Kommentar

Bahntrasse Hannover-Bielefeld: Debatte braucht jetzt Rückkehr zur Sachlichkeit

Kaum hatte die Bahn ihre Pläne veröffentlicht, hagelte es von allen Seiten Kritik. Wichtig sei, alle Stimmen ernst zu nehmen und eine Kompromiss-Trasse zu finden, sagt unser Autor.

Ein ICE fährt auf eine Bahntrasse. | © picture alliance/dpa

Matthias Bungeroth
14.08.2024 | 14.08.2024, 05:38

Ja, es kam überraschend, als die Deutsche Bahn quasi über Nacht ihre neuesten Pläne für die Ertüchtigung der Bahntrasse zwischen Hannover und Bielefeld bekannt gab. Überraschend sowohl für die Pressevertreter als auch für die Mandatsträgerinnen und -träger sowie die zahlreichen Bürgerinitiativen und Organisationen, die dieses Mammutprojekt seit mehr als drei Jahren begleiten.

Vielleicht ist es auch diesem kommunikativen Überraschungseffekt geschuldet, dass die ersten Reaktionen auf die zwölf Trassenvorschläge bereits wenige Minuten nach Ende des Pressegesprächs bei den Medienvertretern aufschlugen. Sie hoben vor allem auf die Kosten ab, die die vorgeschlagenen Varianten aufgrund durchweg längerer Tunnellösungen mit sich bringen würden.

Denn inhaltlich konnte so schnell auf die zwölf Varianten kaum jemand eingehen. Wir alle sollten uns die Zeit nehmen, diese wirklich aufmerksam durchzugehen und die Arbeit, die in diesen Entwürfen steckt, honorieren. Das tun auch erste Experten bereits, darunter Pro Bahn oder die Umweltorganisation Fridays For Future in Stadthagen, die die Bahn dahingehend lobt, „auf dem Weg zu einer klimagerechten Verkehrswende im Schaumburger Land“ zu sein.

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Bürger in OWL sehen das grundsätzlich anders

Das sehen viele Bürgerinnen und Bürger in Ostwestfalen-Lippe grundsätzlich anders und haben dafür gute Gründe: den Erhalt wichtiger Naturgebiete, landwirtschaftlicher Flächen, von Quellgebieten und Siedlungsräumen entlang der möglichen Trassen.

Es ist nun die Kunst, alle diese Stimmen ernst zu nehmen, sie zu kanalisieren und in eine Richtung zu führen, die eine Kompromiss-Trasse möglich macht. Dabei sollten alle Debattenteilnehmer nicht vergessen, dass die Planungsaktivitäten der Bahn nicht aus dem luftleeren Raum kommen, sondern direkte Folgen politischen Handelns sind.

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Bund und Länder haben in einem Beschleunigungsgesetz Ende 2023 festgeschrieben, dass der Deutschlandtakt in den „vordringlichen Bedarf aufrückt“, wie es im Originaltext heißt. Als konkrete Ziele werden hier die Verdopplung der Verkehrsleistung sowie 25 Prozent Schienengüterverkehr bis 2030 genannt.

Die Schieneninfrastrukturplanung des Bundes sei auf diese Ziele auszurichten, heißt es weiter. Nach diesen Zielen hat die DB ihre Planungen ausgerichtet. Wer diese Ziele ändern will, muss hierfür die politischen Ziele neu definieren, was für eine einzelne Region ziemlich schwierig sein dürfte.

Zudem gilt der Ausbau des Bahnsektors als zentral wichtig für die Erfüllung der Klimaziele des Bundes und ist eingebettet in europäisches Gesamtkonzept der Bahn, die in Nachbarländern wesentlich fortschrittlicher daherkommt. Deutschland darf den Anschluss nicht völlig verlieren.