Hexenverfolgungen im Hochstift: Als die Scheiterhaufen brannten

Kreis Paderborn/Kreis Höxter. Brutale Verhöre, Folter und Hinrichtungen: Hexenverfolgungen und -prozesse haben im 16. und 17. Jahrhundert auch in der Region Ostwestfalen-Lippe viele unschuldige Opfer gefordert. Dieser düsteren Epoche widmet sich der Autor Joachim Nierhoff in seinem aktuellen Buch &bdquo;Hexenprozesse in Ostwestfalen-Lippe“. Dessen Untertitel &bdquo;Opfer und Richter zwischen Minden und Paderborn“ lässt es schon erahnen: Auch im Fürstbistum Paderborn sowie in der Reichsabtei Corvey brannten die Scheiterhaufen. Dem Hochstift widmet der Autor nach der Reichsgrafschaft Lippe denn auch einen erheblichen Teil seiner Abhandlung über die schaurigen Ereignisse der damaligen Zeit. Bemerkenswert in OWL war dem Autoren zufolge die vielfältige Religionsausrichtung. Die größte Anzahl von Zauber- oder Hexenprozessen erlebten damals die Bewohner der reformierten Grafschaft Lippe, gefolgt von den Bistümern Minden und Paderborn, weiß Nierhoff zu berichten. Die meisten Opfer in den einwohnerschwachen Territorien waren wiederum in den kleinen Herrschaften Büren und Fürstenberg im Bistum Paderborn zu beklagen. Mehr als 200 Hinrichtungen im damaligen Bistum Paderborn Insgesamt seien Prozesse gegen 260 Angeklagte nachgewiesen. Mindestens 204 davon endeten mit einer Hinrichtung oder dem Tod während der Haft, schreibt Nierhoff. Neben den verfolgten Frauen wurden auch Männer und sogar kleine Kinder angeklagt, &bdquo;was sich in Paderborn aber im üblichen Rahmen bewegte“. Den wahrscheinlich ersten Hexenprozess im Bistum gab es vermutlich bereits 1510 in Büren, wo die Prozesse (zusammen mit Brenken und Fürstenberg) auch am längsten andauerten, nämlich bis ins frühe 18. Jahrhundert. Zwei Drittel aller Opfer im Paderborner Bistum (172) wurden allein in diesen drei Gerichtsbezirken verzeichnet. Das größte Aufsehen soll der Fall des &bdquo;Schreibers von Haaren“ erregt haben. Dem Räuberhauptmann, der mit seinen Leuten das südliche Bistum drangsalierte, wurde eine Verbindung zum Teufel nachgesagt. Einmal sollen sie drei schwangeren Frauen den Bauch aufgeschnitten haben, weil der Daumen eines ungeborenen Kindes einen Dieb angeblich vor Entdeckung schützte. Der Schreiber wurde in Dalheim durch Vierteilung hingerichtet. Wo im Bistum Paderborn die Feuer &bdquo;äußerst häufig“ loderten In der benachbarten Herrschaft Fürstenberg &bdquo;loderten die Feuer äußerst häufig“, schreibt Nierhoff und nennt über 100 Prozesse in ebenso vielen Jahren. Der Autor berichtet auch vom Phänomen der &bdquo;Teufelskinder“: Noch nach Jahrzehnten seien die Nachkommen von Verbrennungsopfern stigmatisiert worden, als ob &bdquo;Teufelsblut“ an ihnen haften würde. Im Bistum Paderborn und einigen angrenzenden Gebieten sei es zu einem letzten Höhepunkt der Hexenverfolgungen gekommen. Angeblich hatte der Teufel von vielen jungen Mädchen und Frauen Besitz ergriffen. Diese zogen angeblich &bdquo;mit absurden Gebärden, Geschrei, Gewinsel, Hunde- und Katzengeheul und mit zu Grimassen verzerrten Gesichtern durch die Straßen“. Dabei denunzierten sie scheinbar willkürlich Leute als Zauberer, die bestraft werden mussten - 200 Menschen sollen dieser letzten Hysterie zum Opfer gefallen sein, bis der Spuk beendet werden konnte. Von Teufelskindern und Folter: Hexenverfolgungen im Hochstift Zwei Verfolgungswellen in Höxter In Höxter in gab es zwei Verfolgungswellen - alleine bei der großen Hexenpanik zwischen 1654 und 1657 wurden mindestens 22 Menschen hingerichtet, vier weitere Angeklagte verstarben im Kerkern an den Folgen der Folterungen. In seinem kurzweilig, aber detailreich geschriebenen Werk schildert Autor Nierhoff nicht nur ausführlich diese und viele weiteren Episoden aus jenem besonders dunklen Kapitel des Hochstifts, sondern geht auch auf die Vorgeschichte und Hintergründe ein. Dabei geht er besonders der Frage nach, warum Politik, Justiz und Kirche sich so verhielten. Auftritte haben unter anderm Bischof Dietrich von Paderborn, (&bdquo;ein besonders fanatischer Hexenjäger“) und Friedrich Spee von Langenfeld (&bdquo;der nachhaltigste Gegner der Hexenverfolgung“). Auch interessant: Brakeler Tagelöhner wird in Paderborn für Gattenmord enthauptet Joachim Nierhoff, &bdquo;Hexenprozesse in Ostwestfalen-Lippe“ ist im Sutton Verlag erschienen und unter der ISBN: 978-3-96303-305-6 im Buchhandel erhältlich (24,99 Euro).

Meistgelesen