Paderborner Bürgermeisterkandidaten beziehen Stellung zur Migration

Paderborn. Die Podiumsdiskussion des Integrationsrates Paderborn mit den Bürgermeisterkandidaten hat mehrere Erkenntnisse gebracht: Erneut sind nicht alle Kandidaten zusammengekommen, die Bewerber um das höchste politische Amt der Stadt haben im Wahlkampf ihre Rollen gefunden, der überwiegende Teil der Kandidaten will die Zusammenarbeit mit der Migrantenvertretung, der Umgang mit der AfD bleibt schwierig und längst nicht alle Migranten halten offenbar eine Diskussion über ihre Belange für wichtig. Die Ausgangslage vor der Bürgermeisterwahl in Paderborn Der letzte Punkt spiegelt sich zumindest am Bild von Freitagabend in der Aula des Berufskollegs Schloß Neuhaus wider. Unter den etwa 100 Besuchern waren Migranten sichtbar weniger vertreten. Und auch die Wahlbeteiligung von 15,7 Prozent bei den vergangenen Wahlen zum Integrationsrat 2020 zeigt ein vergleichsweise geringes Interesse. Das griff Emin Özel, Vorsitzender der Schura Paderborn, auf: &bdquo;Als Deutscher mit türkischem Migrationshintergrund muss ich mich über diese Gruppe beschweren, dass sie sich nicht am politischen Leben in der Stadt beteiligt.“ Wie berichtet, können sich am 14. September etwa 44.000 Paderborner an der Wahl zum Integrationsrat beteiligen. Das sind die Paderborner Kandidaten Ihre Teilnahme an der Podiumsdiskussion unter der Moderation von Julia Ures hatten laut Veranstalter alle Kandidaten zugesagt: Stefan-Oliver Strate (CDU), Frank Wolters (Bündnis 90/Die Grünen), Roger Voigtländer (SPD), Alexander Senn (FDP), Reinhard Borgmeier (Die Linke), Marvin Weber (AfD), Stephan Hoppe (Für Paderborn) und Niko Rammert (Die Partei). Offenbar hatte Rammert Besseres zu tun, wie sein &bdquo;Partei“-Freund Andreas Siegmund lakonisch verkündete. Und er hatte eine Einladung: &bdquo;Niko ist auf einem Konzert. Er ist Leadsänger einer Band und in Büren unterwegs. Und wenn hier gleich Schluss ist: Die spielen noch bis Mitternacht.“ Das sorgte für verhaltenes Schmunzeln im Publikum. Integration: Das sind die Themen in Paderborn Die Themen, die sich der Integrationsrat unter dem Vorsitz von Recep Alpan für die Diskussion ausgesucht hatte, seien für diese Auflage der Podiumsdiskussionen in Paderborn gezielt auf die Interessen von &bdquo;Menschen mit internationaler Familiengeschichte“ gerichtet gewesen. &bdquo;Auch sie haben das Recht, zu erfahren, wie der zukünftige Bürgermeister über migrantenrelevante Themen denkt.“ Es ging um Soziales, etwa in der Pflege, um Kultur und Integration, den Integrationsrat als Gremium sowie um die Chancengerechtigkeit, etwa auf dem Wohnungsmarkt. Anschließend gab es einige Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum. Beispielsweise wollte ein Zuhörer wissen, ob Migranten nicht sichtbarer in der Stadtverwaltung vertreten sein sollten. Wahl zum Integrationsrat: Die Extrastimme für 44.000 Paderborner Die Kritik an den männlichen Politikern Kritische Worte fand Alpan in Richtung aller Kandidaten, und dafür gab es für den letzten Punkt großen Applaus. &bdquo;Viele der politischen Parteien in Paderborn haben das Thema Integration in ihren Programmen nicht platziert. Es ist uns auch nicht entgangen, dass sie wenig bis kaum Menschen aufgestellt haben, die einen Migrationshintergrund haben. Und mein letzter Kritikpunkt ist, dass keine Partei eine Frau als Kandidatin nominiert hat. Ich kann es nicht glauben, dass wir in Paderborn keine geeignete Frau finden konnten“, stellte Alpan fest. Die Spielregeln werden verletzt Für einen jederzeit fairen Austausch und für entsprechende Sanktionen sorgte Moderation Julia Ures, &bdquo;geordnet und wertschätzend“. Mit einer Stoppuhr achtete das Veranstalterteam darauf, dass jeder Kandidat jeweils zwei Minuten sprach, bevor der Buzzer dröhnte. Zu Ausreißern kam es während der etwa zweieinhalbstündigen Veranstaltung kaum. Dennoch musste Ures einmal ermahnen. Siegmund hatte nach einer Bemerkung eines Zuhörers zum Thema Klimawandel in Richtung des AfD-Kandidaten Marvin Weber sinngemäß gesagt, dass man &bdquo;mit 50 Argumenten nicht einen einzigen Idioten“ zum Schweigen bringen könne. Für Paderborn: Pflegekräfte aus dem Ausland Wie unterschiedlich die Herangehensweise der Kandidaten an Themen und deren Bewertung ist, zeigten das Beispiel der Pflege und der Bedarf an Fachkräften. Hierbei unterstrich Senn: &bdquo;Wir sind in der Pflege und in vielen anderen Bereichen zwingend auf ausländische Fachkräfte angewiesen.“ Allerdings müsse es beispielsweise auch in Paderborn mehr Wohnungen geben, um zusätzlich auch Fachkräfte im angespannten Wohnungsmarkt aufzunehmen. Alle Paderborner Kandidaten im Überblick: Warum sie Bürgermeister werden wollen Oftmals hakt es aber bei der Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland. Hierzu merkte Strate an, dass es &bdquo;eine ganz Reihe von Migranten“ gebe, &bdquo;darunter besonders die Flüchtlinge aus der Ukraine, die teilweise hervorragende Vorkenntnisse haben“. Der CDU-Politiker forderte zugleich, dass Deutschland &bdquo;viel schneller“ bei der Anerkennung von Abschlüssen sein müsse. Voigtländer berichtete vom &bdquo;paradoxen Problem“, gerade Hochschulabschlüsse entsprechend in Deutschland anzuerkennen. Zudem berichtete er von der Erkenntnis, besser &bdquo;in eines der Zielländer zu gehen, um eine Community aufzubauen“, und dort bei guten Erfahrungen &bdquo;den Nachzug anzuregen“. Wolters blickte auf die lokale Ebene und auf Angebote wie Sprachkurse, &bdquo;damit diese Menschen zügig in die Arbeitswelt integriert werden“. Und: &bdquo;Gerade in den Pflegeberufen sind überwiegend Frauen tätig. Deshalb müssen wir Fachkräften frauenspezifisch in die Mitte der Gesellschaft holen.“ Ähnlich argumentierte Borgmeier: &bdquo;Bei Beschäftigungen mit Sorgepflichten sind es überwiegend Frauen. Wir müssen Arbeitsbedingungen schaffen, dass das zu vereinbaren ist.“ Zugleich forderte Borgmeier allerdings, zunächst willige Geflüchtete ohne sicheren Aufenthaltsstatus in der Pflege zu beschäftigen und nicht abzuschieben. &bdquo;Solange stehe ich der Anwerbung von ausländischen Kräften kritisch gegenüber.“ Landrat, Kreistag, Bürgermeister und Räte: Alles zur Wahl im Kreis Paderborn im Liveticker Siegmund zeigte sich später im Diskussionsverlauf &bdquo;dankbar“ für einen Hinweis von Zuhörerin Veronika Brauer. Sie ist Bereichsleiterin Deutsch als Fremdsprache bei &bdquo;Die Sprachwerkstatt“. Sie berichtete von Ärzten und Pflegern auch aus der Ukraine, die aus verschiedenen Gründen nicht arbeiten könnten: beispielsweise weil Gutachter in Münster für eine Anerkennung fehlten. Hoppe warnte davor, dass es einen &bdquo;Wettbewerb der Städte um die Fachkräfte, die aus dem Ausland kommen“ geben werde. &bdquo;Und wo gehen diese Leute hin? Dorthin, wo sie am herzlichsten willkommen geheißen werden und einen Weg finden, sich in die Gesellschaft zu integrieren.“ Das sei eine Aufgabe von allen. Weber lenkte den Blick auf Bürgergeldbezieher: &bdquo;Man muss es so attraktiv für sie machen und sie dazu bringen, dass sie diese Arbeit angehen.“ Zudem dürfe es nicht sein, dass &bdquo;wir überlegen müssen, ob wir Fachkräfte aus dem Ausland holen.“ Andererseits solle die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen vereinfacht werden. Trotz Protesten: AfD-Mann Weber darf im Kreis Paderborn kandidieren Die Reaktion auf die AfD in Paderborn Die Haltung Webers löste deutliche Kritik von Zuhörer Hans-Georg Hunstig aus – mit Verweis auf die Kandidatur auf das Bürgermeisteramt in Paderborn und die Forderung der AfD, den Integrationsrat abzuschaffen. &bdquo;Sie hetzen seit Jahren gegen Menschen aus anderen Ländern. Die fühlen sich von Ihnen in den Hintern getreten. Sie argumentieren an der Wirklichkeit in der Stadt vorbei. Und dann muss man sagen: Sie haben im Stadtrat nichts verloren.“

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