Delbrück. In Bentfeld untersucht ein Grabungsteam, begleitet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), eine Siedlung der ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt. Wie sich jetzt herausstellte, bestand die Siedlung möglicherweise schon, als nur anderthalb Kilometer entfernt römische Soldaten im Lager bei Anreppen Station auf ihren Eroberungszügen machten: Eine Münze und Pfostenspuren von Wohngebäuden seien nach Auffassung der Fachleute vom LWL bis zu 2.000 Jahre alt, wie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe mitteilt.
Bereits 2017 war bei der Erschließung eines Wohngebietes am westlichen Ortsrand von Bentfeld eine erste Hofstelle der Siedlung aus dem 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr. entdeckt worden. Bruchstücke der dort gefundenen Keramik boten damals eine gute Datierungsgrundlage.
Ein archäologisches Grabungsteam unter der Leitung von Sven Knippschild begleitet nun die Erweiterung des Wohngebietes an der Schafbreite. Eine erste Voruntersuchung ergab neben der bekannten Hofstelle möglicherweise auch eine weitere Hofstelle der Zeit um Christi Geburt: Von einem großen Wohngebäude seien noch mehrere Spuren Dach tragender Pfosten im Boden zu erkennen. Auch ein eingetieftes, kleines Nebengebäude zeichne sich als dunkle Verfärbung vom umliegenden hellen Sandboden sehr gut ab, wie der LWL berichtet.

Pfostenspuren, ein Denar und ein römischer Schuhnagel
Direkt über diesem sogenannten Grubenhaus entdeckte das Grabungsteam einen Denar des Kaisers Augustus von 19 bis 18 v. Chr. Laut LWL-Münzfachmann Stefan Kötz handele es sich aber um eine antike Fälschung mit einem Bronzekern. Vergleichbare Fälschungen seien noch mindestens bis zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. im Umlauf. Ein weiterer Hinweis auf eine frühe Datierung stellt laut LWL ein Schuhnagel dar, den wahrscheinlich ein römischer Legionär dort vor 2.000 Jahren verloren hat. Die genaue Datierung dieses Nagels werde sich allerdings erst nach der Restaurierung klären.
Die Frühdatierung der neu entdeckten Hofstelle kläre sich allerdings erst, wenn die Keramik geborgen, gereinigt und ausgewertet sei. Vorläufig deuteten die bisherigen Funde aber an, dass der Platz über einen längeren Zeitraum oder mit Pausen mehrfach innerhalb der ersten Jahrhunderte n. Chr. besiedelt worden sei.
Auch sei die Lage der Siedlung gut gewählt gewesen: Das Areal liegt direkt südlich einer leichten Hangneigung zur Lippeaue und war somit vor Hochwasser geschützt. Vom Westen führte eine Römerstraße aus dem Lager südlich entlang der Lippe. Sie streifte fast die Siedlung an ihrem nördlichen Rand. Laut des Grabungsteams sei das Gelände nicht so eben gewesen wie heute. Siedler hätten zunächst eine große Sanddüne abtragen müssen.
Wie Römer und einheimische Bauern zusammenlebten
Die bereits eingemessenen Überreste der Siedlung werden nun weiter untersucht und die Funde geborgen. Hierzu zählen auch eine Münze von Kaiser Maximinian (286 bis 305 n. Chr.), eine Münze von Kaiser Hadrian (117 bis 138 n. Chr.) und eine weitere, noch nicht bestimmte römische Silbermünze. Weitere Funde, etwa ein Sattelaufsatz aus Bronze und Keramikscherben, lassen das Team auf neue Erkenntnisse hoffen.
Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen, hat noch einen anderen Blickwinkel: „Hier bietet sich die Möglichkeit, ein Teil des Siedlungsumfeldes des Römerlagers zu erforschen. Wir wollen wissen, wie sich vor 2.000 Jahren das Zusammenleben von römischen Soldaten und einheimischen Bauern verhielt.“
Als das Gelände im Mittelalter als Ackerland genutzt wurde, stachen die Bauern Stücke mit gutem Oberboden und trugen ihn auf dem kargen Sandboden auf. Diese sogenannten Eschaufträge waren 10 bis 20 Zentimeter dick und schützten das Bodendenkmal in den nachfolgenden Jahrhunderten. Eine bronzene Gewandbrosche aus dem 11. Jahrhundert gibt einen ersten Hinweis auf die mittelalterliche Nutzung.