Asselborn warnt in Wewelsburg vor falschem Patriotismus

Büren-Wewelsburg. Am 2. April 1945 sind es noch 62 Menschen. Die Verbliebenen im Konzentrationslager Niederhagen erfahren von US-Soldaten um kurz vor 14 Uhr, dass die Schreckensherrschaft der Nazis in Wewelsburg und in der Region ein Ende hat. Zumindest sie haben ihre Freiheit zurück. Von den rund 3.900 Häftlingen, die seit 1941 im Burgdorf inhaftiert waren, starben zuvor nachweislich mindestens 1.285. Genau 80 Jahre später erleben rund 300 Gäste am Mahnmal auf dem früheren Appellplatz eine Gedenkfeier, die wachrüttelt und warnt. Zu Gast sind 27 Angehörige von einstigen Insassen. In Belgien erhielten sogar fünf Ur-Enkel des Überlebenden Otto Preuß schulfrei, um mit ihren Familien anzureisen. Weitere Gäste kommen aus den Niederlanden, Großbritannien und der Ukraine. Den Opfern eine Stimme geben Schülerinnen und Schüler des Zeitgeschichtskurses der 9. Klassen vom Bürener Mauritiusgymnasium. Sie tragen teils bedrückende Botschaften von Insassen vor. Davon beeindruckt ist auch Gastredner Jean Asselborn, der frühere Außenminister Luxemburgs. Er findet am Ort des Wewelsburger Schreckens deutliche Worte angesichts aktueller Spannungen in der Weltpolitik. Wewelsburg zeigt die Notwendigkeit des Gedenkens Asselborn dankt ausdrücklich den Ehrenamtlern des Wewelsburger Vereins &bdquo;Gedenktag 2. April“, dass sie die Erinnerungskultur geschaffen haben. Vor 25 Jahren fand die erste Gedenkfeier statt. Der Luxemburger, in seiner Amtszeit stets dem europäischen Gedanken verpflichtet, hält Gedenkarbeit für absolut notwendig: &bdquo;Etwas, das vergessen ist, warnt nicht mehr.“ Im Hitler-Deutschland sei einst ein Sog von Unmenschlichkeit, Hass, Terror und Tötungswut entstanden. &bdquo;Konzentrationslager sind keine abstrakten Begriffe. Es sind Beweise, die zeigen, wo unendliches menschliches Leid geschah. Sie fordern uns auf, alles zu tun, damit dies nicht wieder geschieht“, sagt Asselborn, der besorgt auf die Entwicklungen in der Welt schaut. Lesen Sie auch: &bdquo;Trump will Europa erniedrigen“: Luxemburgs Ex-Außenminister im Kreis Paderborn Russlands Angriff auf die Ukraine zeige, dass Präsident Wladimir Putin keinen Respekt habe vor den elementaren Grundlagen internationalen Rechts. Russland sei längst zu einer Autokratie geworden. Zudem habe das Amerika Donald Trumps &bdquo;die Seiten gewechselt“. Es sei ein Land, das Vandalen, die das Kapitol in Washington attackiert haben, als Helden feiere. Die Übergriffigkeit Trumps auf Grönland und Kanada habe &bdquo;imperialistische Züge“. Aufgabe der Menschen in Europa sei es, zu zeigen, &bdquo;was Europa aus seiner Geschichte gelernt hat“. Die Werte des Rechtsstaats und der Demokratie müssten im Alltag gelebt werden. Dazu gehörten die Unabhängigkeit der Justiz, die Freiheit der Medien und die Trennung der Gewalten im Staat. Asselborns Appell in Wewelsburg Asselborn wendet sich direkt an alle Wählerinnen und Wähler: &bdquo;Geben sie jenen keine Stimme, die die Demokratie zerstören und die EU abwickeln wollen und von falschem Patriotismus und Egoismus schwärmen. Sie predigen falsche Alternativen für Deutschland.“ Sein Wewelsburger Appell findet großen Beifall: &bdquo;Konzentrationslager sind immer graue Orte der Unterdrückung. Die Menschheit braucht die farbige Zukunft, von der die 3.900 Häftlinge hier einst träumten. Wir müssen ihr Leid verstehen und alles dafür tun, damit niemals wieder andere solches Leid ertragen müssen.“ Zum Thema: Die Wewelsburg im Kreis Paderborn feiert 100 Museumsjahre Robert Gündchen, Vorsitzender des Niederhagen-Gedenkvereins, ist ebenfalls dieser Überzeugung: &bdquo;Was einst zum Schrecken des Naziregimes führte, ist noch in der Welt.“ Für eine lebendige Erinnerungs- und Mahnkultur setzt sich auch Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow ein. Dem Verein dankt er für dessen stetigen Einsatz: &bdquo;Diese Einstellung, diese Haltung und dieser Mut fördern Demokratie und Vielfalt.“ Auch in sorgenvollen Zeiten, so Schwuchow, sei es die Pflicht aller, &bdquo;die Zuversicht nicht zu verlieren“. Die Gedenkfeier klang im Burgsaal der Wewelsburg mit rund 150 geladenen Gästen aus. Asselborn trug sich ins Goldene Buch der Stadt Büren ein, die Schülerinnen und Schüler wurden als Botschafter des Gedenkens ausgezeichnet.

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