Eigenes Fest: Wohnungslose fühlen sich bei Libori nicht willkommen

Paderborn. Die Stadt feiert Libori - mit Riesenrad und Autoscooter, mit kühlem Bier und heißen Snacks, mit Pottmarkt und Heiligenverehrung. Krzysztof Mazur (Name geändert) geht am Mittwoch nicht zum Liboriberg, sondern zur Herz-Jesu-Kirche. Dort, im Schatten des Gotteshauses, hat der SKM, der katholische Verein für soziale Dienste, einen eigenen Libori-Tag aufgebaut. Mit Glücksrad, Nudelsalat und Bierzeltgarnitur. Dort feiern die Wohnungslosen. "Mit Menschen, mit denen man seine Geschichte teilen kann, fühlt man sich besser aufgehoben", erklärt der 47-Jährige. Obdachlose seien auf Libori nicht willkommen Der Heilige Liborius sei ein Mensch gewesen, der verbindet, sagt Arne Esch-Hagen vom SKM: "Und deshalb sollte es unser Auftrag sein, Menschen ohne Heimat mit einzubeziehen", findet er. Wohnungslose seien bei Libori jedoch nicht willkommen. "Ihre Armut und ihr Ungepflegtsein stoßen ab", meint der Sozialarbeiter. Die Stadt rühme sich ihres Patrons, sei "christlich bis zum Anschlag", aber nicht alle hätten Zugang zum Fest. "Der Dom ist für jeden offen, klar, aber wenn einer der Wohnungslosen in den Dom ginge, wären sofort zwei Domwächter da", kritisiert Esch-Hagen. "Deshalb haben wir gesagt, wir müssen mit unserem Libori-Tag nah dran an das Liborifest, und hier sind wir am Tor zur Innenstadt und zu Libori." In Paderborn leben 300 Wohnungslose Der SKM ist eine von mehreren Initiativen, die sich in Paderborn um Obdach- und Wohnungslose kümmert. SKM-Geschäftsführer Joachim Veenhof schätzt, dass 50 Menschen in Paderborn auf der Straße leben. 300 weitere hätten zwar Unterkunft, aber keinen Mietvertrag, seien also wohnungslos. Vom Staat bekämen die Menschen Arbeitslosengeld II, ausgezahlt in Tagessätzen. "Für uns ist das eine Riesenchance, weil wir die Menschen so täglich sehen", sagt Esch-Hagen. Zum Libori-Tag sind einige gekommen, darunter zwei ehemalige Arbeiter eines Fleischwarenherstellers aus OWL. Ihnen sei gekündigt worden, sagt Esch-Hagen, sie säßen nun in Paderborn fest. Ihnen würde der Lohn nicht ausgezahlt und so könnten sie nicht in ihre Heimat in Litauen zurückkehren. Eine ausgezehrte blonde Frau fragt nach ein wenig Kleingeld. Das Mittagessen, das der SKM anbietet, schlägt sie aus. Arne Esch-Hagen kennt sie alle. Die Menschen sind seine Klientel. Die, die in Paderborn keine Anlaufstelle haben, kommen auch nicht zum Libori-Tag. "Ich bin Invalide und habe Schmerzen" Früher hatte Krzysztof Vorbehalte gegenüber Obdachlosen. Das war, bevor er selbst in Not geriet. Deshalb fiel es ihm nicht leicht, um Hilfe zu bitten, als er sich vor rund zehn Jahren bei einem Sturz auf der Baustelle das Genick brach. "Wer normal gelebt hat, gearbeitet hat, keine Drogen genommen hat, für den ist es schwer, zu solchen Leuten dazuzugehören", sagt er. Weil der Unfall in einem "arbeitsrechtlichen Graubereich" geschah, fühlte sich die Berufsgenossenschaft für den gebürtigen Polen zuständig. "Niemand hat mir geglaubt und ich war allein." Krzysztof Mazur kam es damals vor, als würde er immer tiefer in einen Strudel gesogen. Er hatte kein Geld. "Klauen gehen konnte ich nicht, ich bin christlich erzogen worden, also habe ich Flaschen gesammelt." Drei Monate lebte der gelernte Glasmaler von dem Plastik, das andere wegwarfen. Dann überwand er sich und fand beim SKM eine Anlaufstelle. Arbeiten kann er heute immer noch nicht. "Ich bin Invalide und habe Schmerzen." Wohnungslos ist er mittlerweile nicht mehr. Trotzdem geht er zum Libori-Tag des SKM. "Er ist einsam", erklärt Esch-Hagen. Krzysztof könne jetzt über Libori schlendern und würde gar nicht auffallen. Niemand würde ihn bemerken und niemand würde mit ihm reden. Eigentlich, meint Arne Esch-Hagen, wäre "heimatlos" ein passenderes Wort als "wohnungslos".

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