Paderborn als kreisfreie Stadt? Voraussetzungen sollen geprüft werden

Paderborn. Fast 134 Millionen Euro überweist die Stadt Paderborn im laufenden Jahr als Umlage an den Kreis Paderborn. Rund jeder fünfte Euro des städtischen Haushalts und nochmals knapp 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Für die SPD-Fraktion im Stadtrat stellt sich daher die Frage: Kann Paderborn eine kreisfreie Stadt sein? Die SPD beantragt in der Ratssitzung am 10. Juli die Prüfung der grundsätzlichen Voraussetzungen, ob Paderborn eine kreisfreie Stadt werden könnte. Die mögliche Höhe der Kreisumlage sei in den Haushaltsberatungen immer wieder ein beherrschendes Thema. &bdquo;Ich bin seit mehr als 20 Jahren Ratsmitglied und weiß, dass diese Frage jährlich in keiner Haushaltsberatung gefehlt hat“, sagt Fraktionschef Franz-Josef Henze. Um dieser Frage einmal auf den Grund zu gehen, möchten die Sozialdemokraten detaillierte Informationen zu grundsätzlichen und formalen Erfordernissen und Voraussetzungen, um als Stadt kreisfrei zu werden. Ebenso erbitten sie Informationen zu Vor- und Nachteilen für den Fall, dass ein Austritt aus der Kreisgemeinschaft grundsätzlich möglich sei, insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen. Auch die Landesregierung sei zu beteiligen. Stadtfinanzen für 2025: Paderborner Haushalt verabschiedet: Breites Bündnis erzielt Lösung Paderborner SPD geht es nur um Informationen &bdquo;Es gehe nur um einen Überblick und Informationen, nicht mehr und nicht weniger“, sagt Henze. Um einen Abgleich, welche Aufgaben Paderborn als kreisfreie Stadt zu leisten hat. Vielleicht könne dann auch die Kreisumlage anders bewertet werden. Auf die Idee gekommen ist Henze durch die Entscheidung der in etwa gleich großen Stadt Neuss, sagt er auf &bdquo;NW“-Anfrage. Die Prüfung, ob ein Ausstieg aus dem Rhein-Kreis Neuss rechtlich möglich ist, war vor Kurzem im Stadtrat beschlossen worden. Auf Anfrage nennt Diana Ramme, Sprecherin des Kreises Paderborn, die auf die Stadt Paderborn dann zukommenden Aufgaben: &bdquo;Eine kreisfreie Stadt müsste ein eigenes Gesundheitsamt aufbauen, ebenso eine untere Wasser- und Naturschutzbehörde mit Abfallentsorgung und -wirtschaft, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz, Naturschutz und Landschaftspflege, Immissionsschutz.“ Stadt Paderborn müsste viele Aufgaben übernehmen Weitere Aufgaben wären der Katastrophenschutz, Leitstelle und Rettungsdienst inklusive Aus- und Fortbildung der Feuerwehr, das Veterinärwesen mit Tierschutz und Lebensmittelüberwachung sowie im sozialen Bereich zum Beispiel das Schwerbehindertenrecht, so Ramme. Da die untere Schulaufsichtsbehörde den Kreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet ist, müsste die Stadt auch ein entsprechendes staatliches Schulamt errichten. Verkehr im Paderborner Land: Paderborner Streit über neues Bus-System spitzt sich zu Henze habe schon positive Rückmeldungen, dass er das Thema gesetzt und durch die SPD besetzt habe. Kritik gibt es jedoch aus den eigenen Reihen. Bei der SPD-Kreistagsfraktion stößt der Antrag auf wenig Gegenliebe. In den Augen ihrer Vorsitzenden Silke Kohaupt aus Marienloh wirft er ein schlechtes Licht auf die Partei im Kreis. Kohaupt sagt auf &bdquo;NW“-Anfrage: &bdquo;Er findet weder meine Zustimmung noch die der Fraktion. Es gibt bei uns kein Ansinnen, Kreis und Stadt voneinander zu trennen. Es wäre auch bei allen Projekten, die wir zusammen durchführen, nicht ansatzweise möglich.“ Paderborner CDU-Fraktionschef sieht auch den Punkt Gemeinschaft Skepsis dominiert auch bei der Paderborner CDU. &bdquo;Das muss man sich mal genau durch den Kopf gehen lassen“, sagt Fraktionschef Markus Mertens. Auch, ob man es überhaupt wolle. &bdquo;Im Moment sehe ich das abwartend kritisch. Das könnte an der ein oder anderen Stelle Vorteile haben, woanders aber auch Nachteile.“ Mertens gibt zu bedenken, &bdquo;dass man nicht nur auf die Kohle achten soll“. Es gäbe auch die psychologische Komponente. &bdquo;Ich sehe uns im Kreis als eine Gemeinschaft.“ Beispiele hierfür seien der Flughafen oder das Theater. Die Stadt profitiere auch von den Bürgerinnen und Bürgern aus dem Kreisgebiet. Sicher sei eine noch engere Zusammenarbeit mit den anderen Kommunen möglich. Aktuell zeige jedoch die Entwicklung des interkommunalen Gewerbe- und Industriegebiets mit der Gemeinde Borchen, dass es sehr gut klappe. Orts-Check Paderborn: Große &bdquo;NW“-Umfrage: Wie gut lebt es sich im Kreis Paderborn? Dem SPD-Vorschlag offen gegenüber steht Petra Tebbe, Sprecherin der Grünen-Fraktion im Stadtrat. &bdquo;Ich persönlich denke, dass man das prüfen kann. Ich finde es interessant, die Vor- und Nachteile genannt zu bekommen“, sagt sie. Landrat spricht von starkem Wir-Gefühl im Kreis Paderborn Es müsse aber auch geschaut werden, was das für die anderen Kommunen im Kreisgebiet bedeutet - und zwar im gemeinsamen Miteinander, so Tebbe. In einer Gesamtbewertung müsse man über das rein Finanzielle hinaus schauen - etwa mit Blick auf eine mögliche Schwächung anderer Kommunen. &bdquo;Stadt und Kreis Paderborn sind weit mehr als eine bloße Verwaltungseinheit – sie sind eine gewachsene, lebendige Gemeinschaft, die durch gegenseitige Unterstützung, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und gemeinsames Engagement geprägt ist“, erklärt Landrat Christoph Rüther. &bdquo;Als Landrat empfinde ich es als großen Verlust, wenn dieses starke Wir-Gefühl und diese bewährte Zusammenarbeit zerbrechen würden.“ Als Teil dieses Kreises könne eine Stadt viele Aufgaben effizienter und kostengünstiger erfüllen – etwa im Umweltbereich oder im Gesundheitswesen, so Rüther: &bdquo;Eine Trennung würde neben dem Miteinander auch funktionierende Strukturen und eingespielte Abläufe nachhaltig schwächen und durch zusätzlichen Personalbedarf eher zu Mehrkosten als zu Einsparungen führen. Außerdem haben wir in letzter Zeit wichtige gemeinsame Projekte angestoßen.“ Die Stadt Paderborn wird sich vor der Ratssitzung im Juli nicht äußern, erklärte Sprecherin Katharina Multhaupt auf Anfrage.

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