Schockanrufe im Kreis Paderborn: Delbrücker Betrüger-Trio landet vor Gericht

Paderborn. Alte Menschen, die Opfer von Schockanrufen werden und auf Betrüger hereinfallen: In Polizeimeldungen geht es immer wieder um diese kriminelle Masche, die meistens in Wellen auftritt. Um gleich acht solcher Fälle geht es in einem Prozess, der am Landgericht Paderborn vor der 5. großen Jugendkammer verhandelt wird. Angeklagt ist ein Trio aus Delbrück. Die ihnen zur Last gelegten Fälle stammen aus der Zeit zwischen dem 16. Juni und 25. Juli 2022. Das Vorgehen war – mit kleineren Variationen – immer ähnlich. Aus einem Callcenter in der Türkei wurden im Kreis Paderborn Seniorinnen von vermeintlichen Mitarbeitenden ihrer Bank angerufen. Ihnen wurde gesagt, dass es auf dem Konto höhere Abbuchungen durch einen großen Internethändler gebe. Daher müsse man die EC-Karte samt PIN-Nummer überprüfen, weshalb jemand vorbei komme. Die Opfer wurden so lange in Telefonate verwickelt und laut Aussage von Zeuginnen mitunter so unter Druck gesetzt, bis sie die PIN herausgaben. Nahezu zeitgleich tauchte dann die abholende Person auf und nahm die EC-Karte mit, mit der es schnell zum nächsten Geldautomaten ging. In einigen Fällen wurde unter dem Vorwand, das vermeintliches Falschgeld im Umlauf sei, auch Bargeld mitgenommen, das kontrolliert werde. Delbrücker hat Kontakt zu früherem Häftling in der Türkei Die Angeklagten Dennis T. (18, zur Tatzeit 16), Stefan A. (19, zur Tatzeit 17) und Andreas D. (27, zur Tatzeit 25) hatten dabei verschiedene Aufgaben. Andreas D. hatte, wie er durch seinen Verteidiger Martin Mauntel sagen ließ, während eines früheren Gefängnisaufenthalts einen Mann kennengelernt, der später in die Türkei abgeschoben wurde. Der Kontakt bestand auch, nachdem D. wieder auf freiem Fuß war – und irgendwann kam ein Anruf. Es würden Personen benötigt, die infolge von Betrugsanrufen bei den Senioren die EC-Karten abholen und Geld abheben. D., über den auch die Kommunikation mit der Türkei lief, kannte Stefan A., der letztlich Dennis T. mit dem Abholen der EC-Karten beauftragte. Absprachen mit allen Dreien soll es nicht gegeben haben. Für Abholen (T.) und Kontaktieren (A.) habe es 50 bis 100 Euro gegeben. 20 bis 30 Prozent der Einnahmen von 1.000 bis 4.000 Euro je Fall gingen in die Türkei. Der Rest verblieb bei D. Dabei waren nicht in allen acht Fällen alle drei beteiligt. Opfer aus dem Kreis Paderborn bemerken Tat zu spät Vor einer von der Verteidigung gewünschten Besprechungspause sagten sowohl die Vorsitzende Richterin Nicole Klein als auch Oberstaatsanwalt Ralf Meyer, dass sie sich für Andreas D. eine Freiheitsstrafe von knapp unter drei Jahren vorstellen könnten, wenn er sich teilgeständig zeige und in der Verhandlung keine weiteren Vorwürfe dazukämen. Die beiden anderen Täter waren zum Zeitpunkt noch minderjährig. Alle legten Teilgeständnisse ab und entschuldigten sich bei ihren Opfern. Lesen Sie auch: Gefälschte WhatsApp-Nachrichten: Wie Sie sich schützen und Ihr Geld zurückbekommen &bdquo;Die haben mich kreuz und quer geredet. Ich kann bis heute nicht begreifen, dass ich darauf reingefallen bin“, sagte die betroffene Zeugin zum ersten Fall vom 16. Juni 2022, die heute 85 Jahre alt ist. Zwei Stunden habe das Telefonat gedauert und sie habe gar nicht nachdenken können. Als alles vorbei war, rief sie die Polizei an. Da waren 500 Euro an Bargeld und 2.000 Euro vom Konto weg. In der ersten Zeit danach habe sie sich unsicher gefühlt, das gehe aber wieder. Für zwei mittlerweile verstorbene Seniorinnen aus Hövelhof und Delbrück sagten ein ehemaliger Polizist und eine Polizistin aus, die vor zwei Jahren die Anzeigen aufgenommen hatten. &bdquo;In dem Moment, in dem das Geld weg ist, macht es Klick“, meinte ein weiterer als Zeuge geladener Polizist. Vorher seien die Betroffenen &bdquo;im Tunnel“. Paderbornerin gibt versehentlich falsche PIN an Die Menschen seien mit der Situation und den langen Gesprächen überfordert. Offenbar auch eine mittlerweile 82-Jährige aus Delbrück, die kurz nacheinander gar wiederholt Opfer dieser Betrugsmasche wurde. Auch sie verstehe nicht, warum sie das gemacht hat. Lesen Sie auch: Seniorin schildert Schockanruf: &bdquo;Habe jetzt Angst, wenn es an der Tür klingelt“ Etwas Glück im Unglück hatte eine heute 92-jährige Paderbornerin. Als sie von ihrer vermeintlichen Hausbank hörte, dass hohe Summen vom Konto abgebucht würden, haben sie &bdquo;einen Schreck bekommen“. Doch die Person am Telefon habe eine &bdquo;angenehme Stimme“ und sei &bdquo;recht nett“ gewesen. Und im Alter spreche man ja auch nicht mehr mit so vielen Menschen. 440 Euro gab sie als Bargeld mit. Ans Konto konnten die Betrüger nicht ran: Sie hatte bei der PIN einen Zahlendreher eingebaut. Als Gläubige gehe sie davon aus, dass der Versprecher gottgewollt sei. Dennoch sagt die Seniorin: &bdquo;Das kann man nicht so leicht wegstecken.“ Den Gerichtssaal wollte sie jedoch nicht verlassen, ohne zu erzählen, dass sie kürzlich eine Handtasche im Bus vergessen und sie Angst darum hatte, sie nicht wiederzubekommen. Bis einige Zeit später ein junger Mann bei ihr klingelte und sie ihr zurückgab. Die Verhandlung wird am Montag, 12. August, fortgesetzt.

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