Selbstversuch mit Gütersloher Profiboxer: Das hilft im Kampf gegen Rückenschmerzen

Gütersloh. Mehr als 122.000 Menschen im Kreis Gütersloh leiden so stark unter Rückenschmerzen, dass sie sich deshalb in ärztliche Behandlung begeben müssen. Das geht aus einer Studie der Krankenkasse AOK Nordwest hervor. Auch die Zahl der Ausfalltage wegen Rückenbeschwerden hat sich zuletzt um mehr als sechs Prozent erhöht: Im Jahr 2024 waren es über 168.000 Tage, die Arbeitnehmer aus dem Kreis Gütersloh wegen Rückenproblemen verpassten. &bdquo;Rückenbeschwerden gehören zu den größten Gesundheitsproblemen. Sie schränken die Lebensqualität vieler Menschen stark ein“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Matthias Wehmhöner anlässlich des bundesweiten Tages der Rückengesundheit am 15. März. Er empfiehlt als effektive Präventionsmaßnahme regelmäßige körperliche Aktivität. Das hat &bdquo;NW“-Autor Matthias Reiprich zum Anlass genommen, selbst ein Rückentraining auszuprobieren. Damit die nötige Intensität gegeben ist, trainiert ihn an diesem Tag der Gütersloher Profiboxer David Kerkmann. Dem 40-Jährigen gehört unter anderem die Physiotherapie-Praxis &bdquo;PhysioMed+“ am Anemonenweg 16 in Gütersloh. Lesen Sie auch: Gütersloher Physiotherapeut boxt sich mit Rippenbruch zum Weltmeister-Titel So läuft das Rückentraining in Gütersloher Praxis Auf dem Weg zur Gütersloher Praxis komme ich ins Grübeln, ob ich mir das gut überlegt habe. Ich spiele selbst Fußball, bin sportlich und habe in meinen 34 Lebensjahren eher selten mit Rückenproblemen zu kämpfen gehabt. Aber ein Personal Training mit einem Profiboxer klingt nach einer absoluten Herausforderung. &bdquo;Wir simulieren heute ein Training, wie ich es mit unseren Patienten durchführe, die Rückenprobleme haben“, sagt Kerkmann. &bdquo;Du bist fit, aber du wirst an dein Limit kommen“, verspricht er mir. Ich realisiere, dass meine Sorgen berechtigt waren. An acht Geräten soll ich mich in drei Runden auspowern, bei einer Art Zirkeltraining. Bevor es losgeht, bekomme ich zunächst ein Armband. Das ist meine Eintrittskarte ins Training. Auf diesem werden digital meine Daten gespeichert, um individuelle Intensität zu ermöglichen. &bdquo;So können die Patienten, die regelmäßig zu uns kommen, direkt mit ihrer angepassten Belastung trainieren“, erklärt mir der Boxer. Denn anders als im Fitnessstudio, wo ich selbst entscheide, wann und mit welchem Gewicht ich meine Wunschübungen ausführe, erfolgt der Ablauf hier nach einem genauen Plan. Das Ziel: Rückenprävention oder Linderung der Rückenprobleme. &bdquo;Knapp 80 Prozent unserer Patienten kommen wegen Rückenbeschwerden“, sagt der 40-Jährige. 93-Jährige trainiert regelmäßig in Gütersloh Die Altersspanne in der Praxis ist dabei groß, auch junge Patienten im Alter von 16 Jahren sind laut dem Profiboxer schon von Rückenproblemen betroffen. &bdquo;Die Älteste ist Christiane, die kommt mit ihren 93 Jahren mit dem Rollator zum Training“, berichtet Kerkmann. Und wie es der Zufall will, betritt die Rentnerin auch heute die Räumlichkeiten, als ich in mein Training starte. An ihr könnten sich viele ein Beispiel nehmen, findet der Physiotherapeut, und auch ich habe großen Respekt vor der Leistung der 93-Jährigen. Dann beginnt mein Training mit einer entspannten ersten Runde. Neben Ausdauerübungen auf dem Fahrrad und dem Laufband stehen vor allem Rückenübungen wie der Latzug, das Rudergerät oder der Lateral-/Lumbaltrainer auf dem Programm. Weil beim Training alle Muskelpartien angesprochen werden sollen, runden Bein- und Brustpresse sowie ein Bauchtrainer das Zirkeltraining ab. Besonderen Gefallen finde ich zu Beginn der Einheit am modernen Clou der Geräte: In einer Art Spiel muss man durch die Ausführbewegungen innerhalb einer bestimmten Zone auf dem Display jeweils Bälle einsammeln, ohne vom Kurs abzukommen. &bdquo;So sorgen wir dafür, dass die Leute die Übungen richtig ausführen“, erklärt Kerkmann. Was zunächst nach einer Spielerei klingt, hilft mir wirklich. Schnelle Erfolge steigern die Motivation &bdquo;Das ist das erste Mal, dass die Ausführung sich bei mir richtig anfühlt“, stelle ich erstaunt fest. Schnell entwickle ich den passenden Ehrgeiz, die Übungen so perfekt wie möglich auszuführen. Ich will mich Runde für Runde steigern. Das freut meinen Personal Trainer und entsprechend passt er die Gewichtsbelastung an. &bdquo;Als Sportler schaffst du das ohne Probleme“, motiviert er mich und packt in der dritten und letzten Runde noch ein paar Kilo oben drauf. Und überschätzt damit meine Kraft. Meine Muskeln wehren sich gegen das höhere Gewicht und mein Körper realisiert, wie anstrengend das Training mittlerweile ist. Aufgeben ist für mich aber keine Option und so quäle ich mich mit letzter Kraft durch die dritte Runde. Das merkt auch Kerkmann: &bdquo;Die Runde tat weh, oder?“, fragt er mich, ohne sich ein Lächeln verkneifen zu können. Auf eine Antwort verzichte ich, um Luft zu sparen. Dann wartet der angenehme Teil des Trainings auf mich: &bdquo;Manuelle Therapie“ nennt der Gütersloher Experte es. Dabei kümmert er sich zunächst bei einer Art Massage um meine Muskeln und Gelenke. Mithilfe einiger Handgriffe und Mobilisationstechniken will er vor allem Bewegungsstörungen beseitigen und Verspannungen lösen. Als &bdquo;ziemlich verspannt“ bezeichnet er meinen Rückenbereich. Der Bürojob lässt grüßen. Sportliche Betätigung statt Altenheim Während ich im Anschluss für die bessere Durchblutung zunächst ein Kältegel aufgetragen bekomme und mich dann unter den Halogenstrahler lege, unterhalte ich mich mit Kerkmann. &bdquo;Fast jeder Mensch leidet irgendwann unter Rückenproblemen, spätestens im Rentenalter“, so der 40-Jährige. Besonders gefährdet seien vor allem Menschen, die jahrelang im Büro arbeiten. Lesen Sie auch: Neue Physiotherapie-Praxis: 26-Jähriger aus dem Kreis Gütersloh wagt mutigen Schritt Das wichtigste Argument für ein regelmäßiges Rückentraining ist aus seiner Sicht der Erhalt der Selbstständigkeit. &bdquo;Wer nichts für sich tut, dem fehlt irgendwann im Leben die Kraft für die einfachen Dinge. Und wer nicht mehr alleine aufs Klo gehen oder Essen zu sich nehmen kann, der landet dann im Altenheim“, sagt Kerkmann. Deshalb sei es wichtig, präventiv an seiner Gesundheit zu arbeiten, um vital und schmerzfrei zu bleiben. Und auch wenn ich weiß, dass mich der Muskelkater in den nächsten Tagen verfolgen wird, spüre ich schon jetzt, dass ich meinem Körper heute etwas Gutes getan habe.

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