Impfzentrum im Kreis Paderborn: „Das wird ein Kraftakt“

Kreis Paderborn. Die Aussichten auf einen Impfstoff, der vor einer Corona-Infektion schützt, womöglich noch in diesem Jahr, werden immer konkreter. So konkret, dass aktuell die Planungen angestellt werden, wie die Impfung ablaufen kann. In NRW sollen Zentren in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt eingerichtet werden, mindestens 53 an der Zahl. Ein enormer organisatorischer Aufwand wird erwartet. Wie kann das im Kreis Paderborn gestemmt werden? Während der Kreis sich vor Abschluss der Planungen zu Details nicht äußern möchte, weist der Paderborner Arzt Ulrich Polenz, Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe im Kreis Paderborn, auf die großen Herausforderungen hin, die ein Impfzentrum mit sich bringen wird. Während die Kreise für die Zentren selbst zuständig seien, sei die Kassenärztliche Vereinigung für die Durchführung verantwortlich. "Das wird ein Kraftakt", erklärt Polenz. Denn: Ärzte und auch Medizinische Fachangestellte seien zurzeit ohnehin an der Kapazitätsgrenze. Für die Arbeit in den Zentren müssten die Mediziner im Zweifel ihre Praxen auch tageweise schließen. Pensionierte Kollegen und solche, die eigentlich halbtags arbeiten, könnten ebenfalls aushelfen – so wie im Frühjahr in den Testzentren. Polenz betont: "Das wird sicher kein Selbstläufer. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass es klappen wird." Um den Aufwand etwas zu entzerren, würde Polenz es begrüßen, wenn die Impfzentren ihre Arbeit erst nach dem 6. Januar aufnehmen könnten. Dann seien die Praxen nicht mehr so stark durch Grippeimpfungen und Erkältungskrankheiten belastet. Dennoch könnte man vorher an den Krankenhäusern starten und etwa die Mitarbeiter auf den Intensivstationen impfen. "Und auch die, die dann später im Impfzentrum vor Ort sind." Beratungsgespräche, Priorisierung und der richtige Ort Bevor die Arbeit losgehen kann, müssen aus Sicht des Allgemeinmediziners außerdem noch andere wichtige Entscheidungen getroffen werden. Mit jedem Patienten im Zentrum ein fünfminütiges Beratungsgespräch zu führen - das wären bis zu 96 pro Arzt und Tag, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn es wohl plant, sei ein enormer Aufwand. Anstelle dessen könnte eine Informationskampagne auf allen medialen Kanälen treten, sodass vor Ort höchstens Spezialfragen geklärt werden müssten. Des Weiteren müsse vorher geklärt sein, welche Gruppen in welcher Reihenfolge priorisiert werden - Ärzte, Pfleger, Risikogruppen und mehr - und wie sie sich ausweisen können. "Das kann nicht erst im Zentrum passieren." Zu möglichen Orten für das Zentrum im Kreis Paderborn möchte Polenz nicht spekulieren. "Dazu wissen wir derzeit noch zu wenig." Welcher Ort für ein Zentrum geeignet sei, hänge unter anderem auch davon ab, welcher Impfstoff es letztendlich werde. Beim Impfstoff von Biontech, der bei minus 70 Grad gekühlt werden muss, müsste Platz für die entsprechenden Kühlsysteme sein. Angeboten hatten sich zuletzt unter anderem die Jugendherbergen für eine alternative Nutzung, in Paderborn die Heiersburg sowie die Wewelsburg. Und eine gewisse Infrastruktur böten zumindest die einstigen Testzentren in der Alanbrooke-Kaserne und im Ahornsportpark. Wo genau das Impfzentrum letztlich einziehen könnte, entscheidet der Kreis. Auf Anfrage von nw.de heißt es dort: "Natürlich sind wir bereits mit den Planungen intensiv beschäftigt. Wir werden zeitnah darüber informieren, wenn die Planungen abgeschlossen sind."

Meistgelesen