Kommentar

Haushalt 2025: Die letzte Chance für die Bundesregierung

Einiges hat die Bundesregierung erreicht, auch wenn das in den internen Streitereien untergegangen ist. Jetzt steht der Haushalt 2025 an. Daran wird sich zeigen, ob die Koalition in der Lage ist, die Regierungszeit durchzuhalten, meint unser Autor.

Die Spitzen der Ampelkoalition: Robert Habeck (Grüne, v.l.), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP). | © Michael Kappeler

Carsten Heil
10.09.2024 | 10.09.2024, 15:02

Bielefeld. Jetzt beginnt der Ernst des Lebens. Das wird Kindern zum Schulstart oft mit auf den Weg gegeben. Nicht viel anders geht es der Bundesregierung. Die parlamentarische Sommerpause ist vorbei, die Ampelkoalition muss nun zu Beginn ihres vorerst letzten Regierungsjahres vor der nächsten Bundestagswahl liefern.

Themen gibt’s genug: Migration, innere und äußere Sicherheit, Rentenreform, Krankenhausreform, Bahn, Maßnahmen gegen den Klimawandel. Und dann ist da noch der vermaledeite Haushalt 2025, in dem noch Milliarden fehlen. Diese Woche ist traditionell Haushaltswoche und damit hängen viele der anderen genannten Themen zusammen.

Da wundert es nicht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Motto auftritt: Nur nicht Bange machen lassen. Zwei Wahlklatschen vor gut einer Woche, furchterregende Umfragezahlen für die Ampelkoalitions-Parteien und ihn als Kanzler persönlich – ficht ihn alles nicht an. Er zählt einmal mehr auf, was seine Regierung alles geleistet habe: Die Energieversorgung im Ukraine-Krieg sichergestellt, ein Wachstumspaket für die Wirtschaft aufs Gleis gesetzt, die Bundeswehr mit Sondervermögen ausgestattet und einsatzfähiger gemacht und bei der Migrationspolitik so harte Maßnahmen durchgesetzt wie seit 15 Jahren nicht.

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Ganz Unrecht hat der Kanzler nicht, etliches hat die Bundesregierung erreicht. Vor zwei Jahren zitterte halb Deutschland wegen Gas-Knappheit vor dem Winter, bevor der überhaupt angefangen hatte. Das haben Scholz und sein grüner Vizekanzler Robert Habeck geregelt. Niemand hat gefroren, die Wirtschaft ist nicht wegen Energieknappheit in die Knie gegangen. International hat Deutschland im Ukraine-Krieg und in der Nato Verantwortung übernommen, ohne dass der Krieg eskaliert ist, was anerkannt wird.

Vielleicht lohnt für Scholz sogar die Vertrauensfrage

Trotzdem ist längst nicht alles im Lot. Die Liste der offenen Fragen und Versäumnisse der Vergangenheit ist lang. Sie abzuarbeiten, ist bis zum September 2025 Kernaufgabe von Scholz und seiner Regierung. Liefern, liefern, liefern. Das ist die letzte und einzige Chance der Ampel-Parteien, um politisch Bedeutung zurückzugewinnen. Der interne Streit und die Unfähigkeit zusammenzuarbeiten, kommen als übles Topping dazu.

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Deshalb sollte es sich der Kanzler nicht zu einfach machen und die Kritik nicht einfach wegbügeln. Vielleicht wäre es sogar ein geschickter Schachzug, die von der Opposition vorgeschlagene Vertrauensfrage zu stellen. „Das ist ein Oppositionsideechen“, spottet Scholz zwar spitzbübisch. Die Regierung habe eine Mehrheit. Doch könnte er mit dem Nachweis der Kanzler-Mehrheit der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen und die eigene Koalition neu hinter sich versammeln. Letzteres ist dringend nötig. Am Haushalt wird es sich entscheiden.