Daimler-Erpresser muss für acht Jahre und sechs Monate in Haft

Paderborn. Trotz seines jungen Lebensalters von 21 Jahren gibt sich Andreas O. (Name geändert) gern als ein Mensch, der stets alles unter Kontrolle hat. So agierte er im Frühjahr, als er fast drei Wochen lang die Polizei in Ost- und Südwestfalen mit seinem Versuch in Atem hielt, 250.000 Euro vom Mercedes-Konzern zu erpressen. Und so sitzt der Geseker, konfrontiert mit der Anklage &bdquo;versuchter Mord und versuchte besonders schwere räuberische Erpressung", auch ganz ruhig auf der Anklagebank des Schwurgerichts, legt ein detailliertes Geständnis ab, beantwortet bereitwillig sämtliche Fragen mit fast analytischer Genauigkeit. Doch als nach dreitägiger Verhandlung Oberstaatsanwalt Ralf Meyer eine Freiheitsstrafe fordert, die elf Jahre andauern soll, da sieht der junge Mann für eine paar kurze Momente doch sehr erschrocken aus. Wie berichtet, hatte der 21-Jährige in den frühen Morgenstunden des 28. April von einer Brücke, die sich bei Erwitte über die Autobahn erstreckt, eine Betonplatte auf einen Mercedes Sprinter geworfen und Anfang Mai in zwei auf einander folgenden Nächten wiederum schwere Steine auf jeweils leere Fahrbahnen der L 776 bei Salzkotten und der A 33 bei Hövelhof fallen lassen. "Russisches Roulette bei dem jeder Stein tödlich ist" Flankierend forderte er in E-Mails an Daimler und die Dortmunder Polizeidirektion eine Viertelmillion Euro, zu zahlen auf ein Bitcoin-Konto, und erhöhte, als der Konzern keine Zahlungsbereitschaft signalisierte, fortwährend den Druck. Andreas O. schrieb vom &bdquo;russischen Roulette, bei dem jeder Stein tödlich ist" und davon, dass die Steinwurfattacken zu einem täglichen Prozedere wie &bdquo;Zähneputzen" werden würden. 120 Beamte waren ihm auf den Fersen: In der virtuellen Welt suchten sie nach seinen Spuren, hatte der Geseker doch kenntnisreich seine Identität verschleiert, in der realen Welt fuhren sie nachts auf den Autobahnen Streife, sicherten Brücken und schickten sogar Hubschrauber los. Dieser Aufwand habe ihn schon sehr erschreckt, sagt Andreas O., kurz bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzieht. Zu Beginn dieses letzten Verhandlungstages hat der 21-Jährige erzählt, wie er, der behütet aufgewachsene junge Mann, der mit Drogen ebenso wenig am Hut hat wie mit Alkohol, der bis zum Schluss einen festen Freundeskreis pflegte und auf den Rückhalt seiner Eltern zählen konnte, zu einem Erpresser wurde. Gut möglich, dass er in seinem Bestreben nach Autonomie und Abgrenzung von seinen Eltern ganz allein mit seinen Schwierigkeiten fertig werden wollte, wie Gutachter Tilman Elliger sagt. Schulden durch die Selbstständigkeit Und die waren beträchtlich, denn mit seiner Selbstständigkeit im Bereich Online-Marketing hatte der Geseker nach anfänglichen Erfolgen zwischen 15.000 und 20.000 Euro Schulden beim Finanzamt angehäuft. &bdquo;Ich habe das verdrängt", sagt Andreas O. und erzählt, dass er seinen Eltern vorgaukelte, einen Job zu haben, um ihren Nachfragen und Ermahnungen zu entgehen. Irgendwann habe er die Idee gehabt, mithilfe krimineller Aktivitäten die Schulden auf einen Schlag loszuwerden. Im Internet stieß der 21-Jährige auf alte Erpresser-Fälle und damit seiner Meinung nach auf die rettende Idee. Doch eines beteuert Andreas O. immer wieder: &bdquo;Ich hatte niemals vor, jemanden zu verletzen oder zu töten." Richterin: Tod anderer Menschen billigend in Kauf genommen Worte, die auch die Richter unter dem Vorsitz von Tabea Rustemeyer hören, diese aber nicht von einem Schuldspruch abhalten können. Der Angeklagte habe den Tod anderer Menschen billigend in Kauf genommen, teilen sie die Ansicht von Oberstaatsanwalt Meyer. Sein Handeln am frühen Morgen des 28. April, also das Werfen der schweren Betonplatte von einer sieben Meter hohen Brücke auf ein recht rasch heranfahrendes Fahrzeug, die Flugbahn, die Dunkelheit – all das sei &bdquo;nicht beherrschbar" gewesen, sagt Richterin Rustemeyer. Und diese Gefährlichkeit sei Andreas O. bewusst gewesen. Dennoch hält das Gericht eine achteinhalbjährige Freiheitsstrafe für &bdquo;schuldangemessen und ausreichend". Es verweist vor allem auf das umfängliche Geständnis, das von &bdquo;Reue getragen" sei, aber auch auf den Täter-Opfer-Ausgleich, den Andreas O. schon vor der Verhandlung in die Wege geleitet hatte. 5.000 Euro hat er der jungen Frau, deren Leben er in Gefahr gebracht hatte, bereits gezahlt.

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