Kandidatin in Lichtenau: „Ich bin parteilos, das ist mein klarer Vorteil"

Frau Dülfer, Sie können am Sonntag etwas Historisches schaffen. Sie können die erste hauptamtliche Bürgermeisterin im Kreis Paderborn werden. Belastet Sie das oder ist es eher ein Ansporn?Ute Dülfer: Das ist eher ein Ansporn. Zurzeit wollen alle Frauen nach vorne bringen und die Frauenquote erhöhen. Ich sehe mich jetzt in einer Position, wo ich sagen kann: Ja, ich versuche das. Ich fühle mich auch stark genug dazu, als erste Bürgermeisterin im Kreis Paderborn ein Amt zu führen. Die SPD lobte Ihr Ergebnis am 13. September als einzigen Lichtblick in ganz OWL. Ist das jetzt zusätzlicher Druck?Dülfer: Das sehe ich nicht so. Ich bin ja nicht in der Partei – ich bin unabhängig und parteilos. Ich fand es aber super, dass die SPD und FDP mich unterstützt haben. Sie waren bisher nicht politisch aktiv. Warum sind Sie trotzdem die richtige Person für das Bürgermeisteramt in der Stadt Lichtenau?Dülfer: Weil ich parteilos bin – das ist mein klarer Vorteil. Ein Bürgermeister soll ja sogar parteilos sein. Letztendlich geht es bei den Ratsbeschlüssen darum, Entscheidungen für Lichtenau hervorzubringen. Mir ist egal von welcher Partei der Vorschlag kommt, da bin ich komplett neutral und kann daher auch diesen Vorschlag nach vorne bringen. Dass ich kommunalpolitisch noch nicht tätig war, ist für mich kein Nachteil. Zudem kenne ich mich mit Führung und Verwaltung aus. Seit 2015 bin ich Sachgebietsleiterin bei der Stadt Paderborn. Da habe ich 28 Kollegen im Team, darunter 27 Männer. Letztendlich ist es das Hauptamt für den Bürgermeister, eine Verwaltung zu führen. Und das habe ich im kleinen Stil gemacht, nämlich den Bereich Bauunterhaltung geführt. Lesen Sie auch: Das Interview mit dem Gegenkandidaten Josef Eich. Das Bildungswesen ist eines ihrer großen Themen Welche Themen würden Sie als Bürgermeisterin in Lichtenau als Erstes angehen?Dülfer: Wir haben ganz viele Bauprojekte in Lichtenau vor der Brust. Klima-Campus läuft noch, muss aber erfolgreich im Kosten- und Zeitrahmen zu Ende gebracht werden. Da sind Fördermittel im Spiel, wir müssen im Juni 2022 fertig sein. Bei der Grundschule Lichtenau müssen wir auch vorankommen und mit der Verwaltung zusammen ein Konzept entwickeln, dass es passt. Der Kindergarten in Atteln ist auch ein großes Projekt, was ansteht. Das ist natürlich auch genau der Bereich, wo ich mich sehr wohlfühle. Da werde ich mich sehr einsetzen. Bildungswesen sowieso. Wir müssen junge Familien nach Lichtenau holen und auch Bauplätze kostengünstig anbieten. Gerade Corona hat gezeigt, wie wichtig Homeoffice ist. Eine gute Breitbandverbindung muss angeboten werden, aber da sind wir schon auf der Zielgeraden. Dadurch können wir wieder mehr Leute nach Lichtenau holen, weil sie nicht mehr so oft pendeln müssen. Dadurch wird das Leben auf dem Land wieder attraktiver. Ich möchte jeden einzelnen Ort noch einmal besuchen Der scheidende Landrat Manfred Müller plädiert für eine Deckelung der Zahl an Windkraftanlagen im Kreis. Gibt es in Lichtenau aus Ihrer Sicht noch Ausbaupotenzial?Dülfer: Wir haben als einzige Kommune einen rechtskräftigen Flächennutzungsplan und ich bin nicht dafür, dass dieser aufgemacht wird. Zwei Anlagen werden noch gebaut, ansonsten wird repowert. Es ist im Gespräch, dass einige abgeholzte Waldflächen für Windräder genutzt werden könnten – das möchte ich nicht. Was wollen Sie für die 15 Orte unternehmen, damit niemand abgehängt wird?Dülfer: Ich möchte jeden einzelnen Ort noch einmal besuchen – das habe ich vor der Wahl schon gemacht, damit mich die Bürger der kleinen Orte auch kennenlernen konnten. Wenn ich Bürgermeisterin werde, möchte ich mich in jedem Ort erkundigen was nicht so gut läuft, aber auch was gut läuft. Vielleicht kann man aus einzelnen Orten etwas mitnehmen und auf andere übertragen. "Bis zum Wahlsonntag war der Wahlkampf wirklich fair" Bei der Kommunalwahl am 13. September haben Sie 46 Prozent der Stimmen bekommen und lagen somit elf Prozentpunkte vor ihrem Mitbewerber Josef Eich. Nun kommt noch die Unterstützung der Grünen hinzu. Wie sicher fühlen Sie sich vor der Stichwahl?Dülfer: Ganz sicher kann man sich nie fühlen. Es sieht zwar ganz gut für mich aus, aber man muss immer noch etwas machen. Wir haben neue Plakate gemacht, neue Flyer verteilt und am Wochenende werde ich mich an die Lebensmittelmärkte in Atteln und Lichtenau stellen sowie in Henglarn beim Bäcker, um die Leute an die Stichwahl zu erinnern. Aufgrund von Corona war ein normaler Wahlkampf nicht möglich. War er aus Ihrer Sicht denn fair?Dülfer: Ich denke, bis zu dem Wahlsonntag war er wirklich fair. Klar kommt von jeder Seite mal was – dies und das haben wir gemacht. Letztendlich haben es alle gemeinsam im Rat entschieden. Was jetzt kurz vor der Stichwahl gelaufen ist, fand ich aber nicht mehr fair. Wo und wie werden Sie die Stichwahl verfolgen?Dülfer: In Kleinenberg haben wir das Pilgercafé für eine geschlossene Gesellschaft gebucht und werden dort ab 18 Uhr die Wahlergebnisse, die ja auf der Internetseite der Stadt Lichtenau live veröffentlicht werden, verfolgen.

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