Warum es immer mehr Unfälle mit Pedelecs gibt

Paderborn. Die Anzahl der Elektrofahrräder steigt seit einigen Jahren rasant an und hat im vergangenen Jahr eine neue Rekordzahl erreicht. Fast zwei Millionen Fahrräder mit Elektromotor wurden in Deutschland laut Statista im Jahr 2020 verkauft. Seit 2010 hat sich deren Zahl damit verzehnfacht. Die wachsende Zahl an Pedelecs auf den Straßen macht sich auch in der Unfallstatistik im Kreis Paderborn bemerkbar. Während die Anzahl an Unfällen mit herkömmlichen Fahrrädern nach Angaben der Kreispolizeibehörde rückläufig ist, steigt die Zahl der Vorfälle mit Pedelecs an. "Zwischen Januar und Juli 2017 sind 28 Personen mit Pedelecs verunglückt, im gleichen Zeitraum 2021 waren es bereits 70", sagt Michael Biermann, Sprecher der Kreispolizeibehörde Paderborn. Die Zahl der Unfälle mit Fahrrädern ohne E-Antrieb sank dagegen von 207 auf 136. Auch zwei Todesfälle mit Elektrorädern musste die Polizei im Kreis Paderborn in diesem Jahr registrieren. Ende April starb ein 86-jähriger Pedelec-Fahrer nach der Kollision mit einem Lieferwagen, im Juni wurde eine 69-Jährige tödlich verletzt, als sie beim Kreuzen der bevorrechtigten L 814 von einem Auto erfasst wurde. Unfallursache sind oft individuelle Fehler Die große Mehrzahl der Unfälle mit Pedelecs werde allerdings durch individuelle Fehler verursacht, sagt Michael Biermann. "Das sind Alleinunfälle, bei denen der Fahrer oder die Fahrerin entweder beim Anfahren stürzt oder beim Bremsen über den Lenker geht, weil die Beschleunigung, beziehungsweise die Bremswirkung unterschätzt wird", erklärt der Polizeisprecher. Moderne Pedelecs seien sehr oft mit Scheibenbremsen ausgestattet, die besonders "scharf" bremsen. Zweithäufigste Unfallursache sei die Missachtung von Verkehrszeichen, vor allem was die Vorfahrtsregeln angehe. "Wir führen regelmäßige Kontrollen mit verschiedenen Schwerpunkten durch. Häufig stellen wir dabei bei Radfahrern Verstöße wie das Fahren auf Gehwegen oder entgegen der Fahrtrichtung fest. Ein Radfahrer braucht keinen Führerschein, aber er muss die Verkehrsregeln kennen", unterstreicht der Polizeisprecher. Senioren an Unfällen überdurchschnittlich oft beteiligt An 30 der bislang 70 Unfälle mit Pedelecs in diesem Jahr sind laut der Statistik der Kreispolizeibehörde Senioren über 65 Jahre beteiligt. "Das ist unsere Problemgruppe. Wir versuchen, mit entsprechender Präventionsarbeit diese Menschen zu erreichen, auch wenn wir selbst nicht regelmäßig Fahrtrainings anbieten können", erklärt Michael Biermann. Daher arbeite die Polizei in dieser Hinsicht auch mit Vereinen zusammen. Erst in der vergangenen Woche habe eine entsprechende Veranstaltung mit einem Verkehrssicherheitsberater der Polizei beim TV Bad Lippspringe stattgefunden. Geplant seien zudem zwei Veranstaltungen mit der Verkehrswacht Paderborn, die über einen ausgebildeten Pedelec-Trainer verfüge. Wer sich ein Pedelec zulegen will oder das bereits getan hat, dem rät Michael Biermann grundsätzlich, sich zunächst ausgiebig mit dem Gefährt vertraut zu machen. "Man sollte sich am besten in einem verkehrsgeschützten Bereich langsam herantasten und sich mit der Beschleunigung und der Bremswirkung zurechtfinden", empfiehlt Biermann und fügt hinzu: "Ich muss mein Fahrzeug beherrschen. Wer nicht mit einem normalen Rad zurechtkommt, kann auch nicht mit einem Pedelec fahren." Das Tragen eines Helms sei zwar nicht vorgeschrieben, jedoch dringend zu empfehlen. "Der Helm verhindert keinen Unfall, aber er schützt den Fahrer vor schweren Kopfverletzungen, daher sollte er immer getragen werden", betont der Polizeisprecher.

Meistgelesen