Positive Bilanz: Ein Jahr medizinische Sprechstunde für Obdachlose in Paderborn

Paderborn. Ein Termin zur Sprechstunde beim Arzt, in der Regel kein Problem in Paderborn. Menschen in Obdachlosigkeit dagegen stehen im Zweifel vor großen Hürden. Seit einem Jahr gibt es für sie die offene Sprechstunde von &bdquo;Sento“ in den Räumen von KIM B2 am Busdorfwall. Mit sechs Medizinern und einem nicht-ärztlichen Mitarbeiter gestartet, sind inzwischen 13 Ärztinnen und Ärzte und ebenso viele Helfer involviert, berichtet Initiator Liborius Zacharias. Niederschwellig, ohne große Formalitäten für die Patienten, erklärt der Psychologe die Eckpunkte der Sprechstunde. Eine Krankenkassenkarte sei nicht notwendig, möchten Patientinnen oder Patienten ihren Namen nicht nennen, kein Thema. Was in normalen Arztpraxen ein No-Go wäre, ist in dieser Sprechstunde mittwochs zwischen 16 und 18 Uhr okay. Lesen Sie auch: Obdachlosigkeit wird in Paderborn zum immer größeren Problem Leichtere Erkrankungen werden vor Ort behandelt. Bei komplexeren Fällen gibt es einen Diagnosezettel, zur weiteren Behandlung im Krankenhaus. Bei akuten Notfällen werde der Notarzt alarmiert, auch das sei schon vorgekommen, berichten Zacharias, Mediziner Rolf Vogel und Sozialarbeiter Ben Schröder. Zwei Drittel der Patienten kommen inzwischen regelmäßig Die Kooperation mit KIM sei man schon mit einem Vertrauensvorschuss gestartet, inzwischen empfehlen die Menschen aus der Szene aufgrund ihrer positiven Erfahrungen die Sprechstunde auch weiter, blickt Liborius Zacharias auf die Entwicklung. Insgesamt 243 Behandlungen seien seit der ersten Sprechstunde erfolgt, 91 Patientinnen und Patienten behandelt worden. Nachdem zunächst nur gelegentlich Patienten regelmäßiger kämen, seien es nun fast zwei Drittel, die öfter vorbei schauten. Einer dieser Patienten ist Wladimir. Der 49-Jährige ist obdachlos, im Gefängnis saß er schon und er hat ein Drogenproblem. Eine hausärztliche Betreuung zu finden ist für ihn schwierig - aus verschiedenen Gründen. Auch in Krankenhäuser habe er schon schlechte Erfahrungen gesammelt, berichtet er. Lesen Sie auch: Projekt im Kreis Paderborn: Geld für Vermieter, wenn sie Wohnungslose aufnehmen Jahrelanger Heroinkonsum hat Wladimirs Gesundheit zugesetzt. Streckmittel in den Drogen schwächen das Immunsystem der Abhängigen zusätzlich, erklärt Ben Schröder. Zwar sei der 49-Jährige vom Heroin runter und er substituiere mit Methadon, doch mit den Folgen für seine Gesundheit hat er weiter zu kämpfen. Offene Beine, Abszesse - Erkrankungen, die eigentlich eine regelmäßige ärztliche Betreuung benötigen. Termine einzuhalten kann ein Problem sein Doch unter anderem das Einhalten von Terminen sei für die Klientel teilweise schwer zu bewältigen, führt Schröder auf. Immerhin nehme Wladimir nun seit einigen Wochen das niederschwellige Angebot der Sprechstunde an und die Wunden hätten sich durch die Behandlung gebessert. Früher habe Wladimir bei der Wundversorgung zu Toilettenpapier oder Damenbinden gegriffen, je nachdem was er gerade bekommen konnte. Lesen Sie auch: Obdach für wohnungslose Frauen: Wie eine Paderbornerin wieder ins Leben findet Atemwegserkrankungen, Schmerzen, Wundbehandlungen - die Erkrankungen der &bdquo;Sento“-Patienten lägen durchaus im normalen Spektrum einer Hausarztpraxis. Doch was in der Behandlung und Folgebehandlung normal sei, stelle Obdachlose oftmals vor Herausforderungen, gibt Rolf Vogel zu bedenken. Als Beispiel führt der Arzt den einfachen Rat, sich bei einem grippalen Infekt ins Bett zu legen und sich auszuruhen, an. Für Menschen, die auf der Straße leben, sind Rückzugsräume schlichtweg nicht vorhanden. Entsprechend seien die Krankheitsverläufe schwerwiegender.

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