Überraschende Einblicke in Paderborns schönste Fachwerkhäuser

Paderborn. Das viergeschossige Fachwerkensemble gehört neben dem Dom wohl mit zu den markantesten Gebäuden der Stadt. Seit über einem Jahr liegt die historische Außenfassade des Adam-und-Eva-Hauses sowie des Hauses Erzengel mit seinen kunstvollen Schnitzereien nun hinter einer dicken Bauplane. Das für die Sanierung zuständige Gebäudemanagement der Stadt (GMP) hat die NW auf eine exklusive Baustellenführung mitgenommen. Mit überraschenden Einblicken. "Wir greifen sehr intensiv in die Bausubstanz ein", erklärt GMP-Bauleiter Peter Schwientek gleich zu Beginn des Rundgangs. Dass dies nötig ist, damit nach der geplanten Fertigstellung im Frühjahr 2023 alles aus einem Guss ist, erkennt selbst der Laie. Die beiden untereinander verbundenen Gebäude sind schließlich über 400 Jahre alt und haben im Lauf der Zeit unterschiedlichste Nutzer mit unterschiedlichen Bedürfnissen gehabt. Im Laufe der Jahrhunderte fanden hier also diverse Umbauarbeiten und Sanierungen statt. So wie nach dem Brand im Jahr 1972, als Teile des Gebäudes komplett neu gebaut werden mussten. Ein Umstand, der nun von großem Nutzen ist. Denn hier gelten nicht die strengen Auflagen des Denkmalschutzes, erläutert Schwientek. Daher konnte in diesem Teil des Adam-und-Eva-Hauses nun ein Fahrstuhlschacht eingezogen werden. Barrierefreiheit auf 16 verschiedenen Ebenen Dieser ist nötig, um Barrierefreiheit für die künftig im Erdgeschoss und ersten Stock des Adam-und Eva-Hauses beheimatete Open Library der Stadtbibliothek sowie für die in den übrigen Geschossen untergebrachten Mitarbeiter der Bibliotheksverwaltung zu schaffen. Mit einem Fahrstuhl allein wäre es jedoch nicht getan. "Aufgrund des Alters und der langen Entwicklungsgeschichte der Gebäude gibt es insgesamt 16 verschiedene Ebenen. Das war ziemlich herausfordernd", sagt Schwientek. Allein im Dachgeschoss gibt es einen Raum mit drei Ebenen. Dort, wo diese im Rahmen der Sanierungen nicht eingeebnet werden können, sind daher Rampenlösungen nötig. Unter anderem für den historischen Gewölbekeller des Adam-und-Eva-Hauses, der aktuell als Baustellenkantine dient. Damit die Angestellten der Bibliothek ihre Arbeitsplätze im benachbarten Haus Erzengel ebenfalls barrierefrei erreichen können, wurden den bereits bestehenden Durchgängen zwischen den Häusern zwei weitere hinzugefügt. Um die insgesamt 31 Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig genügend Raum für einen Gastronomiebetrieb zu erhalten, waren im Haus Erzengel ebenfalls einige Eingriffe nötig: So lag die Küche des langjährigen gastronomischen Aushängeschildes Weinkrüger im ersten Stock. Diese wurde nun ins Erdgeschoss verlegt und die Toiletten dafür in den Keller gebaut. Neue Gastro: "Biergaststätte mit Kleinspeisen" Gehandicapte Gäste können die behindertengerechten Toiletten der Open Library nutzen, erklärt Schwientek. Wer die traditionsreichen Räume im Erzengel künftig bewirtschaften wird, will das GMP übrigens noch nicht verraten. Nur so viel: "Es wird eine Biergaststätte mit Kleinspeisen", sagt Jörg Münster, stellvertretender Leiter des stadteigenen Betriebs. Was er allerdings verrät, sind die voraussichtlichen Kosten der Sanierung: "Stand heute werden wir bei 4,6 Millionen Euro landen. Allerdings wissen wir nicht, was im nächsten halben Jahr noch auf dem Markt passiert." Sollte es bei dieser Summe bleiben, wäre Münster damit zufrieden, obwohl ursprünglich einmal 4,2 Millionen Euro angesetzt waren. Angesichts der aktuellen Preissteigerungen bei Baumaterialien seien knapp zehn Prozent mehr "absolut im Rahmen". In diesem Preis enthalten ist unter anderem auch eine gasunabhängige Heizungsanlage. Noch vor der aktuellen Gaspreiskrise entschloss sich die Stadt nämlich, hier und auch an anderen Stellen auf eine Wärmepumpe zu setzen. "Wir wollten den Standort nutzen und dafür die nah gelegene Pader anzapfen", sagt Schwientek. Der Clou: In den für heutige Verhältnisse verwinkelten Innenräumen werden keine Heizkörper zusätzlichen Platz wegnehmen. Eine sogenannte Wandheizung wird für Wärme sorgen. Im Sommer sorgen die Wände für Kühlung Dafür haben Handwerker in den vergangenen Wochen die sogenannten Gefache, also den Raum zwischen den Holzbalken des Fachwerks, komplett erneuert, gedämmt und dort eine Heizung eingebaut sowie das Ganze mit Lehmputz verkleidet. "Im Sommer können wir durch kaltes Wasser in den Wandheizungen die Temperatur in den Räumen außerdem um bis zu vier Grad senken", erklärt Schwientek. Die Verlegung der dafür nötigen Leitungen in Richtung Pader wird voraussichtlich in der kommenden Woche beginnen. Schwientek hofft, dass das Gebäude bis Mitte November komplett geschlossen werden kann, um dann so richtig mit dem Innenausbau beginnen zu können. Ebenfalls noch in diesem Jahr soll auch das namensgebende Element des Adam-und-Eva-Hauses restauriert werden. Die Darstellung von der Vertreibung aus dem Paradies und des Sündenfalls an der Fassade des Gebäudes werden vom Paderborner Restauratorenteam Böddeker & Schlichting überarbeitet. Damit die alten Gemäuer auch künftig mit zu den markantesten Gebäuden der Stadt gehören.

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