Bluttat von Borchen: Gutachter schildern grausame Details des Tatortes

Paderborn. Als die Rettungskräfte am 22. September 2019 in Borchen das Schlafzimmer einer alten Dame betreten wollten, stand für sie sofort fest, dass dort Schlimmes geschehen sein musste. Ein lebloser Körper, zerstörte Nachttischlampen vor dem Bett, ebenso Scherben auf dem Fußboden - all das sprach Bände. Die angerückten Retter riefen sofort die Polizei, die sodann alles Notwendige unternahm - wie auch die Sicherung der vielen Spuren, um mithilfe ihrer Auswertung möglicherweise zur Klärung des Falles zu gelangen. Drei Gutachten, erstellt vom Landeskriminalamt, liegen dem Schwurgericht vor, die an diesem vierten Verhandlungstag verlesen werden. Jedes Stückchen der Lampemschirme, die zerbarsten, als sie auf den Kopf der Borchenerin geschlagen wurden, jede Fluse, die auf dem Leichnam, in seiner Umgebung feststellt wurde, haben Experten genau in Augenschein genommen. Keine Spuren in der Wohnung von Susanne O. Auch in der Wohnung, in der Susanne O. (alle Namen geändert) und ihr Mann lebten, haben sie nach Spuren gesucht. Doch vergebens: In keiner einzigen Schuhsohle fanden sich Glassplitter von den zerstörten Lampen, und woher die vielen schwarzen Fasern stammten, die sich am Tatort und auf der Leiche fanden, konnten die Experten auch nicht klären. Und so schreiten die Richter weiter fort in der Beweisaufnahme, während die Angeklagte Susanne O. immer noch schweigt zu dem Vorwurf, dass sie ihre Mutter aus Habgier getötet haben soll. Arzt soll doch nicht von Schweigepflicht entbunden werden Doch kaum ist das Gericht in die Vernehmung der Zeugen eingestiegen, macht sich auf der Richterbank Erstaunen breit. Nachdem der Arzt, der Susanne O., die bei einem von ihr verursachten schweren Unfall verletzt worden war, behandelte, seine Personalien genannt hat, setzen die Verteidiger der Befragung schon ein Ende. Die Schweigerechtsentbindung, die ihre Mandantin für den Mediziner erteilt habe, werde widerrufen, sagen Mario Prigge und Christian Kemperdick. Dass der Arzt somit vergebens aus Süddeutschland anreisen musste, sei die Konsequenz aus Aspekten, die sich erst kurzfristig ergeben hätten. &bdquo;Es gibt Dinge, die die Verteidigung heute noch nicht erklären kann", sagt Mario Prigge. &bdquo;Zu einem späteren Zeitpunkt" werde das Gericht erkennen, warum so plötzlich die erteilte Entbindung zurückgezogen und stattdessen ein Beweisantrag gestellt werden müsse. Und so müssen sich die Richter um den Vorsitzenden Eric Schülke mit der Vernehmung anderer Zeugen bescheiden. Nach Anhörung der Polizeibeamten, die Susanne O. einige Tage nach der Tat vernahmen, aber ist für die Verteidiger schon der Zeitpunkt gekommen, den angekündigten Beweisantrag zu stellen. Sie sind nämlich der Ansicht, dass die Angeklagte damals nicht vernehmungsfähig war. War Susanne O. nach dem Unfall vernehmungsfähig? Zur Erinnerung: Die 47-Jährige war an dem Morgen des 22.September 2019, also einige Stunden nach der Tat, zusammen mit ihrem Mann in den Urlaub gestartet. Kurz vor Nürnberg hatte Susanne O. erst ihren Wagen in ein vorausfahrendes Auto gesteuert und war anschließend in den Verkehr der Gegenfahrbahn gelaufen. Schwer verletzt lag sie danach in einem Nürnberger Krankenhaus - und wurde dort von Beamten vernommen, nachdem der Bruder ihres zwischenzeitlich wegen Mordverdachts festgenommene Ehemann auf ihre Spielsucht und die damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten hingewiesen hatte. Die Ergebnisse dieser Befragung am Krankenbett dürften in die Beweisaufnahme keinen Eingang finden, meinen Prigge und Kemperdick. Susanne O. habe in der Zeit unter starken Medikamenten gestanden und sei gar nicht vernehmungsfähig gewesen. Ihrer Ansicht nach muss dazu ein Toxikologe aus Düsseldorf gehört werden. Ob das Gericht diesem Antrag Folge leisten wird, will es erst an den kommenden Verhandlungstagen entscheiden. Dessen ungeachtet soll am Dienstag, 10. November, unter anderem ein Rechtsmediziner über die Umstände aufklären, unter denen die 76-Jährige ihr Leben verlor.

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