Theaterinszenierung in Paderborn: Wie wird über sexuelle Gewalt gerichtet?

Paderborn. In Deutschland werden immer noch neun von zehn sexuellen Übergriffen nicht der Polizei gemeldet. Von den wenigen, die angezeigt werden, enden die meisten ohne Verurteilung. Ein enormes Problem und Grundlage einer Inszenierung im Theater Paderborn. Aber worum geht es? Tessa Jane Ensler, Protagonistin in der Handlung von &bdquo;Prima Facie“, verteidigt als Strafverteidigerin eben jene Menschen, die diese Vergewaltigungen begegnen – und ist damit ziemlich erfolgreich. &bdquo;Sie boxt Männer heraus, die sexuelle Vergehen begangen haben“, sagt die Dramaturgin Lena Kern. Auf den Seiten der Verteidigung argumentiert sie vor Gericht in Grabenkämpfen gegen die Staatsanwaltschaft sowie Polizei und nutzt den Spielraum der Gesetze. Sie urteilt nicht, sondern soll angeblich das Gesetz schützen und die Wahrheit aufdecken. Was bedeutet &bdquo;Prima facie“? Zugleich geht es in der Inszenierung um die Frage: Wie wird gesellschaftlich und juristisch sexuelle Gewalt verhandelt? Wer erhält im gegenwärtigen Rechtssystem Gehör, Glaubwürdigkeit und Schutz? Keine einfachen Fragen, die auf den ersten Blick auch nicht zur Protagonistin passen. Der Titel des Stücks klärt hier ein wenig auf. Der Begriff &bdquo;Prima facie“ ist ein juristischer Terminus, der sich aus dem Lateinischen mit &bdquo;dem ersten Anschein nach“ übersetzen lässt. Zuschauer sollten sich also nicht auf ihren ersten Eindruck verlassen. Und auch nicht ohne Grund wird sich hier der juristischen Fachsprache bedient. Denn das Drama ist das Werk der britisch-australischen Drehbuchautorin – und ehemaligen Strafverteidigerin – Suzie Miller. &bdquo;Prima Facie“ wurde bereits 2019 in Sydney uraufgeführt, fand seinen Weg ins Londoner Westend und nun auch nach Paderborn. Claudia Sutter wird als Einzige in Paderborn auf der Bühne stehen Tessa, gespielt von Claudia Sutter, erhält im Laufe der Handlung eine neue Rolle – wird von der Verteidigerin zum Opfer. Denn sie wird einem Kollegen vergewaltigt und muss sich dann durch ein von Männern geprägtes Justizsystem schlagen. &bdquo;Tessa kämpft dann mit dem Misstrauen ihres Umfelds und ihr Glaube an das juristische System bröckelt“, sagt Kern. Das Besondere an dem Stück: Es ist ein Monolog. Nur Claudia Sutter ist auf der Bühne zu sehen – das bedeutet jedoch nicht, dass nur endlose Selbstgespräche die Zuschauer erwarten werden. Es werden handelnde, lebende Personen gezeigt, die agieren und nicht nur sprechen. &bdquo;Das schafft eine Nähe und Direktheit“, sagt Regisseur Alexander Vaassen. Vaassen hat noch bis vor Kurzem studiert. Erst im 2023 hat er sein letztes Studiensemester absolviert. Der Übergang ins Theatergeschäft war für ihn jedoch fließend, sodass er bereits im vergangenen Jahr in den Beruf wechselte. Als er vom Theater Detmold das Regieangebot für &bdquo;Prima Facie“ erhielt, habe Vaassen sofort zugeschlagen, erzählt er. Hinter ihm und Sutter lägen sieben intensive Wochen mit Proben. Für ihn sei das Ganze ein &bdquo;Premiumstart“. Karten für die Premiere in Paderborn noch erhältlich Trotz des Monologformats verspricht Vaassen: &bdquo;Die Handlung hält einen immer an der Stange.“ Es werde wenig Vorwissen vorausgesetzt und es gebe keine didaktische Belehrung. Die Spielzeit betrage insgesamt 90 Minuten. Pausen gebe es nicht. Damit die Zuschauer die Thematik einordnen können, wird zusätzlich Auskunft angeboten. &bdquo;Über einen QR-Code kann eine digitale Materialmappe aufgerufen werden“, sagt Theaterpädagogin Nina Bosse. Besucher erhalten so per Smartphone-Scan im Theater verschiedene Informationsangebote über sexualisierte Gewalt. Dies schließt unter anderem mit ein, welche Folgen sexualisierte Gewalt für seine Opfer mit sich bringt, wo Hilfe gefunden werden kann und was eine Straftat im Allgemeinen überhaupt bedeutet. Die Premiere von &bdquo;Prima Facie“ ist am Samstag, 24. August, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Theaters Paderborn. Restkarten sind noch erhältlich. Tickets gibt es an der Theaterkasse am Neuen Platz, unter Tel. 05251 2881100 und per E-Mail an kartenservice@theater-paderborn.de.

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