deutschen Standorte gemeinsam Zielbilder zu entwickeln sind“. Das geschehe, um Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Keine betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2027 Betriebsbedingte Kündigungen sind laut der Vereinbarung bis Ende 2027 ausgeschlossen. Sollte sich aber abzeichnen, dass sich der Personalabbau nicht sozialverträglich realisieren lasse, könne man &bdquo;nach einem abgestimmten Ablauf“ doch Kündigungen aussprechen. Zugesagt sind Aus- und Weiterbildungsprogramme. Für den Personalabbau wurde ein Programm zum freiwilligen Ausstieg vereinbart. Dieses beinhalte &bdquo;großzügige Abfindungen und eine soziale Komponente“. Laut Gewerkschaft wurde geregelt, dass die Abfindung 2.750 Euro brutto plus ein halbes Brutto-Monatsgehalt beträgt – das sei vorteilhaft für die unteren Lohngruppen. Dieser Betrag werde mit dem Faktor 1,15 und der Zahl der Beschäftigungsjahre multipliziert. Als Grundlage für das Berechnen des Monatsgehaltes werde das Jahresgehalt samt aller Sonderzahlungen (Zulagen, Urlaubsgeld, etc.), geteilt durch zwölf, herangezogen. Die Beschäftigten müssen laut dem Eckpapier Einbußen hinnehmen. Das geschehe, um die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern, heißt es gleichlautend in den Erklärungen. Demnach entfällt für die Jahre 2025 bis 2027 das tarifliche &bdquo;T-Geld“ (Transformationsgeld). Dieses beträgt laut Gewerkschaft 18,4 Prozent eines Monatsgehaltes. Es werde einmal jährlich ausgezahlt, stets im Februar. Somit entfällt es ab sofort. Einen weiteren Verzicht müssen die Beschäftigten leisten, indem die Tariferhöhungen bis 2027 für sie erst mit zwei Monaten Verzug ausgezahlt werden. &bdquo;Wir schaffen sehr gute Voraussetzungen für das gemeinsame Ziel“ Die IG Metall kündigte an, die Vereinbarungen des Eckpunkte-Papiers mit ihren Mitgliedern an allen Standorten zu beraten. Sie sollen kommende Woche entscheiden, ob sie das Verhandlungsergebnis annehmen. Bis Ende Juni, so Miele, wollen die Tarifparteien ihre Unterschrift unter die Vereinbarung gesetzt haben. Personalchefin Rebecca Steinhage, Mitglied der Geschäftsleitung und Verhandlungsführerin auf Unternehmensseite, bewertet den Abschluss positiv: &bdquo;Wir schaffen sehr gute Voraussetzungen für das gemeinsame Ziel, die notwendigen Veränderungen ohne betriebsbedingte Beendigungskündigungen in die Tat umsetzen zu können.“ Die Regelungen seien &bdquo;ein gutes Beispiel für gelebte Sozialpartnerschaft in einer für alle Beteiligten herausfordernden Zeit.“ Tatsächlich hatte Miele zuletzt einen Umsatzeinbruch verkraften müssen. Er sank von 5,43 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 4,96 Millionen Euro in 2023. Besonders stark traf es die Sparte Wäschepflege, die für etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes aufkommt; dort gingen die verkauften Stückzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent zurück.Für die IG Metall bedauert Verhandlungsführer Patrick Loos, dass es nicht gelungen sei, Miele von seinen Abbau- und Verlagerungsplänen abzubringen. &bdquo;Wir halten diesen Weg für falsch und bedauern, dass Miele daran festhält. Aber mit den großzügigen Abfindungen, die mit einer sozialen Komponente insbesondere den unteren Entgeltgruppen zugutekommen, haben wir richtig was rausgeholt. “ Geräte mit Edelstahllaugenbehälter bleiben in Gütersloh Die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Birgit Bäumker, wertet die 500 Millionen Euro Investition als &bdquo;gutes Signal für die Standorte von Miele in Deutschland. Darüber hinaus war es uns wichtig, Zukunftsperspektiven für die Standorte aufzuzeigen.“ Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Miele Gütersloh, Carsten Sieweke, wird indes mit den Worten zitiert, er sei nach wie vor &bdquo;entsetzt, dass Miele an den Verlagerungsplänen festhält. Es hätte andere Lösungen gegeben, die Miele aber nicht wollte. Das freiwillige Ausstiegsprogramm und die attraktiven Konditionen für Altersteilzeit- beziehungsweise Vorruhestandsmodelle können sich aber sehen lassen.“ Die Verlagerung der Waschmaschinen-Produktion nach Ksawerow (bei Lodz) soll ab 2026 nach und nach bis Ende 2028 erfolgen. Aktuell arbeiten dort 500 Beschäftigte. Sie produzieren das sogenannte Einstiegsmodell, das bei den Laugenbehältern Kunststoff statt Edelstahl verwendet und mit 799 Euro günstiger ist als die übrigen Miele-Maschinen. Die Anlieferung erfolgt aus Gütersloh, die Montage in Ksawerow. Lesen Sie auch: Miele-Beben erschüttert Gütersloh - was ist los mit unserem Standort? In Gütersloh bleiben laut Miele die Geräte mit Edelstahllaugenbehälter, dazu zählen Kleingewerbemaschinen und Waschtrockner sowie eine Modelllinie, die Miele im Herbst vorstellen will. Aktuell arbeiten am Stammsitz circa 5.300 Mitarbeiter, davon 1.800 in der Wäschepflege. Am Samstag feiert das Unternehmen an den jeweiligen Standorten seinen 125. Geburtstag. Die Absicht war, bei den Verhandlungen bis dahin zu einem Abschluss gekommen zu sein.

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