Thomas Kutschaty ist Geschichte. Es hat ein Jahr nach dem Desaster-Ergebnis der Sozialdemokratie bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gedauert. Nun hat der Landesvorsitzende mit seinem Rücktritt dem irrlichternden Wahlverlierer NRW-SPD die Tür zu einem Neuanfang geöffnet.
Den braucht es aber auch. Denn die aktuelle Lage der Partei in ihrem einstigen Stammland ist schlecht. Der Wiederaufbau wird nicht leicht und viel Kraft kosten. Er wird noch umfassender sein müssen, als er es nach der schweren Wahlniederlage gegen die CDU unter Jürgen Rüttgers bei der Landtagswahl 2005 war. Eine neue Führung muss zunächst einen neuen Frieden der Landespartei finden und organisieren. Dazu benötigt sie eine Perspektive, die den unterschiedlichen regionalen und programmatischen Gruppierungen wieder eine gemeinsame Plattform gibt.
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Gelingen kann dies nur über die Basis der Partei und deren Erfolge in den Städten und Gemeinden aus der Kommunalwahl 2020. Von dieser Basis aus erst war es der SPD auch im Bund vor eineinhalb Jahren gelungen, einen - wenn nicht sogar den entscheidenden - Beitrag zu einem Sieg bei der Bundestagswahl zu leisten und Olaf Scholz den Weg ins Kanzleramt zu ebnen. Von dort müssen deshalb nun die Gesichter einer neuen Führung kommen, die den Diskurs der Partei organisiert und sie zu einem Team zusammenführt.
Nicht viel Zeit, um neues Vertrauen zu gewinnen
Inhaltlich bietet dafür die klassische Identität der SPD als Partei der Arbeit, des sozialen Anstands, mit Respekt vor der Leistung aller Bürgerinnen und Bürger die Plattform. Politik nicht aus dem ideellen – oder bisweilen zur Arroganz neigenden – Blickwinkel der Führungsetagen, sondern im Interesse gerade jener, die nicht nur aktuell mit unzureichenden Einkünften rechnen und zurechtkommen müssen – das ist seit jeher die Herausforderung der Sozialdemokratie. Darauf muss auch ihre Politik des Klimawandels geprüft werden. Darauf müssen sozialdemokratische Antworten ausgerichtet sein.
Leicht wird das nicht. Andererseits bietet eine nicht sehr starke Führung in der NRW-Landesregierung durchaus Möglichkeiten für eine bodenständige und wirksame Oppositionspolitik. Sie muss formuliert werden von einer kleinen Gruppe von Handelnden, die füreinander eintritt und damit neues Vertrauen auch bei Wählern gewinnen will.
Viel Zeit bleibt nicht. Schon die Ergebnisse der EU-Wahl 2024 und dann der Kommunal- und Bundestagswahlen 2025 geben Zeugnis darüber, ob das gelingt und die NRW-SPD wieder auf Kurs ist - und auch für die Landtagswahl 2027 wieder kommen kann.