Paderborn. Bei der jährliche Matinée der „Theaterfreunde Paderborn" im großen Haus verlieht der Förderverein zum dritten Mal zwei Preise an Mitglieder des Ensembles. Tim Tölke erhielt den Jurypreis in Anerkennung seiner schauspielerischen Leistungen („Andi" in Andorra, John Belushi in „Blues Brothers", Eilif in „Mutter Courage" und andere). David Lukowczyk bekam bereits zum zweiten Male den Publikumspreis. Beide Preise sind verbunden mit einem Preisgeld von 1.000 Euro und einer Glas-Stele der Glasmalerei Peters. Festredner war Oliver Reese, ehemaliger Paderborner und heutiger Intendant des Berliner Ensembles.
Im Jahresrückblick erinnerte der Vorsitzende der Theaterfreunde, Rainer Rings, an den plötzlichen Tod von Schauspieler Willi Hagemeier, der 30 Jahre lang das Gesicht des Theaters Paderborn geprägt habe.
Rings, Landrat Manfred Müller, der stellvertretende Bürgermeister Dietrich Hohnervogt, Intendantin Katharina Kreuzhage blickten auf ein Kulturjahr mit Tiefen und Höhen zurück. Von vielen Seiten wurde erneut der Neubau des Theaters hervorgehoben, womit sich Paderborn als „Kulturstadt" einen Namen gemacht habe. Auch die Unterstützung 2018 von Kreis, Stadt und den Theaterfreunden bei dem „plötzlichen" Finanzloch des Theaters von 950.000 Euro, wurde als wichtiger Schulterschluss gewertet. Katharina Kreuzhage erinnerte an die Klage der AFD gegen sie, Anlass war eine Grafik im Programmheft.
Dank für die Rückendeckung
Rings bedankte sich ausdrücklich bei der Intendantin dafür, dass sie auch die künstlerische Freiheit nutze, Vergleiche zu der dunklen Vergangenheit herzustellen. Und Kreuzhage bedankte sich für den politischen Rückhalt: „Wodurch sich meine Arbeit ein Stück weit weniger aufregend gestaltete".
Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles verzichtete weise darauf, Großartiges aus Berlin zu erzählen: „Berlin kennen Sie schon, ich möchte Ihnen was über Paderborn erzählen". Und das war amüsant. Handelte es doch von seinem ersten Theaterbesuch in den alten Kammerspielen – „ein bisschen popelig . . . , wo man an den Geldautomaten vorbei musste". Doch trotz der äußerlich bescheideneren Verhältnisse traf ihn wohl damals an genau dem Ort „die Magie des Theaters" – und das bei einer fünfeinhalbstündigen Inszenierung von „Kabale und Liebe". Er habe in Paderborn als Jugendlicher selbst bei einer Revolte gegen den damaligen Intendanten mitgewirkt, habe „Kämpfe, Feindschaft und Genie" auf engstem Raum angetroffen.
Schauspieler spielen mit Leib und Seele, aber für wenig Geld
Bei allen Anekdoten schlägt Reese immer wieder den Bogen zur aktuellen Seele des Theaters. Und die wird wesentlich bestimmt durch die Schauspieler. Und ihren Zustand beschreibt er sehr treffend: „Schauspieler sind Leibeigene, die sich für wenig Geld mit Leib und Seele dem Theater verschrieben haben". Er durchdringt so schöne Umschreibungen wie „künstlerische Entwicklungsmöglichkeiten" und legt „das System der Ausbeutung" offen. Scherzhaft. Allerdings: Das wirklich Komische daran ist, dass an dem Punkt seit Jahren immer alle mitlachen, statt aufzuspringen und – ebenso revolutionär wie damals der junge Reese – zu rufen: Dann ändert das doch! Die Leibeigenschaft, den schlechten Verdienst.
Die „Alchemie des Theaters bleibt mir ein Rätsel" gestand die aus Paderborn scheidende Museumsleiterin Andrea Wandschneider in ihrer Laudatio. Anschaulich hob sie als Kunsthistorikerin die Differenz zwischen dem statischen Bild und der aufwühlenden Dramatik eines Theaterabends hervor. Einen gesanglichstarken Ausklang lieferte Josephine Meyer in Begleitung des Orchesters mit ihren Power-Songs aus „Little voice".