Kreis Paderborn

Unterwegs in ganz NRW: Wie günstig ist das neue Azubi-Ticket wirklich?

Der Preis des neuen Azubi-Tickets ist vielen trotzdem noch zu hoch

Mobilität ist wichtig: Kerstin Haarmann (Grüne Fraktion im nph) und Auszubildender Jonas Czaniera, der sein aktuelles Azubi Ticket zeigt. | © Cum Ratione

Kristina Grube
07.08.2019 | 08.08.2019, 16:26

Paderborn. Für Auszubildende gibt es ab sofort ein vergünstigtes Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr. Mit dem „Azubi Abo Westfalen" können Azubis für 62 Euro im Monat unbegrenzt im Westfalen-Tarif fahren.

Für einen Aufpreis von 20 Euro, also für 82 Euro, kann das Azubi-Ticket in ganz Nordrhein-Westfalen genutzt werden. Doch für viele der rund 7.100 Azubis im Kreis Paderborn dürfte das aktuelle Angebot noch immer zu teuer sein.

"Froh, dass ich bald knapp 100 Euro weniger zahlen muss"

Als Jonas Czaniera zum ersten Mal vom Azubi-Ticket gehört habe, sei er sehr dankbar gewesen. Der Auszubildende zum Veranstaltungskaufmann im ersten Lehrjahr wohnt in Salzkotten und muss für die Berufsschule nach Bielefeld pendeln. Das war bis jetzt eine sehr teure Angelegenheit von 187 Euro jeden Monat. „Ich bin froh, dass ich bald knapp 100 Euro weniger zahlen muss", erklärt er.

Das "Schul Azubi Monatsticket" kostete Jonas Czaniera bislang 187 Euro. Dafür konnte er von Salzkotten zur Berufsschule nach Bielefeld fahren. - © Cum Ratione
Das "Schul Azubi Monatsticket" kostete Jonas Czaniera bislang 187 Euro. Dafür konnte er von Salzkotten zur Berufsschule nach Bielefeld fahren. | © Cum Ratione

Trotzdem sei der Preis des Azubi-Tickets immer noch zu hoch, weil die Qualität im Nahverkehr nicht stimme. Zu oft käme es zu Verspätungen – bei der eigenen Verbindung oder weil der Zug öfter einmal stehen bliebe, um eine andere verspätete Bahn durchzulassen. Den Anschluss zum Bus habe Czaniera so verpasst, zur Berufsschule kam er oft zu spät.

Das Problem wurde so akut, dass er ein Dokument brauchte, das es ihm erlaubt, 15 Minuten später zu kommen. „Öffentliche Verkehrsmittel sollen die Zukunft sein, aber die Verbindungen sind einfach unattraktiv – gerade im ländlichen OWL", kritisiert Czaniera.

Semesterticket für Studenten ist deutlich günstiger

Auch sei der Preis des Azubi-Tickets nicht fair, vergleiche man ihn mit den Ticketpreisen für Studenten – der belaufe sich auf monatlich rund 34 Euro für ganz NRW. Kerstin Haarmann von der Grünen-Fraktion im Nahverkehrbund Paderborn-Höxter (nph) hätte sich darum auch gewünscht, dass bis zum Start des Tickets der Preis noch einmal angepasst werde.

Auch Armin Wiese, Geschäftsführer der NGG Detmold-Paderborn, sieht hier ein großes Problem. „Bei dem Preis muss ein Azubi schon genau rechnen, ob er sich das leisten kann. Ein angehender Koch verdient im ersten Lehrjahr 750 Euro pro Monat", erklärt Wiese. Zu Zeiten des Fachkräftemangels sei es besonders wichtig, den Standort für Azubis attraktiv zu gestalten. Und da müsse der Weg zur Arbeit und der Berufsschule, aber auch in die Stadt und zu Verwandten oder Freunden finanzierbar sein.

Dass das Azubi-Ticket überhaupt erst von den Verkehrsverbünden angeboten wird, liegt daran, dass die Landesregierung dieses bezuschusst – 2 Millionen Euro gibt es für das Jahr 2019, für 2020 seien 4,9 Millionen Euro Fördermittel eingeplant. Der jetzige Preis sei das bestmögliche Angebot, das für den Westfalen-Tarif gemacht werden könne, sagt Ui Beele, Presseleiter des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe.

16.000 Ausbildungsbetriebe in OWL

Das Ticket sei nicht nur auf den Eigenerwerb ausgelegt, erklärt Beele. Auch Arbeitgeber oder Dachverbände könnten die Kosten für das Abo ihres Auszubildenden freiwillig übernehmen.

Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, gibt zu bedenken: „Ein Lehrling kostet einen Ausbildungsbetrieb rund 15.000 Euro im Jahr. Zur Ausbildungsvergütung, den Sozialabgaben und anderen Ausgaben kommt das Ticket oben drauf." Auch er sieht eine Ungleichbehandlung zwischen Studenten und einer beruflichen oder dualen Ausbildung. Hier eine Lobby wie bei den Studenten zu organisieren, sei schwierig bei 16.000 Ausbildungsbetrieben in OWL.

Und so müssen sich die Azubis vorerst mit dem aktuellen Azubi-Ticket zufrieden geben. Ab dem nächsten Monat wird es auch Azubi Jonas Czaniera nutzen. Denn was er erst jetzt weiß: Er hätte das Ticket bis Mitte Juli bestellen müssen. Sein übliches Ticket kostet ihn jetzt daher noch einmal 191 Euro – der Preis wurde diesen Monat erhöht.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Nur ein erster Schritt

Die Einführung eines vergünstigten Azubi-Tickets war schon lange überfällig. Wie gut, dass es jetzt in zwei Varianten auf den Weg gebracht wurde – eines für einen Verkehrsverbund in NRW für 62 Euro und eines für ganz NRW für 82 Euro im Monat. Ein Schritt in die richtige Richtung. Aber eben auch nur ein Schritt.

Denn junge Menschen in der Ausbildung sollten für den Start ins Berufsleben die gleichen Rahmenbedingungen vorfinden. Und dazu gehört auch das Thema Mobilität. Während Studenten für circa 34 Euro monatlich ganz NRW bereisen können, müssen Auszubildende dafür noch immer mehr als das Doppelte von dem meist sehr knappen Gehalt berappen. Dass viele Auszubildende nun das Gefühl haben, abgezockt zu werden, ist nur allzu gut nachvollziehbar. Vor allem, wenn man sich nicht auf eine pünktliche Ankunft verlassen kann oder zu bestimmten Tageszeiten und im ländlichen Raum mitunter gar keine Möglichkeiten auffindet.

Damit macht man den jungen Menschen eine Ausbildung fernab der Universität nicht gerade schmackhaft. Dabei haben wir nun wirklich keinen Mangel an Studenten in Deutschland. Im Gegenteil: Wir brauchen qualifizierte Fachkräfte mit einer dualen, außerbetrieblichen oder betrieblich-schulischen Ausbildung. Vor allem im Pflege- und Gesundheitssektor, schaut man sich die demografische Entwicklung an.

Eine Ausbildung muss wieder attraktiv werden – und das eben auch durch einen funktionierenden, bezahlbaren Nahverkehr. Da freut sich dann übrigens auch die Umwelt drüber.

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