So positionieren sich Paderborns Delegierte zur Wahl des CDU-Vorsitzenden

Paderborn. Arbeitsplätze, Umwelt, Globalisierung, Migration, Digitalisierung - und natürlich das große Aufräumen der Corona-Krise. Welche politischen Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart den Vorzug bekommen, darüber entscheiden die Bürgerinnen und Bürger bei der Bundestagswahl am 26. September. Eine wichtige personelle Weiche dafür wird jetzt gerade gestellt: Mit der Wahl des neuen Vorsitzenden der CDU als Nachfolger für die glücklose Annegret Kramp-Karrenbauer am 16. Januar zeichnen 1.001 Delegierte zumindest einen möglichen Weg für eine Nachfolge von (Noch-)Bundeskanzlerin Angela Merkel vor. Darunter sind neun Delegierte aus dem Kreis Paderborn. Auch auf sie kommt es an. Im Fokus stehen drei Kandidaten: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet mit Bundesgsundheitsminister Jens Spahn als designiertem Vize, Friedrich Merz als Ex-CDU-Fraktionschef im Bundestag und 2018 knapp gescheiterter Kandidat für den Bundesvorsitz, sowie Norbert Röttgen, früherer Umwelt-Bundesminister und erfolgloser CDU-Spitzenkandidat im NRW-Wahlkampf 2012. Die Diskussion um den richtigen Mann war bereits im letzten Frühjahr heiß gelaufen, als sich etliche Parteigliederungen für den einen oder anderen aussprachen. Dann musste sie pausieren. Inzwischen sank der Stern von Armin Laschet, während der frühere Außenseiter Norbert Röttgen in Umfragen aufholte. Und dann schwebt über allem auch noch der Name des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder als ebenfalls möglicher Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Armin Laschet oder Friedrich Merz? Der Ausgang der wichtigen Wahl scheint indes völlig offen - wie schon beim letzten Mal im Dezember 2018. Auch für die Paderborner Delegierten. Unter dem Strich scheinen allerdings doch ein wenig mehr Sympathien für Armin Laschet feststellbar während Friedrich Merz an Zuspruch eingebüßt hat. Nur eines ist wohl jetzt schon klar: Norbert Röttgen ist für die Paderborner nicht erste Wahl. Zu tief sitzen die Wunden aus der Landtagswahl im Jahr 2012, die vor allem wegen der Irritationen durch den damaligen Spitzenkandidaten für die CDU verloren ging, so die einhellige Meinung. Doch jenseits von Empfehlungen oder auch Stimmungen der Basis sind die Delegierten bei ihrer geheimen Wahl grundsätzlich frei. "Dass sich alle aus dem Kreis auf einen Kandidaten festlegen würden, das gibt es nicht", sagt Carsten Linnemann, heimischer CDU-Bundestagsabgeordneter und nicht nur Delegierter, sondern als Bundesvorsitzender der Mittelstandsvereinigung diesmal auch Kandidat für einen Beisitz im Parteipräsdium. Er meint: "In den nächsten Tagen werden die Drähte aber noch glühen, die Kandidaten werden sicher noch auf viele Delegierte direkt zugehen." Die Meinungsbildung sei noch längst nicht abgeschlossen. So sieht das auch der Kreisvorsitzende Christoph Rüther. "Als Landrat habe ich mit Corona momentan genug um die Ohren als mir darüber schon abschließend Gedanken gemacht zu haben", sagt er und will sich die Reden der drei am Wahlparteitag entsprechend offen anhören. Natürlich schwinge auch die Kanzlerkandidatur im Hintergrund mit, aber zunächst mal gehe es um den richtigen Vorsitzenden. Junge Union zieht Merz vor "Was einzelne Mitglieder meinen, höre ich mir natürlich auch an und beziehe es in meine Entscheidung mit ein", sagt Moritz Pöppel, als Kreisvorsitzender der Jungen Union (JU). Aber letztlich sei er schließlich als Delegierter gewählt, um seine Entscheidung dann "nach bestem Wissen und Gewissen" selbstständig zu treffen. Er habe Präferenzen für Merz, sich aber noch nicht endgültig festgelegt. Es komme durchaus noch auf die Äußerungen in den nächsten Tagen an. Pöppel: "Allerdings erwarte ich, dass dabei keine kommunikativen Fehler gemacht werden". "Sowohl Merz als auch Laschet hätten beste Chancen als Kanzlerkandidat", ist auch Kevin Gniosdorz aus Bad Wünnenberg, der auch JU-Chef auf Bezirksebene ist, überzeugt. Auch wenn er sich noch nicht letztlich entschieden habe, traue er doch Friedrich Merz mehr zu, wenn es darum gehe, die neue Ära nach Angela Merkel zu prägen - wegen seiner Kompetenzen in Wirtschaftsfragen. "Und nicht obwohl, sondern weil er womöglich polarisiert und so Nichtwähler mobilisiert", so Gniosdorz. Laschet kommt auch für Mittelständler in Frage Ausdrücklich auf Friedrich Merz festgelegt hat sich schon Carsten Linnemann - entsprechend der Empfehlung der CDU-Mittelstandsvereinigung, die er auf Bundesebene leitet. Noch wichtiger als die Wahl (Linnemann: "Ich könnte mit jedem der drei als Vorsitzendem leben") ist für ihn aber die Einigkeit der Partei danach. Auch hier könnte Merz für Überraschungen sorgen, die man ihm bisher so nicht zutraute, glaubt Linnemann. Die Frage der Kanzlerkandidatur steht für ihn dann jedoch erst im April/Mai zur Entscheidung an. "Bis dahin sollte sich der neue Vorsitzende nämlich erst einmal bewähren", sagt der Paderborner. Will heißen: Bis dahin müssen seine Beliebtheitswerte zeigen, dass er auch die Bundestagswahl gewinnen kann. Neue Zweifel an Friedrich Merz, den er 2018 noch wählte, bekennt dagegen Ulrich Lange, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung im Kreis. Zukunftsfähigkeit sei für ihn das wichtigste Kriterium. Lange: "Und da gab es von Merz zuletzt zu viele Äußerungen, die nicht passten." Ihm gehe es wohl wie einigen in der Partei, die von keinem der drei Kandidaten vollauf begeistert seien. Jens Spahn wäre sein eigentlicher Favorit gewesen, sagt Lange. Doch der kandidiere ja nun leider nicht. Wen er letztlich wähle, wisse er tatsächlich jetzt noch nicht. Auf die letzten Statements kommt es an Bei Maria Junge wiederum, der Vorsitzenden der Frauenunion im Kreis und Chefin der Mittelstandsvereinigung in Bad Wünnenberg, schlägt das Pendel schon jetzt eindeutig in Richtung Armin Laschet. Nach der langen Ära Merkel komme es auf Integrationskraft an; und die beweise Laschet als NRW-Landeschef. Die Zeiten für Friedrich Merz und seine Rezepte seien vorbei. Ihre Kollegin Martina Gramlich, Vorsitzende der Paderborner Frauenunion, gibt dagegen zu, dass sie noch offen ist. Sie sagt: "Der Neue sollte auf jeden Fall alle Strömungen der Partei zusammenführen können. Ich warte aber tatsächlich noch alle Statements ab, und auch die Reden auf dem Parteitag können noch etwas bewirken." Ebenfalls in die Richtung von Armin Laschet tendieren die beiden Landtagsabgeordneten. Bernhard Hoppe-Biermeyer sagt: "Er ist der einzige von den dreien, der nicht an der Seitenlinie steht, sondern schon tief drin ist im politischen Geschehen." Auch Daniel Sieveke will sich die Reden auf dem Parteitag aber noch sehr genau anhören und auf Neues überprüfen. Er habe die lange Zeit im Vorfeld des Parteitags als oft nervig empfunden, dabei komme ihm nun in der Diskussion der Aspekt zu kurz, dass es sich immerhin um die wichtigste Personalentscheidung zum Ende der Ära Merkel handele. Auch hätten die wichtigen persönlichen Begegnungen im Vorfeld gefehlt. Tatsächlich sei die Sache für ihn sehr komplex. Sieveke: "Ich würde Armin Laschet gerne auch in Zukunft als Ministerpräsidenten in NRW sehen. Andererseits bin ich sicher, dass er auch ein guter Bundesvorsitzender wäre." Und damit prinzipiell auch ein guter Kanzlerkandidat.

Meistgelesen