"Es wird eng": Paderborns Karnevalsparade steht auf der Kippe

Herr Keck, Ihr Verein Hasi Palau ist im Januar 2023 endgültig aus dem Bund Westfälischer Karneval rausgeflogen. Der Grund: Sie haben ihre Parade im vergangenen Jahr nicht in der Saison, sondern erst nach Ostern veranstaltet - ein kompletter Bruch mit der Tradition. Bereuen Sie diese Entscheidung heute? Nein! Vielmehr sparen wir uns jetzt den 99 Euro teuren Jahresbeitrag. Also gar keine Reue? Ohne die Parade würde es uns heute gar nicht mehr geben. Corona hat uns doch sehr wehgetan. Wir standen vor der Frage: Entweder wir sind pleite und damit raus aus dem Bund oder wir ziehen das jetzt durch und sind raus, aber können dafür weitermachen. Da haben wir uns ganz klar für unseren Verein entschieden. Können Sie die Entscheidung trotzdem verstehen? Jein, was ich nicht verstehe, ist, dass man uns gesagt hat, dass es nicht so schlimm wäre, die Parade nach Aschermittwoch, aber vor Ostern zu machen. Jetzt stellen wir uns mal vor, ich mache im katholischen Paderborn mitten in der Fastenzeit eine Karnevalsparade. Das geht aus meiner Sicht noch weniger. Aber die Statuten sagen was anderes und wenn die meinen, dass sie ihre Statuten da so haarklein auslegen und keine Ausnahme genehmigen wollen, dann müssen sie halt ohne uns spielen. Wir vermissen den Bund nicht. Auch Bürgermeister Michael Dreier hatte sich damals eingeschaltet und aufgerufen, die Parade zu boykottieren, weil erst kurz vorher der Ukraine-Krieg begonnen hat. Wenn man sich die Bilder von dem Umzug so anschaut, haben sich die Bürger davon nicht beeinflussen lassen. Das Publikum hat unsere Parade gut angenommen. Sie sind gekommen, sind mitgelaufen und ich habe auch ukrainische Kinder gesehen, die mit hell erleuchteten Augen am Straßenrand standen und ein breites Grinsen im Gesicht hatten. Sie konnten für zwei Stunden einfach mal den Alltag vergessen. Allein dafür hat es sich gelohnt. Haben Sie trotzdem überlegt, aufgrund des Krieges den Umzug abzusagen? Die Gedanken haben wir uns natürlich gemacht, das ist ja klar. Und auch wenn ich mich da jetzt ins Fettnäpfchen setze, aber auf der ganzen Welt gibt es Krieg. Meines Erachtens war der Jugoslawien-Krieg näher. Und vom heutigen Standpunkt aus gesehen, haben wir alles richtig gemacht, da wir ja nicht so lange auf unser normales Leben verzichten können. Heute denkt keiner mehr an eine Absage aus diesem Grund. Waren Sie sauer auf Michael Dreier? Nein. Zwar hat seine Aussage dazu geführt, dass wir einige Absagen bekommen haben. Es fehlten beispielsweise die Heimatbühne und der Musikzug. Insgesamt mussten wir sieben Absagen verkraften. Aber wir haben uns darüber unterhalten und alles geklärt und damit ist die Sache auch vom Tisch. Es lässt sich nicht mehr ändern und unsere aktuellen Probleme sind weitaus schwieriger. Die da wären? Die Eigenbedarfskündigung unserer Wagenbauhalle. Wir suchen aktuell händeringend nach einer neuen Unterkunft, wo wir unsere Wagen, unser Wurf- und Baumaterial, aber auch unsere Schaufensterpuppen unterbringen können. Spätestens am 30. September müssen wir raus. Welche Voraussetzungen muss die Halle haben? Sie müsste ein Tor von mindestens vier Metern haben, mindestens 250 Quadratmeter groß sein und möglichst nicht auf dem platten Land. Zur allergrößten Not müssten wir uns was einfallen lassen. Aber den Worst Case, dass wir mit unseren Wagen im Regen stehen, haben wir zum Glück nicht. Vor welchen Problemen steht Ihr Verein noch? Wir wissen aktuell nicht, wo unsere Parade im kommenden Jahr lang führen wird. Die Stadt konnte uns noch keine Auskunft geben. Was wir wissen ist, dass wir auf jeden Fall nicht am Abdinghof vorbei können, weil dort Bauarbeiten stattfinden. Auch unser Zelt auf dem Franz-Stock-Platz fällt weg, was bedeutet, dass wir zwischen 2.000 und 2.500 Euro an Einnahmen verlieren. Wie wollen Sie das ausgleichen? Wir brauchen mindestens 12.000 Euro, um die Kosten für die Wagenbauhalle decken zu können. Das klappte bisher auch immer recht gut über Sponsoren, Getränke, Gastronomen, aber auch durch unsere Abschlussveranstaltung auf dem Maspernplatz, bei der wir den Eintritt bekommen. Aber 2024 wird es eng. In anderen Karnevalshochburgen werden häufig noch sogenannte Spendenfähnchen verkauft, das ist für die immer eine große und wichtige Einnahmequelle. Ist das bei Ihnen gar kein Thema? Da fehlt uns einfach die Man-Power. Wir haben 120 Mitglieder, von denen sich lediglich sechs bis acht aktiv an der Vereinsarbeit beteiligen. Natürlich haben wir in der Vergangenheit mit Vereinen gesprochen und Unterstützung angefragt, ihnen auch eine finanzielle Beteiligung angeboten, aber leider hat niemand Bock darauf. 2024 ist für Hasi Palau ein Jubiläumsjahr - die 20. Parade steht an. Können Sie sich trotz aller Probleme darauf freuen? Es hilft ja nichts, aber generell stehen die Vorzeichen gut. Prinz Robin, der erste Mümmelprinz, hat sich schon angekündigt. Wir werden die Session im November mit dem Küren eines neuen Prinzenpaares starten und am 10. Februar 2024 unsere Parade abhalten. Das ist ungewöhnlich früh... Die früheste Parade, die wir hatten, war mal am 3. Februar. Das ist nicht schön, weil wir dann nur wenige Wochen an Vorbereitung haben. Aber das kriegen wir hin. Wir sind froh, dass wir überhaupt noch Paraden organisieren können. Wenn die wegfallen würde, würde im Paderborner Kalender etwas fehlen - mehr als manche Menschen vielleicht denken würden.

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