Kommentar

CDU-Vorsitz: Braun-Kandidatur wird Partei durchrütteln

Der Kanzleramtschef ist unverbraucht, was parteiinterne Kämpfe betrifft, schreibt unsere Autorin. Damit ist er ist eine echte Alternative zu Röttgen und Merz.

Kanzleramtschef Helge Braun hat seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz angekündigt. | © picture alliance / Flashpic

Kristina Dunz
13.11.2021 | 13.11.2021, 08:00

Die Kandidatur von Angela Merkels Kanzleramtsminister Helge Braun für den CDU-Vorsitz wird die Partei noch einmal durchrütteln. Bisher gingen die Christdemokraten davon aus, dass sie bei der Entscheidung über den dritten Vorsitzenden innerhalb von drei Jahren eher alte Bekannte im Ringen um den Chefposten sehen werden: Norbert Röttgen und Friedrich Merz.

Mit Brauns Bewerbung haben die 400.000 Christdemokraten eine überraschende Alternative. Sie können sich nun (voraussichtlich) entscheiden zwischen dem emotional-konservativen Wirtschaftspolitiker und Merkel-Kritiker Merz, der im Wahlkampf loyal zum glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet stand. Dem intellektuellen Röttgen, der zuletzt viel Sympathie bei der Jugend und an der Basis für seinen auch außenpolitisch geprägten Kurs gewinnen konnte. Und eben Helge Braun, Vertrauter von Merkel.

Braun könnte Kompromiss-Mann sein

Er dürfte die Mitglieder zum Nachdenken bringen, ob mit Merkels Erbe eher gebrochen oder ihre Ära auch als Fundament für die Zukunft genutzt werden soll. Braun ist auch Kreis- und Bezirksvorsitzender in der konservativ aufgestellten Hessen-CDU und damit auch Teil der Basis. Er weiß deshalb inzwischen, wie sehr manche Parteimitglieder, die einen Aufbruch mit neuer klarer Kante wünschen, ins Grübeln gekommen sind, ob eine Abkehr von Merkel und ihrer Politik der Mitte klug wäre. Immerhin hat der siegreiche Olaf Scholz mehr als Laschet Kontinuität nach Merkel vermittelt.

Braun ist zwar kein neues Gesicht in der Politik, aber er ist unverbraucht, was parteiinterne Kämpfe betrifft. Würde er der Kompromiss-Mann, könnte sich Merkel die Hände reiben. Spannend ist, mit wem Braun ein Team bilden will. Röttgen hat mit Franziska Hoppermann als mögliche Generalsekretärin eine interessante Frau vorgestellt und klar gemacht, dass endlich jemand aus Ostdeutschland Vizevorsitzender werden muss.

Neue Führungsfigur muss Grabenkämpfe beenden

An der Frage, wer der nächste Parteichef werden wird, hängen aber zwei weitere große Entscheidungen: Bleibt Ralph Brinkhaus Unionsfraktionschef und wer wird der nächste Kanzlerkandidat? Merz ist zuzutrauen, dass er auch nach dem Fraktionsvorsitz greift, um ein mächtiger Oppositionspolitiker zu werden und seine Voraussetzungen für eine Kanzlerkandidatur zu verbessern. So wie es 2002 Merkel gemacht hat - als sie Merz verdrängte.

Wer der nächste Kanzlerkandidat der Union wird, dürfte aber auch davon abhängen, wie die jungen CDU-Ministerpräsidenten die nächsten Landtagswahlen bestehen. Die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden sagt deshalb noch nichts darüber aus, wer der nächste Kanzlerkandidat wird. Und wer weiß, wie oft die CDU bis dahin noch einen neuen Chef braucht und wer 2025 die starke Kraft sein wird.

Klar ist: Die neue Führungsfigur muss die Personalquerelen und Grabenkämpfe beenden. Sonst wird die Union den SPD-Mann Scholz, der selbst Merkels Raute gern kopierte, lange im Kanzleramt halten.