Energie-Expertin: "Keine Rücklagen bedeuten ein echtes Problem"

Paderborn. Die Preise für Energie steigen weiter und weiter. Doch auch andere Faktoren begünstigen einen hohen Anstieg an Kosten für Strom und Gas - und gefährden so einige Verbraucher. Wo die Stolperfallen liegen und was Kunden jetzt tun können, weiß die Energierechtsberaterin Marita Schmidt-Voß von der Verbraucherzentrale Paderborn. Warum fällt die Rechnung höher aus? Bei Heizkosten sei ein wichtiger Faktor der kalte Winter im vergangenen Jahr. Viele Verbraucher mussten mehr heizen als in den Vorjahren - und wegen des Mehrverbrauchs sind Nachzahlungen zu erwarten, erklärt Schmidt-Voß. Das bringe &bdquo;eine Doppelung an Problemen“: Zusätzlich zur Nachzahlung richtet sich die Höhe der künftigen Abschläge nach dem Verbrauch des Vorjahres. Damit steigen auch die monatlichen Zahlungen - zusätzlich zu den höheren Preisen auf dem Markt.Bei der Stromrechnung werde die Problematik erst zukünftig sichtbar. &bdquo;Viele Versorger erhöhen die Strompreise, inzwischen habe ich schon Verträge mit mehr als einem Euro pro Kilowattstunde gesehen“, sagt Schmidt-Voß. Doch ein Wechsel gestalte sich schwierig: &bdquo;Viele Anbieter nehmen keine Neukunden mehr auf.“ Die Versorger, die noch Sonderverträge anbieten, seien aktuell meist sehr teuer. Wer ist besonders betroffen? Grundsätzlich trifft die Preiserhöhung alle Verbraucher, das sei auch spürbar. "Seit Ende letzten Jahres haben sich die Anfragen zu Energierecht verdoppelt", sagt die Beraterin der Verbraucherzentrale. "Das ist erst der Anfang", schätzt Schmidt-Voß, "denn die Rechnungen kommen meist im Laufe des Jahres, abhängig vom Datum des Vertragsbeginns." Bei Sozialleistungsempfängern übernehme das Jobcenter die Heizkosten. "Nachzahlungen sind hier nicht das dringende Problem", so die Expertin. Doch besonders schwer treffe es Geringverdiener, die an der Grenze zu Sozialleistungen stehen. Erst die Nachzahlung, dann der teurere Abschlag. "Wer keine Rücklagen bilden kann, bekommt ein echtes Problem", sagt Schmidt-Voß. Stromkosten übernimmt das Jobcenter allerdings nicht. Von der Teuerung seien Menschen, die Sozialleistungen beziehen, deutlich betroffen. "Schon 2018 hat der dafür vorgesehene Regelsatz den Abschlag nicht decken können." Die Regelsätze haben sich seitdem jedoch nicht geändert, so die Beraterin. "Hier lässt man Menschen sehenden Auges in Stromschulden hinein laufen."Wer nicht zahlen kann, dem drohen sogenannte Sperren, die vom Anbieter verhängt werden. Strom oder Gas werden dann einfach abgedreht. Schmidt-Voß wünsche sich daher, dass Anbieter aufgrund der angespannten Situation von Sperren absehen - insbesondere jetzt im Winter, wenn weiterhin geheizt werden muss. Zudem brauche es politische Maßnahmen, um die Situation zu entschärfen, so Schmidt-Voß. "Es trifft nämlich zuerst die Verbraucher, die es sich wortwörtlich nicht leisten können." Was können Verbraucher aktuell tun? &bdquo;Die Grundversorgung ist aktuell deutlich günstiger - wenn auch immer noch teurer als die meisten alten Verträge“, sagt die Expertin. Vereinzelte Anbieter bieten noch günstige Tarife an. &bdquo;Im Raum Paderborn gibt es mit Westfalenwind derzeit noch einen günstigen Stromanbieter“, so Schmidt-Voß. Grundsätzlich rate sie, die eigenen Verträge zu überprüfen. "Wichtige Fragen sind: Wie lange läuft mein Vertrag noch und zu welchen Konditionen?", so die Energieberaterin. Außerdem sei ein Überblick über den eigenen Verbrauch empfehlenswert. "Dafür muss regelmäßig der Zählerstand überprüft werden."Genauso wichtig sei es, zu schauen, ob und wo Energie eingespart werden kann. "Jede eingesparte Kilowattstunde ist Geld wert", sagt Schmidt-Voß. "Und sobald ich merke, ich gerate in eine Schieflage: möglichst schnell professionelle Hilfe in Anspruch nehmen."

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