Nach Tornado: Wiederherstellung des Baumbestands dauert Generationen

Paderborn. Aus der Ferne sieht die Pappel noch ganz gut aus. Der genaue Blick, wofür es zwischen der Kleingartenanlage im Riemeke und dem Almepark einige Meter durch Brennnesseln geht, zeigt jedoch einen Riss. Dieser zieht sich durch weite Teile des Stammes - und ist tief. Schließlich verschwindet der Sondierstab des städtischen Baumkontrolleurs Max Mowat komplett im Baum. Seine Diagnose: "Das ist ein Totalschaden." Damit erhöht sich mal wieder die Zahl der Bäume, die der Tornado zerstört oder so beschädigt hat, dass sie gefällt werden müssen. Die Pappel und etliche weitere stark beschädigte Bäume bildeten im Vergleich zu anderen Stellen zwar nur einen zweitrangigen Bestand, sagt Mowat. "Doch das sieht hier schon verheerend aus." In der Kleingartenanlage gäbe es nur kleinere Schäden. "Wir haben darauf geachtet, dass dort auch gar nicht so große Bäume stehen." Hier im Westen Paderborns, wo der Tornado erstmals die Kernstadt getroffen hat, lässt sich zudem erkennen, dass der mächtige Wirbel nicht nur am Boden hin und her gesprungen ist. Dies sei auch in der Höhe so gewesen, sagt Mowat. Denn während eine Baumreihe an einem Almeausläufer stark beschädigt ist, gibt es am Wall östlich des Heinz-Nixdorf-Rings so gut wie keine Schäden. Die gleiche Beobachtung habe er am Dörener Weg gemacht. Unmittelbar nach dem Tornado waren Mowat und die drei weiteren städtischen Baumkontrolleure entlang der Tornado-Spur unterwegs. Jetzt sind sie erst einmal durch mit dem Zählen. Außer dem Sondierstab zählen der Schonhammer zum Abklopfen von Bäumen und das Fernglas, mit dem er die Kronen besser betrachten und etwa Pilzbefall erkennen kann, zu Mowats Ausrüstung. "Die können wir löschen" Um 1.000 bis 1.100 Bäume hat der Tornado den städtischen Bestand bisher dezimiert. "Die können wir aus dem Kataster löschen", sagt Mowat. Denn seit einiger Zeit wird jeder Stadtbaum erfasst. Im Kataster sind es, obwohl noch nicht alle gezählt sind, schon jetzt 250.000 Bäume - und das ohne den Stadtwald. Trotzdem wiegt der Verlust durch den Tornado schwer. Hat er mit dem Paderquellgebiet, dem Geißelschen Garten und den Riemekepark gleich drei grüne Oasen getroffen. Im noch gesperrten Geißelschen Garten ist vom ursprünglichen Baumbestand noch etwa ein Drittel übrig. "Diese Bäume können auch bleiben", sagt Mowat. "Die sind alle super vital." Da seien auch keine Grünastbrüche mehr zu erwarten. Der Rest fiel dem Tornado zum Opfer. Teils offensichtlich, wenn etwa der Baum komplett umgeknickt oder entwurzelt ist. Im Bereich der Pader sei man einerseits froh über die Befestigung der Wege. Zugleich fehle den Bäumen durch die Stein-Betonkanten der Halt, da sich die Wurzeln nicht frei ausbreiten können. Doch manchmal ist es nicht nur die Standfestigkeit, die den Ausschlag fürs Fällen gibt. Nicht nur die Standfestigkeit ist wichtig Während die Wurzeln für den Stand möglicherweise noch ausreichten, könne es sein, dass verletzte Feinwurzeln, die für die Nährstoffzufuhr elementar sind, den Ausschlag geben. "Manche Bäume schafften es vielleicht noch über eine gewisse Zeit, doch irgendwann würde der Baum absterben", so Mowat. "Ein Baum benötigt zwei Drittel bis drei Viertel der Feinwurzeln." Überall dort, wo Wurzeln angeschoben oder angerissen sind, so die Fachausdrücke, ertönt die Säge. Ganz entscheidend ist dabei die Verkehrssicherheit, die die Stadt gewährleisten muss. "Wir werden in den nächsten Wochen noch viele Grünastbrüche haben", ist sich der ausgebildete Forstwirt und zertifizierte Baumkontrolleur Mowat sicher. "Generell haben wir in Paderborn aber einen gesunden Baumbestand." In welcher Weise das Paderquellgebiet oder Geißelscher Garten neu bepflanzt werden, wird demnächst beraten. Es dauere jedoch mehrere Generationen, ehe der Baumbestand wieder hergestellt sei. Bei Ahornen seien es überschaubare etwa 40 Jahre, bei den anderen Arten jedoch 50 bis 200. Im Herbst wäre der nächstmögliche Zeitpunkt fürs Pflanzen, sagt Mowat. "Es könnte aber auch sein, dass man die Natur sich selbst überlässt."

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