Detmold. Für rund 280.000 Mädchen und Jungen in OWL hat am 12. August das neue Schuljahr begonnen. Für 17.322 Kinder in der Region war es nach Angaben der Bezirksregierung Detmold der erste Schultag. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2014/15 gab es in OWL 332 i-Dötze mehr. Die Bezirksregierung Detmold weist darauf hin, dass die Zahlen für das aktuelle Schuljahr auf Angaben der Schulen vom März beruhen und erfahrungsgemäß im Laufe des Schuljahrs um etwa zwei Prozent nach unten korrigiert werden. Der Grund ist: Seitdem die Schuleinzugsbezirke in OWL abgeschafft wurden, können die Eltern ihre Kinder an mehreren Grundschulen gleichzeitig anmelden.Warum in vielen OWL-Kreisen der Bedarf an Grundschullehrern wächst, weshalb gibt es immer weniger frühzeitige Einschulungen gibt und welche Tornister dieses Jahr bei den Erstklässlern angesagt sind – Elena Gunkel hat sich umgehört.
Junge Lehrer gesucht
Zum Beginn des neuen Schuljahrs wurden an den öffentlichen Schulen der Region 304 Lehrer eingestellt, davon 49 an den öffentlichen Grundschulen. Die meisten von ihnen haben einen Arbeitsplatz in den Kreisen Gütersloh (15 neue Grundschullehrer) und Lippe (8 Grundschullehrer) bekommen.Christel Dahlhoff-Hilbert ist im Kreis Gütersloh für die Schulaufsicht der Grundschulen zuständig. „Dass so viele neue Lehrer zurzeit im Kreis eingestellt sind, hat mit zwei Faktoren zu tun“, erklärt sie. „Nach Anzahl der Kinder im Grundschulalter ist der Kreis Gütersloh mit 13.778 Kindern zurzeit der größte in der Region“, sagt sie. „Zum einen stammen diese Kinder aus den Familien, die in den vergangenen Jahren aus Arbeitsgründen in den Kreis zugezogen sind, zum anderen sind es Flüchtlingskinder, die zum Start des Schuljahrs eingeschult werden müssen.“ Als weiteren Grund für den erhöhten Bedarf an neuen Lehrkräften im Kreis nennt Dahlhoff-Hilbert das hohe Durchschnittsalter der Lehrer. „Viele Kollegen sind in den vergangenen Jahren in den Ruhestand gegangen und wurden durch neue ersetzt“, sagt sie. Das entspreche allerdings der bundesweiten Tendenz. „Dort, wo die Schülerzahlen ohnehin sinken, sind keine besonderen Maßnahmen gegen diese Entwicklung erforderlich“, sagt die Schulrätin. „In den anderen Regionen löst die Bezirksregierung das Problem durch die Verteilung der Stellen.“ Auch im Kreis Lippe sind mehrere Grundschullehrer in Rente gegangen. „Ihre Stellen mussten nun neu besetzt werden“, so Pressesprecherin Meike Delang.
Mit fünf Jahren in die Schule
Der von IT NRW veröffentlichten Statistik kann man entnehmen, dass es im Schuljahr 2014/15 in allen OWL-Kreisen wesentlich weniger vorzeitig eingeschulte Kinder gab als noch vor fünf Jahren. Besonders ausgeprägt sind diese statistischen Unterschiede in den Kreisen Höxter (92 vorzeitig eingeschulte Kinder im Jahr 2010/11 gegenüber 42 Kindern im Jahr 2014/15), Gütersloh (169 Kinder im Jahr 2010/11 gegenüber 55 Kindern im Jahr 2014/15) und Lippe (118 gegenüber 47 Kindern). Der Grund für diese Entwicklung ist die neue Gesetzeslage. „In den vergangenen fünf Jahren wurde das Alter, ab dem das Kind als vorzeitig eingeschult gilt, in mehreren Schritten nach vorne gerückt“, erklärt Meike Delang von der Pressestelle des Kreises Lippe in Detmold. „Heute ist der 30. Juli der Stichtag. Alle Kinder, die vor diesem Termin geboren wurden, gelten als normal eingeschult“, so Delang.Krystyna Radke, Diplompsychologin und Diplompädagogin, ist an der Regionalen Schulberatungsstelle im Kreis Höxter tätig. „Oft sind Kinder, die vom Alter her eigentlich noch im Kindergarten bleiben müssten, nicht reif genug für die Schule“, sagt sie. „Auch das schulische Programm und der Lernstoff in der Grundschule sind für solche Kinder noch nicht optimal geeignet.“ Heutzutage seien viele Kindergartenkinder fit im Umgang mit Technik. „Das erweckt bei manchen Eltern den Eindruck, dass ihre Kinder kognitiv so weit entwickelt sind, dass sie sich womöglich im letzten Kindergartenjahr in der Kita langweilen würden“, sagt die Schulpsychologin aus Höxter. Doch bei der Frage, ob das Kind reif für die Schule ist, seien in erster Linie seine sozialen Kompetenzen und seine Arbeitshaltung entscheidend. Darunter verstehe man unter anderem die Fähigkeiten des Kindes, sich auf eine Aufgabe ausdauernd und selbstständig
zu konzentrieren, Misserfolge hinzunehmen und Kompromisse zu schließen.
Öffentlich oder privat
18.336 Erstklässler haben in OWL im Schuljahr 2014/15 ihre Ausbildung angefangen, 682 von ihnen wurden dabei an privaten Grundschulen eingeschult. Der Statistik von IT NRW kann man außerdem entnehmen, dass der Bedarf an privaten Grundschulen in der Region steigt. Im Kreis Minden-Lübbecke beispielsweise haben im Schuljahr 2008/09 104 Erstklässler eine private Grundschule besucht. Im Jahr 2014/15 lag diese Zahl bei 180 Schülern. Ähnlich sieht es in Bielefeld aus. Während es vor sechs Jahren 102 i-Dötze an privaten Grundschulen gab, betrug deren Zahl im vergangenen Schuljahr 147. Höxter ist der einzige OWL-Kreis, in dem es bisher noch keine privaten Grundschulen gibt. Doris Dockhorn ist Schulrätin im Schulamt des Kreises Minden-Lübbecke. „In den 1990er Jahren sind viele Menschen mit Migrationshintergrund in den Kreis gezogen“, sagt sie. „Vor allem in Espelkamp ist der Anteil an Aussiedlern aus der damaligen Sowjetunion sehr hoch. Zu dem Zeitpunkt, als die Kinder dieser Generation das Grundschulalter erreicht haben, entstand der Bedarf an Grundschulen, die der religiösen Ausrichtung ihrer Eltern entsprachen. Diesem Bedarf ist der Evangelische Schulverein entgegengekommen. In den vergangenen sechs bis acht Jahren hat der Verein als Träger drei private Ersatzgrundschulen und mehrere weiterführenden Schulen gegründet.“ Die Anzahl der öffentlichen Grundschulen in der Region sinkt hingegen Jahr für Jahr. Im Schuljahr 2013/14 gab es in OWL 338 öffentliche Grundschulen, 2014/15 329, im laufenden Schuljahr sind es „nur“ noch 323; 4 von ihnen sollen im nächsten Schuljahr geschlossen werden.
Modische Tornister
Noch vor ein paar Jahren haben viele Erstklässler Tornister getragen, die von der Form her eher an große bunte Plastikkisten erinnerten. Heute sind hingegen schlichte Rucksäcke mit bunten, austauschbaren Aufklebern, sogenannten Patches, besonders angesagt. Dabei gibt es eine große Auswahl an Motiven – von Baumaschinen bis hin zu Dinosauriern. „Auf diese Weise können die Kinder ihren Rucksack täglich neu gestalten“, sagt Sabrina Herzog vom Geschäft „Ranzenfee & Koffertroll“ in Rheda-Wiedenbrück. Darüber hinaus legen viele Eltern heutzutage Wert darauf, dass der Rucksack aus wiederverwertbarem, umweltfreundlichem Material hergestellt wurde. „Viele fragen extra danach oder überprüfen, ob der Rucksack mit entsprechendem Gütesiegel versehen ist“, so Herzog.
Überblick über die Erstklässlerzahlen in OWL: