
Delbrück-Bentfeld. Die Archäologen Philipp Robisnón und Sven Knippschild staunten nicht schlecht, als innerhalb einer Stunde auf dem geplanten Neubaugebiet bei Bentfeld gleich drei interessante Funde zutage kamen. Eigentlich wollten die Grabungsleiter über ihre Arbeit und die bisher in der Erde der Schafbreite entdeckten bis zu 1.900 Jahre alten Relikte sprechen, doch während des Ortstermins kamen noch eine römische Kupfermünze, ein mittelalterlicher Eisenschlüssel und ein Oberteil einer römischen Haarnadel hinzu. „Das ist wirklich fantastisch und sehr selten“, freute sich Robisnón vor allem über die gut vier Zentimeter lange Nadel.
„Wir wussten, dass wir hier etwas finden werden, denn es ist ein eingetragenes Bodendenkmal. Aber fast jede Stunde etwas zu finden, das ist wirklich spannend“, war auch Sven Spiong von der LWL-Archäologie in Bielefeld sichtlich überrascht, was der sandige Boden Jahrhunderte lang verbarg. Auf der 11.500 Quadratkilometer großen Fläche will die Stadt Delbrück 18 Bauplätze ausweisen. Allerdings stehen erst einmal die archäologischen Arbeiten auf der Schafbreite an. Schon seit November 2024 ist das Grabungsteam, begleitet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, hier aktiv.

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Dort, wo in den ersten zwei Jahrhunderten nach Christi Geburt schon eine germanische Siedlung mit drei Hofstellen war, gibt es viele Funde, die römischen Ursprungs sind. „Die Römer waren nur bis etwa 9 nach Christi Geburt im Lager bei Anreppen, aber die Menschen hier entlang der Lippe und des Hellwegs hatten weiter Kontakt mit den Römern - das waren wichtige Handelswege“, erklärt Spiong, warum die Siedlung relativ reich war.
Insgesamt schon über 430 Objekte wurden gefunden
Die Fachleute legen die Überreste der Siedlung nun frei. Überall auf dem Gelände stehen kleine Fähnchen - sie weisen darauf hin, dass unter der Erdoberfläche etwas Metallisches schlummert. Das wird mühsam, geduldig und Millimeter für Millimeter ausgegraben oder viel mehr geschabt. Gefunden wurden insgesamt schon über 430 Objekte. Darunter Münzen, ein besonderer Schmuckstein, eine fingernagelgroße Gemme aus Glas und eine kleine Schale aus Kupfer. Die erweckt bei Knippschild besonderes Interesse.
„Sie hat eine extrem ungewöhnliche Form fast wie eine Muschel und ist von hoher Qualität. Sie lag in einer ausgehobenen Mulde und enthält wahrscheinlich Asche von Toten - ob das jetzt Menschen- oder Tierknochen waren, müssen wir noch in Münster abklären lassen“, so der Grabungsleiter, der auch ein knapp 20 Zentimeter langes Messer präsentierte. Das eiserne Messer mit den Messingstreifen als Zierde wurde mit der Spitze nach oben vergraben. Warum, darüber rätseln die Experten noch. Sehr wahrscheinlich stamme es aber aus dem Römischen Reich.
Was im Zuge der laufenden Arbeiten ans Licht kommt, bietet für das Grabungsteam viele neue Ansätze: Münzen und Keramikscherben datieren eine Hofstelle sicher ins 2. und 3. Jahrhundert nach Christus. Auch über die Gebäude des Hofes gibt es konkrete Erkenntnisse. Im Zentrum stand das Wohnhaus, von dem noch zahlreiche ehemalige Pfostenlöcher dunkel verfärbt im Boden erkennbar sind. An den Rändern des Hofes hatten die Bewohner ein im Boden eingetieftes kleines Nebengebäude errichtet, „in dem wahrscheinlich Textilen gewebt wurden“, so Knippschild.
In der Siedlung wurde Bronze zu Schmuck verarbeitet
Auch ein knapp zwei Meter tiefer Brunnen wurde freigelegt sowie die Überreste eines Ofens. Offenbar sei dort auch Bronze zu Schmuckstücken verarbeitet worden. Das belegen Bruchstücke der gebrannten Ofenwand aus verziegeltem Lehm und Reste von Buntmetall.
Eigentlich sollten die Ausgrabungen bis Ostern abgeschlossen sein, aber laut Knippschild dürften sie noch etwas länger dauern. Um an die Erdschicht aus dem 2. und 3. Jahrhundert zu kommen, muss nämlich noch der sogenannte Eschauftrag abgetragen werden. Da der Boden für Ackerbau nicht besonders gut war, wurden im Mittelalter Grassoden drübergesetzt. „Dadurch haben wir zwar mehr Arbeit, aber nur durch den Eschauftrag sind die Funde noch erhalten - sonst wären viele vom Pflug schon zerstört worden“, erläutert Sven Spiong.
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Bezahlen muss die Stadt Delbrück die archäologischen Arbeiten. Die Kosten belaufen sich auf rund 165.000 Euro, die im Haushaltsplan 2025 eingestellt sind. Delbrücks Bürgermeister Werner Peitz möchte zwar bald die neuen Baugrundstücke anbieten können, freut sich aber über die Ausgrabungen. „Sie ermöglichen uns einen einzigartigen Blick in die Vergangenheit. Jeder Fund bewahrt ein Stück Geschichte für kommende Generationen und bringt uns die Lebenswelt unserer Vorfahren näher“, sagt Peitz. Wahrscheinlich sollen die bedeutenden Funde bei Bentfeld auf Infotafeln an der Römerroute dargestellt und erklärt werden.