„Scheitern kann nur die Demokratie“: Ehemaliger NRW-Justizminister debattiert über AfD-Verbot

Löhne. Gesichert rechtsextrem, in Teilen gewaltbereit, oft verharmlosend, ausgrenzend und manipulativ. Aber auch: 20 Prozent Zustimmung im Bund, noch weit mehr bei so mancher Landtagswahl. Keine Frage: Die selbst ernannte Alternative für Deutschland, kurz AfD, spaltet die politische Landschaft wie keine zweite Partei. Und ist in den Augen vieler Beobachter zu einer Bedrohung von Demokratie und Gesellschaft geworden. Längst wird daher offen über ein Verbotsverfahren nachgedacht. Trotz aller Bedenken, die jetzt bei einer Diskussionsveranstaltung in Löhne geäußert und zum Teil auch entkräftet wurden. &bdquo;Brauchen wir ein AfD-Verbot“ lautete das Motto, unter dem der SPD-Landtagsabgeordnete Christian Obrok zum Austausch in den voll besetzten Alten Wartesaal geladen hatte. Wobei die Frage zumindest für Referent Thomas Kutschaty eigentlich gar keine mehr ist. &bdquo;Wer verfassungsfeindlich ist, gehört verboten“, zeigt sich der Sozialdemokrat gleich zu Beginn seines Vortrages überzeugt. Hintergrund: Verfassungsschutz stuft AfD als gesichert rechtsextremistisch ein .responsive23-8X9Hg8xeaDqB5gIK-bar-stacked-vertical-umfrage-afd-verbot { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-8X9Hg8xeaDqB5gIK-bar-stacked-vertical-umfrage-afd-verbot { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-8X9Hg8xeaDqB5gIK-bar-stacked-vertical-umfrage-afd-verbot { padding-top: 142.86%; } } Parteiverbote sind ein Instrument zum Schutz der Demokratie Und das, obwohl er als Jurist eigentlich kein Freund von derlei Schritten sei. Demokratie, so sagt er, müsse schon einiges ertragen können. &bdquo;Aber wenn es um die Grundfeste geht, um Menschenwürde, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit, dann ist es an der Zeit.“ Kutschaty weiß, wovon er spricht. Als studierter Anwalt und langjähriger NRW-Justizminister weiß er um die Prinzipien des Rechtssystems Bescheid, als ehemaliger Fraktions- und Landeschef der SPD auch über die politische Agenda der AfD. Und ja, auch die historischen Erfahrungen Deutschlands spielen in seinen Überlegungen eine Rolle. &bdquo;Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben uns Instrumente an die Hand gegeben, um die Demokratie vor Angriffen zu schützen“, sagt er. Parteiverbote gehörten ausdrücklich dazu. Zumindest dann, wenn sie die freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beseitigen wollen. &bdquo;Die Frage ist nur, ob die AfD an einem solchen Punkt ist und ob es ihr in absehbarer Zukunft gelingen könnte.“ Lesen Sie auch: Welche Politiker im Kreis Herford für ein AfD-Verbot sind Drei Voraussetzungen für ein mögliches Parteiverbot Die Vorboten sind indes offensichtlich. Spätestens seit der Potsdam-Konferenz Ende 2023, bei der Parteivertreter hinter verschlossenen Türen mit Rechtsextremen über einen &bdquo;Masterplan Remigration“ sinnierten, sind weite Teile der Gesellschaft in Alarmstellung. Die Einstufung der AfD als &bdquo;gesichert rechtsextrem“ durch den Verfassungsschutz tat ihr Übriges. Ausreichen aber tut sie laut Kutschaty nicht. Neben dem bereits erwähnten Willen zur Beseitigung der Grundordnung nennt er eine Verfassungsfeindlichkeit als Voraussetzung für ein Parteiverbot. Während er letzteres durch Äußerungen führender AfD-Vertreter durchaus als erwiesen ansieht, liegen im ersteren Fall lediglich Indizien vor – etwa die bewusste Hinauszögerung der Landtagskonstituierung in Thüringen durch den von der AfD gestellten Alterspräsidenten Jürgen Treutler im September vergangenen Jahres. &bdquo;Das müsste aber noch konkretisiert werden“, so Kutschaty. Anders als die dritte Voraussetzung, bei der die Bedeutung einer Partei im Mittelpunkt steht. 2013 war ein Verfahren gegen die NPD noch an genau diesem Punkt gescheitert. &bdquo;Bei der AfD stellt sich die Frage bei Ergebnissen von mehr als 20 Prozent nicht mehr.“ Oder, wie Christian Obrok es mit einem Zitat des Autors Jens Bisky formulierte: &bdquo;Es ist leichtfertig, nicht mit dem Schlimmsten zu rechnen.“ Interview: So steht NRW-Justizminister Limbach zu einem Verbotsverfahren Wie sinnvoll wäre ein AfD-Verbot? Eine andere Frage aber stellt sich durchaus: die der Sinnhaftigkeit eines solchen Unterfangens. Auch in Löhne werden an diesem Abend Bedenken laut, ob ein Verbot der AfD tatsächlich der richtige Schritt und der passende Umgang mit dem politischen Gegner sein kann. An den Gedanken der Wählerschaft ändere das schließlich nichts, heißt es etwa. Nein, politisch müsse man die Partei stellen, in Bildungsarbeit investieren, verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Und was passiert eigentlich, wenn ein Verbotsverfahren scheitert? Würde das der AfD nicht gerade neuen Auftrieb geben? Auszuschließen sei das nicht, räumt Kutschaty ein. &bdquo;Und natürlich werden sie sich in einer Opferrolle suhlen. Aber das tun sie ja auch jetzt schon bei jeder Gelegenheit.“ An ein Scheitern glaube er mit Blick auf die Faktenlage ohnehin nicht. &bdquo;Scheitern können aber wir als Demokratie, wenn wir es nicht versuchen.“ Einen gleichzeitig ausgefochtenen politischen Kampf schließe das gar nicht aus. &bdquo;Wir müssen aber auch feststellen, dass eine Auseinandersetzung mit einem Gegner, der sich die Wahrheit zurechtbiegt und mit Fake-News arbeitet, kaum gelingt“, sagt Kutschaty. Und wenn dann noch demokratische Kräfte AfD-Forderungen übernähmen – Kutschaty spricht in diesem Zusammenhang von einem migrationspolitischen Überbietungswettbewerb im Vorfeld der Bundestagswahl – wird es umso schwerer. &bdquo;Das macht eine solche Partei nur salonfähig.“ Meinung: Die politisch Extremen wollen einen anderen Staat Löhne setzt ein starkes Zeichen für Demokratie Und dennoch: Dass ein Verbotsverfahren gewisse Risiken birgt, weiß auch Kutschaty. Entmutigen lassen will er sich dadurch aber nicht, im Gegenteil. &bdquo;Wir sollten keine Angst vor den Feinden der Verfassung zeigen“, sagt er. &bdquo;Wir dürfen ihnen niemals die Straßen und auch nicht die Parlamente überlassen.“ Dass immerhin 80 Prozent der Wähler ihr Kreuz ausdrücklich nicht bei der AfD gemacht haben, gibt ihm dabei ein gutes Gefühl. Ebenso wie die Protestwelle, die sich Anfang 2024 quer durch die Bundesrepublik zog. Und nicht zuletzt auch der Zuspruch der Veranstaltung in Löhne: &bdquo;Dass so viele Leute gekommen sind, ist ein gutes und starkes Zeichen dafür, dass ihnen die Demokratie nicht egal ist.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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