Der Kreis Paderborn hat Rücken: Jeder Dritte ist in ärztlicher Behandlung

Kreis Paderborn. Die Ausfalltage wegen Rückenbeschwerden sind im Kreis Paderborn gestiegen. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der AOK Nordwest hervor. Danach verursachten Rückenschmerzen im Jahr 2024 allein bei den Versicherten im Kreis Paderborn insgesamt 106.690 Fehltage - ein Plus von 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (97.769 Tage). &bdquo;Rückenbeschwerden gehören zu den größten Gesundheitsproblemen. Sie schränken die Lebensqualität vieler Menschen stark ein. Außerdem sind sie in erheblichem Umfang für medizinische und soziale Leistungen verantwortlich, verursachen enorme gesamtwirtschaftliche Kosten und belasten das Gesundheitssystem“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Matthias Wehmhöner. Etwa 103.300 Menschen im Kreis Paderborn sind derzeit wegen Rückenschmerzen in ärztlicher Behandlung, das entspricht 33,2 Prozent und damit ein Drittel der Bevölkerung. Auch Ulrich Polenz, Allgemeinmediziner und Chef der Kassenärztlichen Vereinigung im Hochstift, bestätigt diese Zahlen. Paderborner Experte: Schonung keine Lösung bei Rückenschmerzen Jan-Niklas Liedtke, Geschäftsleiter bei Osteomed, einem Physiotherapeuten-Verbund mit Standorten in Paderborn, erklärt, dass die Zahlen nicht ganz seinen Eindrücken entsprechen. &bdquo;So akut ist es nicht“, sagt Liedtke. Bei den Ursachen von Rückenschmerzen sind sich die Experten aber einig. Langes Sitzen in gleicher Position und andere ungünstige Arbeitsplatzverhältnisse sowie dauerhaft schwere körperliche Belastungen wie in pflegenden Berufen beanspruchen den Rücken massiv. &bdquo;Bei vielen Menschen ist der erste Reflex bei Rückenschmerzen, sich ins Bett zu legen und zu warten, bis es wieder besser wird“, sagt Wehmhöner. Eine derartige Schonung schwäche in vielen Fällen die Muskeln nur noch weiter und Patienten gerieten leicht in einen Teufelskreis aus Schmerz, Verspannung und Schonhaltung. &bdquo;Die Muskulatur passt sich der verminderten Leistung an“, sagt Polenz. Daher solle man präventiv handeln. Ansonsten könne die mangelnde Bewegung öfter zu Verkrampfungen und eingeklemmten Nerven führen. Inneren Schweinehund besiegen Zudem komme, dass circa ein Drittel der Bevölkerung mit Übergewicht zu kämpfen habe. &bdquo;2.000 Kilokalorien sollte man in der Woche schon verbrennen“, sagt Polenz. Mit einem einstündigen Spaziergang oder Gartenarbeit würde man bereits 400 Kilokalorien loswerden. &bdquo;Es muss nicht immer gleich Sport mit Turnschuhen sein“, sagt Polenz. Vielmehr seien Bewegung und die richtige Ernährung wichtig. &bdquo;Alle haben einen Schrittzähler auf ihrem Handy, aber laufen kaum mehr als 2.000 Schritte“, sagt Polenz. Er würde mindestens 6.000 bis 10.000 Schritte täglich empfehlen. Doch wo treten die Rückenschmerzen auf? Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der AOK hat ergeben, dass die Mehrheit der Betroffenen in Westfalen-Lippe unter Rückenschmerzen im unteren Rücken beziehungsweise in der Lendenwirbelsäule oder im Kreuzbein (78 Prozent) leidet. 54 Prozent haben Rückenschmerzen im Nackenbereich oder der Halswirbelsäule, 24 Prozent im mittleren Rücken oder der Brustwirbelsäule. Die Forsa-Umfrage zeigt das Dilemma bei der Umsetzung: Obwohl 75 Prozent der befragten Bürger in Westfalen-Lippe zumindest ab und zu unter Rückenschmerzen leiden, können 57 Prozent ihren inneren Schweinehund nicht überwinden, um sich für ihre Rückengesundheit regelmäßig zu bewegen. Ulrich Polenz hat diesbezüglich eine Weisheit: &bdquo;Die Regeln kennen wir alle, aber jeder denkt, er ist die Ausnahme.“ Wenn man im Blick habe, dass Rückenschmerzen jeden treffen können, dann falle es leichter, aktiv zu werden. So sind die Heilungsaussichten bei Rückenschmerzen Nur 41 Prozent der Befragten kümmern sich ihrer Meinung nach ausreichend um ihre Rückengesundheit. Bei 35 Prozent derjenigen, die dies nicht tun, scheitert es an der fehlenden Zeit. &bdquo;Die Gründe der Passivität sind vielseitig, aber mit Blick auf die Herausforderungen des Alltags auch ein Stück weit nachvollziehbar“, sagt Wehmhöner. Das sieht auch Polenz so: &bdquo;Nicht jeder, der Rückenschmerzen hat, hat was falsch gemacht.“ Viele Menschen hätten einen Beruf, der ihren Rücken belastet. Aber dann müsste dafür ein Ausgleich geschaffen werden. &bdquo;In der Regel treten die Schmerzen durch fehlende Rotation auf“, sagt Liedtke. Wer acht Stunden seinen Rücken belaste, brauche beinahe tägliche Übungen mit 50 bis 60 Wiederholungen. Helfen würden dabei Übungen, wie der Ameisentunnel (Rückenlage und Becken heben) oder die Kobra (Bauchlage und Oberkörper strecken). Ohne Training könnten Ausgleichshaltungen entstehen, die wiederum andere Körperbereiche belasten würden. Es gebe aber auch eine gute Nachricht für alle, die mit Rückenschmerzen kämpfen würden: &bdquo;In 90 Prozent der Fälle führt eine Behandlung dazu, dass es wieder gut werde“, sagt Polenz. Ein Besuch beim Hausarzt sei oft der erste richtige Schritt für eine Veränderung.

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