NRW-SPD-Parteichef Kutschaty tritt nach interner Kritik zurück

Düsseldorf. Im größten Landesverband der SPD überschlagen sich die Ereignisse. Parteichef Thomas Kutschaty ist am Donnerstag zurückgetreten. Am Mittag hatte es eine Landesvorstandsschalte gegeben. Der Landesparteichef war am Mittwoch im Präsidium mit einem Personalvorschlag für den Posten der Generalsekretärin gescheitert. Jetzt richtet sich der Blick nach vorn. Am Freitag kommen die Gremien erneut zusammen. Hamms Oberbürgermeister Marc Herter wird die Führung zunächst kommissarisch übernehmen. Ist er auch eine Dauerlösung? Kutschaty berichtete am Mittag in einem kurzen Statement in der Partei-Zentrale, dass er den Regionalvorsitzenden und dem Präsidium am Tag zuvor einen Personalvorschlag für das Amt der Generalsekretärin gemacht habe. "Das fand so keine Zustimmung." Die Wahlanalyse habe aber gezeigt, dass die Partei vor großen Herausforderungen stehe. "Dafür braucht man als Parteivorsitzender die Unterstützung aller Gremien einer Partei. Ich sehe ein, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt", sagte Kutschaty. Daraus ziehe er Konsequenzen und trete als Landesparteichef zurück. Über die Situation werde er sich auch mit den Gremien in der Landtagsfraktion austauschen. Kutschaty ist seit 2018 Fraktionsvorsitzender. Der 54-Jährige hatte bei der Landtagswahl im vergangenen Mai als Spitzenkandidat das historisch schlechteste Wahlergebnis der SPD bei einer Landtagswahl in NRW zu verantworten. Seitdem mehrten sich die Zweifel, ob der 54-Jährige weiterhin der richtige Mann an der Spitze der NRW-SPD ist. Offen formuliert wurde die Kritik bislang nur am Rande. Doch am Mittwoch verschärfte sich die Situation schlagartig. Auslöser war ein gescheiterter Personalvorschlag Kutschaty wollte eigentlich dem Landesvorstand mitteilen, dass er Magdalena Möhlenkamp zur neuen Generalsekretärin und als Nachfolgerin von Nadja Lüders machen will. Sowohl die Chefs der Bezirksverbände als auch die Präsidiumsmitglieder fühlten sich von Kutschatys Vorgehen aber derart überrumpelt, dass sie dem Parteichef in den jeweiligen Videokonferenzen nahelegten, von dem Personalvorschlag Abstand zu nehmen. Somit sah Kutschaty von seinem Personalvorschlag im Vorstand ab. Hinzu kam, dass die 36-jährige Möhlenkamp in der Partei eine Unbekannte ist - und dass es seit Wochen Kritik an Kutschaty gibt. Der gescheiterte Personalvorschlag scheint Kutschatys ohnehin schwache Position in den folgenden Stunden offenbar weiter so stark geschwächt zu haben, dass er sich entschied, das Amt des NRW-Parteichefs zur Verfügung zu stellen. Bereits am Freitag treffen sich das Präsidium und der Landesvorstand in Dortmund zu einer Sitzung, um das weitere Verfahren zu beraten. &bdquo;Jetzt schlägt die Stunde der Gremien“, sagt der Chef der OWL-SPD, Stefan Schwartze, dieser Redaktion. Hamms Oberbürgermeister Marc Herter wird als dienstältestes Mitglied im Kreise der Vize-Parteichefs die Landespartei zunächst kommissarisch bis zum nächsten Parteitag führen - gemeinsam mit Lüders. Der 48-Jährige wird intern aber auch als mögliche langfristige Lösung gehandelt. Herter hatte 2018 eine Abstimmung zur Wahl des Fraktionschefs gegen Kutschaty verloren. Das Verhältnis beider gilt als schlecht. Herter ist seit 2010 stellvertretender Landesvorsitzender. Bei der entscheidenden Videokonferenz mit dem Präsidium und den Regionalchefs am Mittwoch, in der Kutschaty mit seinem Personalvorschlag scheiterte, war Herter nicht anwesend, sondern hatte sich vertreten lassen. Mit seinem Rücktritt macht Kutschaty zugleich den Weg frei für einen Neuanfang. Den hatten sich viele Mitglieder bereits nach der verlorenen Landtagswahl im Mai gewünscht. Nachdem Kutschaty aber im Sommer als Fraktionschef bestätigt worden war, hatte er vor Wochen zudem angekündigt, auch als Parteichef weitermachen zu wollen. Der Unmut darüber und über Kutschatys Kurs nahm in den vergangenen Wochen spürbar zu. Kritik mehrte sich auf kommunaler Ebene und in der Bundestagsfraktion. Auch in der Fraktion bröckelte der Rückhalt langsam. Mehrere Absagen für das Amt der Generalsekretärin Kutschaty galt immer mehr als führungsschwach, ambitionslos und wenig vernetzt. Einige Genossen hatten das Gefühl, dass die Partei zwar eine umfangreiche Wahlanalyse durchführe, deren Ergebnisse aber nicht bei den Mitgliedern im Land ankommen würden. Die Regionen fühlten sich zu wenig gehört. Ein Spiegelbild für die Situation war die Suche nach einer Generalsekretärin. Es heißt, dass Kutschaty mehrere Kandidatinnen angesprochen, aber jeweils Absagen erhalten hatte. Dabei gilt diese Position als maßgeblich, um eine Kampagnenfähigkeit wiederherzustellen. Somit konnte Kutschaty bis zuletzt auch nicht klar machen, mit welchem Team er den Weg an der Spitze der NRW-SPD fortsetzen wollte. Eine offene Revolte galt intern aber bis zuletzt als sehr unwahrscheinlich. Doch jetzt, wo Kutschaty den Weg frei gemacht hat, dürften und müssen sich potenzielle Nachfolger aus der Deckung wagen. Der Parteitag findet offiziell bereits am 6. Mai - und somit in wenigen Wochen statt. Unklar ist aber, ob dieses Datum gehalten werden kann.

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