Zweiter Anlauf für Abstimmung über sachkundige Bürger in Paderborn

Paderborn. Hat sich der Wind gedreht, was die Entsendung von sachkundigen Bürgern in Gremien des Paderborner Stadtrats durch die Fraktion FBI Freie Wähler/Volt betrifft? Vor vier Wochen hatte der Haupt- und Finanzausschuss die Vorschläge mit großer Mehrheit abgelehnt, da sich darunter unter anderem fünf Mitarbeiter des Windkraft-Unternehmens Westfalenwind beziehungsweise einer Tochterfirma befanden. Hierdurch war in einer heftigen öffentlichen Diskussion der Vorwurf von Lobbyismus laut geworden. Außerdem wurde Volt und FBI vorgeworfen, eine rein technische Fraktion zu bilden, die keinerlei gemeinsamen Inhalte habe. Am kommenden Freitag, 26. März, geht die Vorschlagsliste von FBI/Volt - leicht geändert - ein zweites Mal in die Abstimmung. Dann sind zwei Szenarien möglich: Überwiegt weiterhin Kritik, dann bleibt Bürgermeister Michael Dreier nichts anderes übrig, als den Beschluss an den Landrat zu verweisen und unverzüglich die Entscheidung des Kreises Paderborn als Aufsichtsbehörde einzuholen. Sollte sich dagegen die Meinung gewandelt haben, dann kann die neue Vorschlagsliste, wie sonst grundsätzlich üblich, abgenickt werden. Carsten Venherm, zuständiger Dezernent der Stadt Paderborn, schlägt in seiner Beschlussvorlage für den kommenden Haupt- und Finanzausschuss vor, dem modifizierten Antrag von FBI/Volt zuzustimmen. Hüttemann rechnet mit Stimmenthaltung Fakt ist: Rein formell ist der von allen anderen Fraktionen außer den sich enthaltenden Grünen abgelehnte Antrag zur Umbesetzung von Gremien rechtmäßig gewesen. Deshalb hatte Dreier den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses gegen die Benennung sachkundiger Bürger offiziell beanstanden müssen. In einem Brief an die Ratsmitglieder erklärte er dazu: &bdquo;Mir ist natürlich sehr wohl bewusst, dass nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, auch moralisch vertretbar ist. Moralische Überlegungen lassen sich aber durch rechtliche Vorschriften nicht steuern". Allein aus rechtlichen Gründen sei er gehalten, den getroffenen Beschluss gemäß Paragraf 54 Gemeindeordnung NRW zu beanstanden. "Es werden bestimmt nicht alle Fraktionen ihr Stimmverhalten ändern", sagte FBI-Chef Hartmut Hüttemann auf NW-Anfrage. Die Chancen ständen für ihn bei 50:50. Hüttemann rechnet zudem mit Stimmenthaltungen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich alle Fraktionen weiter rechtswidrig verhalten." Der für den Bauausschuss vorgeschlagene Jan Lackmann, Sohn des Westfalenwind-Geschäftsführers Johannes Lackmann, werde bis zur Aufstellung der Flächennutzungsplanänderung sich aus den Beratungen heraus halten. "Ich hoffe, dass die Stimmung diesmal eine andere ist" Einer der fünf Namen taucht auf der modifizierten Liste nicht mehr auf: Sabine Regenbrecht, die von Volt als sachkundige Bürgerin für den Kulturausschuss vorgesehen war. Wie Verani Kartum von Volt sagte, habe sie sich aus persönlichen Gründen und aufgrund der vehementen Angriffe zurückgezogen. Für Johannes Lackmann, Sonya Harrison und Daniel Saage sei ein Rückzug kein Thema gewesen. "Ich hoffe, dass die Stimmung diesmal eine andere ist und dass viele Ratsmitglieder ihr Verhalten noch einmal überdacht haben", sagte Kartum. "Wenn es nach demokratischen und rechtlichen Grundsätzen zugeht, dann müsste das Ergebnis ein ganz anderes sein." Unterdessen appelliert laut einer Pressemitteilung Volt-Aussteiger Thomas Mertens an den Rat bei seiner ursprünglichen Entscheidung zu bleiben.

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