Bielefeld

Farbiger Zusammenklang: Neue Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld

Die Kunsthalle Bielefeld eröffnet vier sehr verschiedene Ausstellungen: 80 Werke von Nicole Eisenman treffen bis zum 9. Januar 2022 auf die Architektur Max Dudlers, Beuys’sche Positionen und eine Videoarbeit.

Leben in Gemeinschaft: Das Gemälde "Biergarten" (2007) von Nicole Eisenman steht in augenfälligem Bezug zu den Sujets der Impressionisten.  | © Barbara Franke

Heike Krüger
01.10.2021 | 03.10.2021, 13:47

Bielefeld. Das Herzstück der aktuellen „Bespielung“ der Bielefelder Kunsthalle ist schnell ausgemacht und zerstreut die Sorge, vier Schauen gleichzeitig könnten unbotmäßig miteinander konkurrieren: 80 Werke – Malerei und Zeichnungen – der New Yorker Künstlerin Nicole Eisenman (Jahrgang 1965) setzen einen kraftvollen, farbenreichen Paukenschlag im 1. Stock und im Obergeschoss des Hauses.

Zerstörtes Idyll im Dialog mit Beuys' Positionen

Es ist die erste umfassende Werkschau der Künstlerin in Deutschland, jenseits ihres skulpturalen Werks, kuratiert von Kunsthallen-Direktorin Christina Végh und Laura Rehme. An diesem Freitag und Samstag wird „Köpfe, Küsse, Kämpfe“ mit einem „soft opening“ bei freiem Eintritt eröffnet (siehe Infokasten). Zugleich sind bis zum 9. Januar 2022 im Eingangsbereich der Kunsthalle Fotografien und Modelle des Architekten Max Dudler zu sehen, vorbereitet vom Forum Baukultur OWL. Im Souterrain gibt es Rückblicke mit Material aus Kunsthallen- und auch Stadtarchiv auf den Bielefelder Teil des „7.000 Eichen“-Projekts von Joseph Beuys. Schließlich tritt Andreas Greiner (Jahrgang 1979) im Vortragssaal mit seinen Video- und Soundarbeiten „Abschied (Harz)“ und „Vom Walde“ von 2020 mit zerstörtem Idyll in Dialog mit Beuys.

Fünf neue Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld - © Barbara Franke
Fünf neue Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld | © Barbara Franke

Identität des Einzelnen in der Masse

Sehr aktuell und voller Anspielungen auf die Positionen der Klassischen Moderne stellt Nicole Eisenman Fragen nach der „conditio humana“, den Bedingungen des Menschseins. Ihr figuratives Werk erschließt sich direkt, manche ihrer Gemälde gleichen bunten, teils allegorischen Wimmelbildern, die man lange betrachten kann. Die zur Entdeckung immer neuer Geschichten einladen. Die Künstlerin spannt den Bogen von der Suche nach der Identität des Einzelnen in der Masse bis hin zu persönlichen und politischen Ambivalenzen, Spannungen und Abgründen. Ihre Themen berühren das Private, jenseits von starren binären Geschlechterrollen ebenso wie die Zeitphänomene #MeToo, Black Lives Matter und Fridays for Future. Sie ist damit im besten Sinne eine im Leben stehende zeitgenössische Künstlerin.

Fünf neue Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld - © Barbara Franke
Fünf neue Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld | © Barbara Franke

"Künstlergespräch, das sich über 100 Jahre erstreckt"

Im 1. Obergeschoss effektvoll platziert, gibt das großformatige zweiteilige Gemälde „Progress – real and imagined“ Einblicke in das Künstlerleben und schlägt zugleich Brücken zu den zeitlosen Themen der Kunstgeschichte. In den Kabinetten sind Arbeiten thematisch gegliedert, etwa in Darstellungen von Paaren, Menschen in der Masse, Biergartenszenen, Badeszenen, Frauenbilder.

„Eisenman beschäftigt sich intensiv mit der Geschichte der Malerei, ohne diese gezielt zu zitieren“, so Kunsthallen-Direktorin Christina Végh. Dennoch sei die Kunstgeschichte in ihren Werken präsent. Klug zieht die Schau Positionen anderer Künstler hinzu, überwiegend aus dem Bestand der Kunsthalle – Max Beckmann, Ludwig Kirchner, Hermann Stenner, Gerd Arntz (Holzschnitte) und andere. „Man ist eingeladen zu einem großen Künstler-Gespräch, das sich über 100 Jahre erstreckt“, fasst Végh zusammen.

"Gebäude fügen sich gut in die Landschaft"

Die weiteren drei künstlerischen Positionen im vierteiligen Ausstellungsprogramm gruppieren sich dezent, aber gut sichtbar um den Fixpunkt Nicole Eisenman. Volker Crayen, Bielefelder Architekt und Vorstand des ausrichtenden Forums Baukultur OWL, verweist auf die beiden Bielefelder Bauwerke Max Dudlers, Besucherzentrum Sparrenburg und Informationspunkt Johannisberg, beide in Stampfbeton gebaut und anfänglich in der Stadtgesellschaft sehr umstritten. „Inzwischen haben die meisten festgestellt, wie gut sie sich in die Landschaft und zu den historischen Ensembles fügen“, so Crayen, der mit Verein und Schau für „ein besseres Verständnis für moderne Architektur“ wirbt. Ansprechend arrangiert, wirkt die Präsentation so, als könne sie dazu beitragen. Fazit: Vier spannende Ausstellungen, gut zu erschließen und sehr vielfältig.

  • Es gibt ein üppiges Rahmenprogramm. Ein Katalog zur Eisenman-Schau erscheint im Dezember. Termine, Themen und Öffnungszeiten auf: www.kunsthalle-bielefeld.de.

Vier Projekte auf einen Streich

  • Eröffnet werden am Freitag, 1. Oktober (15 bis 20 Uhr), und Samstag, 2. Oktober (10 bis 18 Uhr), im „soft opening“ durch Direktorin Christina Végh gleich vier Ausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld.„Köpfe, Küsse, Kämpfe“, 80 Werke von Nicole Eisenman (und die Modernen).
  • Außerdem: „Geschichte weiterbauen“, Modelle und Fotografien von Bauten des Architekten Max Dudler.
  • „7.000 Eichen in Bielefeld“ – Dokumentation.
  • „Von Bäumen und Wäldern“ – J. Beuys im Dialog mit einer Videoarbeit v. Andreas Greiner.