Krise mit den Kreisen: Stadt Paderborn fühlt sich bei Plänen für ÖPNV benachteiligt

Paderborn. Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) im Hochstift soll, wenn es nach den Kreisen Paderborn und Höxter geht, umstrukturiert werden. Dafür wurde von den Kreisen ein Strukturgutachten in Auftrag gegeben, das bei der Stadt Paderborn, die mit dem Tochterunternehmen Padersprinter ebenfalls im Verkehrsverbund (VPH) beteiligt ist, für erhebliche Bedenken sorgt. Ein zweites Gutachten im Auftrag der Stadt wurde nun im Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität vorgestellt. Dabei wird betont, dass eine Umstrukturierung – je nach Ausgestaltung – für die Stadt und auch für Fahrgäste von Nachteil sein könnte. Warum eine Umstrukturierung des ÖPNV gewollt wird Aber von vorne: Warum wollen die Kreise den Busverkehr überhaupt umstrukturieren? Der Busverkehr in der Stadt Paderborn ist, wie Claudia Warnecke als Technische Beigeordnete erklärt, gemeinwohlfinanziert – trägt sich also nicht selbst und muss von der Stadt bezuschusst werden. Beim Busverkehr außerhalb der Stadt habe das bis vor Kurzem anders ausgesehen. Er habe sich selbst finanzieren können, doch nun gebe es eine Finanzierungslücke. Als Grund zählt Warnecke gestiegene Treibstoff- und Personalkosten sowie veränderte Fahrgastzahlen auf. Von einer Umstrukturierung des ÖPNV erhoffen sich die Beteiligten eine Kostenersparnis. Was das Gutachten der Kreise vorschlägt Das erste Gutachten, das im Auftrag der Kreise das bisherige ÖPNV-Konstrukt im Hochstift in den Blick nimmt, schlägt einen Umbau beziehungsweise eine Neuorganisation der bisherigen Verwaltungsstruktur vor. Die beiden Kreise würden die Aufgabenträgerschaft des ÖPNV – also die Zuständigkeit für den Verkehr in ihrem Gebiet – wieder selbst übernehmen. Bisher ist diese noch im Nahverkehrsverbunds Paderborn/Höxter (NPH) gebündelt. ÖPNV im Hochstift: Stadt Paderborn kritisiert geplante Umstrukturierung stark Außerdem sollen die Aufgaben von NPH, also die Planung, Organisation und Ausgestaltung des öffentlichen Nahverkehrs im Hochstift, und die des VPH, darunter etwa das Marketing, die Tarifpflege und die Aufteilung der Einnahmen aus dem gemeinsam Ticketverkauf, in einer neuen Verwaltungseinheit zusammengelegt werden. Wie das Gutachten der Stadt ausfällt Das zweite Gutachten nimmt nun gesondert die Folgen einer solchen Umstrukturierung für die Stadt Paderborn unter die Lupe. Aber was bedeutet das bisherige Gutachten nun für die Stadt und den Padersprinter? &bdquo;Die Rückholung der Aufgabenträgerschaft zurück zu den Kreisen ist durchaus nachvollziehbar“, erläutert Maren Weber, Beraterin der beauftragten Firma Ernst & Young (EY). Darauf habe die Stadt Paderborn auch rechtlich keinen Einfluss. Einer Umstrukturierung könne nichts entgegengesetzt werden. Was aber rechtlich-organisatorisch nicht nachvollzogen werden konnte, sei die Zusammenführung von NPH und VPH. Denn die Stadt Paderborn sei im VPH ebenso beteiligt wie die Kreise. Die Gutachterin vergleicht diesen Zusammenschluss mit einer Ehe. Wenn festgestellt wird, dass es Doppelstrukturen gibt, müsse man sich innerhalb der Ehe verständigen. Die Schlussfolgerung könne aus Sicht von Weber aber nicht sein, dass nur noch einer arbeite. Die gemeinsame Bewirtschaftung müsse auch weiterhin gemeinsam aufgeteilt werden – konkret geht es hier vor allem um die Einnahmen aus gemeinsamen Ticketverkäufen, die auch in Zukunft neutral unter allen Partnern aufgeteilt werden sollen. Werde man sich an dieser Stelle nicht einig, drohe die Scheidung und damit womöglich das Aus für einen gemeinsamen Hochstift-Tarif. Was der Stadt Paderborn droht Sollten der Kreis Paderborn und der Kreis Höxter weiterhin an einem Zusammenschluss von NPH und VPH festhalten, könnte es zum Aufbau von zwei Vermarktungsstellen kommen. Für die Kreise wäre dann der neue Zusammenschluss zuständig, die Stadt Paderborn würde herausfallen und müsste eigene Vertriebsstrukturen beim Padersprinter aufbauen. Was bei einer knappen Haushaltslage und auferlegtem Sparzwang die Stadt Paderborn weiteres Geld kosten könnte. Zudem sei dann ein gemeinsamer Tarif laut Gutachterin kaum noch denkbar. &bdquo;Im schlimmsten Fall würde das den Busverkehr im Hochstift 20 Jahre zurückkatapultieren“, warnt Weber. Was das für Fahrgäste bedeuten könnte Und auch für Fahrgäste hätte der Zusammenschluss von NPH und VPH laut Gutachten wohl Konsequenzen. Die Busfahrt von Bad Driburg zur Westernmauer in Paderborn und weiter zur Uni wäre dann nicht mehr bequem im vergünstigten Hochstift-Tarif möglich. Bei jedem Umstieg könne ein neues Ticket nötig werden, Preise würden demnach steigen. Das sagen die Fraktionen im Ausschuss &bdquo;Ich mag mir nicht vorstellen, dass künftig Busse in Marienloh, Sennelager oder Sande halten und Fahrgäste an der Stadtgrenze erst einmal umsteigen müssen, um in die Stadt zu gelangen“, sagt Robert Siemensmeyer von der CDU. Die vorgesehene Neuausrichtung des ÖPNV im Hochstift erschließe sich dem CDU-Politiker zwar nicht, er plädiere aber dafür, den Fachleuten etwas Zeit zu geben und sich als Politik zurückzunehmen. Stadtverwaltung und Padersprinter hätten hier sein Vertrauen. &bdquo;Die Komplexität ist nicht einfacher geworden“, resümiert Beate Röttger-Liepmann von der SPD. Sie regt an, ob nicht eine teilweise Neuorganisation im Rahmen des einst beschlossenen Stadt-Umland-Konzepts genauso die Probleme lösen könne. Bislang seien auch noch keinerlei Kosten für mögliche Maßnahmen und Änderungen benannt worden, kritisiert die Ratsfrau. Soweit sie wisse, gehe es für Paare bei einer Ehekrise eben erst auf die Couch zur Therapie. Zum Hintergrund: Gutachten der Stadt Paderborn macht Vorschläge für neue ÖPNV-Struktur Ein Gespräch befürwortet auch Florian Rittmeier von den Grünen. &bdquo;Das Gutachten bestätigt die Befürchtung, die wir hatten, dass das Ganze zu einem großen juristischen Problem führen wird“, meint er. Das Ziel müsse nun sein, nach vorne zu schauen und die Kuh vom Eis zu bekommen. Die Kreise müssten sich jetzt zum Vorschlag der Stadt verhalten. Wie es jetzt weitergeht Bevor es zur Scheidung kommt, will auch die Stadt Paderborn eine Therapie – beziehungsweise ein Gespräch – mit den Beteiligten suchen. Gemeinsam mit den jeweiligen Gutachtern und den Kreisen wolle die Stadt das Vorgehen noch einmal erläutern und abstimmen. Dabei schlägt die Stadt die Neugründung einer &bdquo;Regie-GmbH“ als Dienstleister der beiden Kreise und den Beibehalt der aus ihrer Sicht wettbewerbsneutralen VPH als getrennte Ebene vor.

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