Meinung

Zum Parteitag der CDU wachsen die Zweifel am Kurs von Friedrich Merz

Es droht kein Mannheim II für die Union. Aber Parteiaustritte zeigen, wie tief die Partei gespalten ist.

CDU-Chef Friedrich Merz am 31. Januar bei der Debatte um das "Zustrombegrenzungsgesetz". Merz' Asylgesetz erhielt im Bundestag in zweiter Lesung keine Mehrheit. | © Kay Nietfeld/dpa

Thomas Seim
02.02.2025 | 02.02.2025, 16:34

Eins hat CDU-Chef Friedrich Merz geschafft: Statt über sein Sofortprogramm mit einer Wende in der Wirtschafts- und Umweltpolitik, das er seine 1.001 Delegierten auf dem CDU-Parteitag nun verabschieden lässt, spricht ganz Deutschland ausschließlich über seinen Tabu-Bruch und seine vermeintliche oder tatsächliche inhaltliche Nähe zur rechtsextremen AfD und deren Migrationspolitik. Und das wird so bleiben. Schon am Wochenende beherrschten Demonstrationen gegen diese Durchlöcherung der Brandmauer zu den Rechtsradikalen die Republik. Für die nächsten drei Wochen bis zur Wahl sind fast täglich weitere Proteste geplant.

Die Union ist seit je stark ausgerichtet auf die Macht und Wahlsiege. Sie wird deshalb trotz dieser misslichen Lage auf ihrem Parteitag keine Stimmung zulassen, wie es die Sozialdemokraten vor etwa 30 Jahren auf einem Parteitag in Mannheim taten, und ihren Parteichef und Kanzlerkandidaten infrage stellen.

Die Zweifel aber wachsen, dass der konservative, ordoliberale Kurs den gewünschten Erfolg zeigt – und zwar nicht nur im Sozialflügel der Partei. Führende CDU-Köpfe bis in die Spitze der Partei – nicht nur Anhänger von Alt-Kanzlerin Merkel – sehen zwar einen Schaden für alle Parteien der Mitte. Vor allem aber sehen sie den eigenen Kandidaten beschädigt. Eine Bedrohung auf dem Parteitag indes – etwa durch eine Alternative aus den Ländern, wie sie NRW-Ministerpräsident Wüst bedeuten würde – gilt wegen der kurzen Zeit bis zur Wahl als ausgeschlossen.

Newsletter
Update zum Mittag
Top-News, täglich aus der Chefredaktion zusammengestellt.

Interview: Herr Merz, drohen Sie die Wähler der Mitte zu verlieren?

Im Osten der Republik verliert die CDU ihre Bindekraft

Kein Mannheim II für die CDU also. Allerdings zeigt nicht nur der Austritt des Publizisten Michel Friedman nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft, wie tief Merz’ Migrationsstrategie die Partei spaltet. Auch in Dortmund haben Mitglieder nach Jahrzehnten die Partei verlassen. Auf der anderen Seite verliert die Partei im Osten der Republik ihre Bindekraft. Nur schwer kann sie dort noch erklären, warum man im Bundestag auf AfD-Stimmen setzen darf, in ihren Landesparlamenten aber nicht.

Das wird nicht dadurch besser, dass Merz im Nachgang zu den Debatten der vergangenen Woche erklärt, er wolle seine Politik per Richtlinienkompetenz ohne Abstriche durchsetzen, wenn er als Kanzler gewählt ist. Ganz abgesehen davon, dass ein solches Regieren per Dekret, wie es US-Präsident Trump vorführt, in Deutschland unzulässig ist, taucht damit die Frage auf, warum mögliche Koalitionspartner der Mitte – also Grüne oder SPD oder gar beide – ihn dann zum Regierungschef wählen sollten. Übrig bliebe dafür dann nach allen bekannten Umfragen nur noch der rechtsextreme Flügel des Parlaments.

Das allerdings wäre eine Wende, die eine Mehrheit der Volkspartei CDU nicht mitgehen könnte. Auf keinem Parteitag nach der Wahl.

Liveticker zur Bundestagswahl