Droht ein Crash? Lieferengpässe und Personalmangel: Baubranche im Kreis Paderborn steht vor schwierigen Zeiten

Kreis Paderborn. Der Baubranche ging es in den vergangenen Jahren glänzend. Es mehren sich allerdings die Anzeichen, dass der Boom auch im Raum Paderborn vorbei sein könnte. Lieferschwierigkeiten und Fachkräftemangel bereiten den Unternehmen schon länger Probleme. Doch steigende Zinsen in Kombination mit hohen Baupreisen sorgen nun zusätzlich dafür, dass der Traum von den eigenen vier Wänden für immer weniger Menschen zu stemmen ist. "Das ist ein tödlicher Cocktail. Man merkt deutlich, dass der Boom vorbei ist", sagt Andreas Schulz. Er ist Geschäftsführer der in Altenbeken ansässigen Schulz Baugesellschaft und mit dieser in ganz Ostwestfalen tätig. Eines der größten Projekte der Firma war der Bau des Gütersloher Kaiserquartiers. Als Branchenkenner weiß Schulz, dass aktuell aufgrund der fehlenden Planungssicherheit überdurchschnittlich viele Bauprojekte auf Eis gelegt werden. Genau in dieses Bild passt auch die Verschiebung der Branchenmesse Paderbau von Ende dieses Monats auf Ende Februar nächsten Jahres. Der Kampf um Aufträge nimmt deutlich zu "In der Baubranche werden im Moment auf Grund von Lieferengpässen und Personalmangel ungewöhnlich viele Projekte storniert. Viele Paderbau-Aussteller binden aktuell aus diesem Grund ihre Kapazitäten für die Lösung dieser Probleme", begründet der Veranstalter die Verschiebung. Doch die Stornierung oder Verschiebung von Projekten ist nur eine Seite. Es fehlt auch an neuen Aufträgen. Mussten die Baufirmen noch bis vor Kurzem Anfragen ablehnen, konkurrieren sie plötzlich wieder um Aufträge. "Statt ein bis zwei Bewerber auf öffentliche Ausschreibungen im Rohbau-Bereich, gibt es nun wieder sieben, acht oder neun Angebote", berichtet Schulz. Zahlen des Statistischen Landesamts (IT NRW) bestätigen dies: Demnach sanken die Auftragseingänge im Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen im ersten Quartal um 18,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch der öffentliche Hochbau (-6,4 Prozent) sowie der gewerbliche und industrielle Hochbau (-1,6 Prozent) verzeichneten zwischen April und Juni Rückgänge, wenn auch nicht so stark. Nachfrage nach Bauplätzen spürbar gesunken Einzelne Städte und Gemeinden im Kreis Paderborn beobachten aktuell auch eine Abkühlung bei der Nachfrage von Baugrundstücken in den von ihnen vermarkteten Baugebieten. Noch geht dies nicht so weit, dass Käufer die bereits gekauften, aber noch nicht bebauten Grundstücke auffällig oft wieder zurückgeben würden. "Allerdings erleben wir beim Baugebiet Lerchenweg in Delbrück-Mitte mit über 70 städtischen Bauplätzen schon sehr deutlich, dass es sich viele Interessenten nicht (mehr) leisten können, einen Platz zu kaufen und zu bebauen. Diese Tendenz hat in den letzten Wochen leider deutlich zugenommen", teilt Heinz Börnemeier im Auftrag der Stadt Delbrück mit. Ähnlich sieht es in Büren aus. Auch hier sei die Rücknahme durch die Stadt von bereits vermarkteten Grundstücken bislang nur unwesentlich gestiegen. "Durchaus deutlicher zu erkennen ist, dass das Kaufinteresse an einem verbindlichen Erwerb eines Grundstücks im Stadtgebiet gesunken ist", sagt der städtische Wirtschaftsförderer Michael Kubat. So sei ein Rückgang um bis zu 35 Prozent zwischen dem Status "Interessent" (vor Bewerbungsverfahren) zu "Käufer" (nach Ratsentscheid beziehungsweise nach der Unterschrift) festzustellen. Bauunternehmer mit düsterer Prognose Für Andreas Schulz ist klar, dass es auf jeden Fall zu einer Bereinigung im Markt kommen wird. "Ich bin mir sicher, dass Unternehmen in Schwierigkeiten kommen werden", sagt er. Vor allem Kleinstunternehmen wären von der Entwicklung betroffen. Denn in der absoluten Boomphase hätten sich viele Meister oder erfahrene Arbeitskräfte selbstständig gemacht, um dann auf eigene Rechnung ausschließlich Ein- und Zweifamilienhäuser zu bauen. "Davon werden viele das nächste Jahr nicht überleben", prognostiziert Schulz, dass der Einbruch aufgrund der immer schwierigeren Finanzierung vor allem im Sektor der privaten Hausbauer eintritt. Große Wohnungsbauinvestoren oder die öffentliche Hand seien da naturgemäß besser aufgestellt. Entwicklung weg vom Käufer - hin zum Mietmarkt Daher konzentriert sich Schulz mit seiner Firma aktuell "verstärkt auf öffentliche Ausschreibungen". Außerdem würde eine Verschiebung hin zum Mietmarkt stattfinden. "Bisher werden Gebäude entwickelt und gebaut, um sie dann gewinnbringend zu verkaufen. In Zukunft werden die gebauten Wohnungen dann eher vermietet", erklärt Schulz. Von der Politik wünscht sich Schulz, der 45 Mitarbeiter beschäftigt, in der derzeitigen Lage auf jeden Fall verlässlichere Leitplanken. "Damit man weiß, in welche Richtung man als Unternehmer gehen soll." Denn, so seine Befürchtung: "Wenn man nicht aufpasst, wird das nicht nur eine Abkühlung eines boomenden Markts, sondern kann einen Riesencrash geben."

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