Paderborn Bekommt Paderborn eine türkische Partnerstadt?

Paderborn. Le Mans in Frankreich, Bolton in Großbritannien, Belleville in den USA, Pamplona in Spanien, Przemysl in Polen und Debrecen in Ungarn. Mehr Paderborner Partnerstädte soll es laut einem Ratsbeschluss zwar nicht geben, aber der Deutsch-Türkischen Gesellschaft (DTG) fehlt in dem Reigen noch eine Kommune in der Türkei. Und die Verbindungen zu Beylikdüzü, einer rund 365.000 Einwohner zählenden Küstenstadt in der Metropolregion Istanbul, werden immer enger. Rund 5.800 türkischstämmige Menschen, von denen gut 60 Prozent eingebürgert sind, leben in Paderborn. 60 Jahre ist es her, dass die ersten Gastarbeiter aus der Türkei angeworben wurden, weil in Deutschland Arbeitskräfte fehlten. Viele ihrer Kinder und Enkel sind hier inzwischen verwurzelt, absolvierten Berufsausbildungen oder studierten. "Für die türkische Community wäre diese Städtepartnerschaft sehr wichtig als Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung", ist Recep Alpan (47) überzeugt. Der Vize-Vorsitzende der DTG war als Neunjähriger nach Paderborn gekommen. Die Idee einer Städtepartnerschaft ist schon so alt wie die 2008 gegründete DTG, berichtet Vorstandsvorsitzender Wolfgang Weigel. Doch erst Anfang 2018 entstanden über einen Konsulatsmitarbeiter erste Kontakte nach Beylikdüzü. Das Interesse an dem Projekt wachse inzwischen unter Paderborner Kommunalpolitikern sowie bei der Verwaltung, so Weigel. Mehrere gegenseitige Besuche fanden bereits statt, 2020 reisten erstmals Vertreter von vier Ratsfraktionen nach Beylikdüzü. Regierungspartei im dortigen Stadtrat ist die sozialdemokratische CHP (Republikanische Volkspartei), die seit 2014 den Bürgermeister stellt. Zwei der vier Vertreter von Mehmet Murat Calik sind übrigens Frauen und sein Vorgänger Ekrem İmamoğlu ist inzwischen Oberbürgermeister von Istanbul, lebt in Beylikdüzu. Die DTG plant verschiedene gemeinsame Projekte, zum Beispiel eine Zusammenarbeit im Pflegebereich. Während in der Türkei viele junge Menschen nach ihrem vierjährigen Krankenpflege-Studium keinen Job finden, fehlen hierzulande Pflegefachkräfte. In Beylikdüzü sollen türkische Absolventen nun inklusiv Sprachkurs auf einen Berufseinstieg in Deutschland und den Niederlanden vorbereitet werden, berichtet Recep Alpan. "Ein Paderborner Bildungsträger hat bereits konkretes Interesse signalisiert", weiß Wolfgang Weigel. Flugverbindung nach Istanbul als Drehkreuz für Asien Außerdem strebt die DTG eine Erweiterung der Türkei-Flüge am Paderborner Airport an. "Unser Ziel ist eine Direktverbindung nach Istanbul", betont Recep Alpan. Die türkische 16-Millionen-Metropole stelle als Drehkreuz für Asien auch eine Chance für den Flughafen Paderborn-Lippstadt dar. Ebenso ausgebaut werden sollen wirtschaftliche Verbindungen, der kulturelle Austausch sowie schulische Kontakte zwischen Paderborn und Beylikdüzü. Das Ted Atakent College, eine Privatschule vom Kindergarten bis zur Highschool, und das Gymnasium Schloß Neuhaus haben bereits erste zarte Bande geknüpft. Aufgekeimte Kritik am Partnerschaftsprojekt angesichts des politischen Regimes in der Türkei weist Recep Alpan zurück. Es gehe nicht um eine Partnerschaft zwischen Regierungen, sondern zwischen zwei Städten. "Wir positionieren uns nicht politisch, sondern haben ein Fundament in der Zivilgesellschaft aufgebaut, das ausbaufähig ist", unterstreicht Wolfgang Weigel, der sich dem "Türkei-Bashing" entgegenstellen will. Bis auf die AfD würden alle Ratsfraktionen das Projekt positiv begleiten, so seine Einschätzung. "Wir bleiben hartnäckig", betont Alpan, der eine Städtepartnerschaft gern noch 2022 oder 2023 unter Dach und Fach bringen möchte. Eine Parkanlage soll nach Paderborn benannt werden Die Küstenstadt im europäischen Teil Istanbuls besitzt größten Containerhafen der Türkei sowie die größte Grünanlage der Metropolregion mit Radwegen, Theaterplätzen und Sportmöglichkeiten, die sich von der City über sieben Kilometer bis zur Küste erstreckt. Weitere Parkanlagen sind dort geplant, eine von ihnen soll nach Paderborn benannt werden. "Sie wird Paderborner Flair bekommen", freut sich Recep Alpan und denkt dabei beispielsweise an das Paderquellgebiet.

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