"Zinnsoldat und Papiertänzerin": Ein Weihnachtsmärchen zum Nachdenken

Paderborn. Am Ende wird alles gut. Muss ja, sonst könnten der Spielzeugsoldat, der zwar aus Blei ist, aber trotzdem Zinnsoldat heißt, und die Papiertänzerin auch nicht ihre Geschichte erzählen. Eine Geschichte über das Ausgeschlossensein, das Anderssein und Todesangst, aber auch über Individualität, Nähe und Glück. Denn all dies ist "Der Zinnsoldat und die Papiertänzerin", das am Donnerstag im Studio des Paderborner Theaters Premiere hatte. Regisseurin Paulina Neukampf inszeniert das diesjährige Weihnachtsmärchen auf Basis einer freien Roland-Schimmelpfenning-Bearbeitung von Hans Christian Andersens &bdquo;Der standhafte Zinnsoldat". Zunächst läuft es im Stück des Jott, der Kinder- und Jugendsparte des Paderborner Theaters, nicht gut für den Zinnsoldaten (Kai Benno Vos), der als letztes gegossenes Exemplar einer ansonsten gleichförmigen Serie nur ein Bein hat, und für die Tänzerin (Johanna Graen), die zwar zwei Beine hat, aber eins angehoben hat, so dass sie einbeinig wirkt. Beide werden verschmäht vom Jungen, der sich über 24 komplette Soldaten freut, den einbeinigen aber blöd findet. Genauso wie die Tänzerin, mit der er immer gespielt hat, bis andere ihn damit aufziehen. So landet das ausrangierte Duo auf der Fensterbank und fällt heraus. Die federleichte Tänzerin treibt es in die Höhe, der schwere Soldat stürzt hinab - poetisch verbildlicht durch langsam zum Boden rieselndes Papierkonfetti und flotter niederfallende Silberfolienschnipsel. Davon geweht, begegnet sie einem Drachen, der frei sein und ohne Schnur fliegen möchte. Sie sieht erstmals einen blauen Himmel und eine graue Wolke. Dann wird sie von einer Elster geschnappt und muss deren 43 Junge mit einer Tanzshow bespaßen. Der Soldat landet in einem Papierboot in der Kanalisation und bekommt es mit einer Ratte zu tun, die seinen Pass sehen möchte, weil er in ihr Reich eindringt. Er entkommt in einen Fluss, wo sein durchweichtes Schiffchen zum Grund sinkt und er schon sein Ende sieht. Dann kommt ein Wels und frisst ihn, weil er so schön glänzt. Doch der Schein trügt, das Blinken ist hart und spitz. Vereint in der Küche Kurz darauf ist das Paar wieder vereint: Als die zarte Tänzerin aus dem Vogelnest geweht wird, landet sie in einer Küche, wo gerade ein Fisch fürs Essen vorbereitet wird und in dem ein Spielzeugsoldat zum Vorschein kommt. Die Köchin ruft das Kind des Hauses, jenen Jungen, der beide schon zu Beginn ignoriert hat und sagt, dass sie verbrannt werden sollen. Doch dann naht die an dieser Stelle nicht näher beschriebene wundersame Rettung. Kai Benno Vos und Johanna Graen präsentieren mit ihren Figuren unterschiedliche Facetten. Freud und Leid liegen dicht beieinander, ihr Spiel als Soldat und Tänzerin, als ergänzende Charaktere sowie als erläuternde und reflektierende Erzähler-Instanz erschafft in gut 50 Minuten ein stimmiges Stück fürs - nicht nur junge - Publikum. Schon mit der Einstimmung sorgen die beiden Darsteller für eine Nähe zum Publikum. Indem sie die Frisuren und Kleidung einzelner Kinder beschreiben, diese ansprechen und für eine lockere Stimmung sorgen. Anregung zum Nachdenken Neukampfs sowohl leichte als auch schwere Inszenierung ist zwar fürs junge Publikum, doch die Regisseurin weiß recht genau, was sie von diesem erwarten kann und verzichtet dankenswerterweise auf unnötige Albernheiten oder Überdeutlichkeit. Und scheint die Handlung an einigen Stellen vielleicht zunächst etwas unklar, so wird sie als Teil der Inszenierung im erforderlichen Maße erklärt. Ein Weihnachtsmärchen, das nicht alles ausspricht und zum Nachdenken anregt.

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